Es ist nur ein Detail in der Reform der Altersvorsorge, über die das Parlament seit Monaten streitet. Aber ein ziemlich wichtiges: Sollen den Lebensversicherungen in der 2. Säule strengere Regeln für die Festsetzung der Risikoprämien verordnet werden? Diese Prämien sind in den Pensionskassenabzügen der Angestellten enthalten, Arbeitgeber zahlen die Hälfte. Die Prämie soll Leistungen der Pensionskasse bei Invalidität oder Todesfall vor Erreichen des Pensionsalters decken.
Bruttogewinn von fast 15 Milliarden
Diverse Versicherungen verlangen in der 2. Säule deutlich überhöhte Risikoprämien. Das geht aus den Zahlen der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma hervor: Von 2005 bis 2015 nahmen die neun Konzerne Allianz Suisse, Axa, Basler, Generali, Helvetia, Mobiliar, Pax, Swiss Life und Zurich zusammen (inklusive ihre Vorgänger- und die von ihnen übernommenen Gesellschaften) rund 31 Milliarden Franken an Risikoprämien ein. Ihr Aufwand für Todesfall- und Invaliditätsleistungen betrug rund 16,2 Milliarden Franken (siehe Grafik). Resultat: 14,8 Milliarden Franken Bruttogewinn.
Die Lebensversicherungen kassierten unter dem Strich also fast doppelt so viel ein, wie sie ausgaben. Für die Gewerkschaft Travailsuisse ist das «skandalös». Ihr Leiter Sozialpolitik, Matthias Kuert, kritisiert in einer Analyse: «Die jährlich rund 600 bis 700 Millionen Franken Gewinnentnahmen der Lebensversicherer aus der 2. Säule werden auch aus massiv überhöhten Risikoprämien gespiesen.» Travailsuisse fordert deshalb eine Regelung, welche die Risikoprämien über einen Mehrjahresdurchschnitt bei 120 Prozent des Risikoaufwands beschränkt.
Von diesem Wert sind die Versicherungen weit entfernt: 2015 erreichte die Axa fast 224 und die Allianz Suisse gar 281 Prozent. In der Summe aller neun Konzerne betrugen die eingenommenen Risikoprämien 2015 rund 183 Prozent des Aufwands.
Viele Pensionskassen geben keine Auskunft
Wie sieht das Verhältnis von Prämienertrag und Risikoaufwand bei «gewöhnlichen» Pensionskassen aus? Der K-Tipp fragte bei 25 Pensionskassen und Sammelstiftungen nach – gerade einmal 11 machten Angaben. Demnach flossen diesen 11 Kassen im Jahr 2015 Risikoprämien im Umfang von 758 Millionen Franken zu. Für Todesfall- und Invaliditätsleistungen gaben sie gut 579 Millionen Franken aus. Die Prämieneinnahmen betrugen also rund 131 Prozent des Aufwands. Das ist ein deutlich besseres Verhältnis als bei den Lebensversicherern, aber noch immer ein stattlicher Preis. Denn Pensionskassen müssten keine Gewinne erwirtschaften.
Auch ist zu vermuten, dass vor allem jene Pensionskassen dem K-Tipp Zahlen lieferten, die kaum Kritik wegen massiv überhöhter Risikoprämien fürchten müssen. Die andern Kassen zogen es vor, zu schweigen. Branchenfachleute gehen jedenfalls davon aus, dass auch autonome Pensionskassen und Sammelstiftungen die Risikoprämien oft sehr hoch ansetzen.
Die Abkassierermentalität von Pensionskassen und Versicherungen bei den Risikoprämien bekommen Angestellte und Arbeitgeber sehr direkt zu spüren – in Form von tieferen Nettolöhnen und höheren Lohnkosten. Fielen die überhöhten Abzüge weg, käme das der Wirtschaft zugute. Würde das Geld zum Altersguthaben der Prämienzahler statt in die Risikoprämien fliessen, resultierten höhere Renten.