Die 2. Säule ist für alle Angestellten mit einem Lohn über 22'050 Franken pro Jahr obligatorisch. Die Betriebe können wählen, ob sie für die berufliche Altersvorsorge einen Vertrag mit einer Pensionskasse oder mit einer Versicherungsgesellschaft abschliessen. Im Jahr 2022 hatten knapp 2 Millionen von 4,6 Millionen Erwerbstätigen ihre 2. Säule bei einer Versicherung.
Für die Lebensversicherer ist die obligatorische 2. Säule das Hauptgeschäft. Von den 9,9 Milliarden Franken an Prämienvolumen im Lebensversicherungsgeschäft entfielen zum Beispiel bei der Swiss Life im vergangenen Jahr 82 Prozent auf die berufliche Vorsorge.
5,7 Milliarden Franken als Gewinn abgeschöpft
Die obligatorische Altersvorsorge wirft viel Geld ab. Das zeigt ein Blick in die Geschäftszahlen der Versicherer in den letzten elf Jahren. Die sieben grössten Versicherungen Swiss Life, Axa Leben, Basler, Helvetia, Allianz Suisse, Pax und Zürich machten mit der Altersvorsorge Gewinne von 5,7 Milliarden Franken. Das geht aus Zahlen der Finanzmarktaufsicht (Finma) hervor.
Dieses Geld stammt aus den Lohnabzügen der Versicherten und Beiträgen der Arbeitgeber, fliesst aber nicht in Renten oder das Alterskapital der Versicherten.
Garantierter Gewinn – ohne Geschäftsrisiko
Konkret: Die bundesrätliche Verordnung erlaubt den Versicherungsgesellschaften, 10 Prozent der Prämien für das Risiko Invalidität und Tod, 10 Prozent der Prämien für die Verwaltungskosten und 10 Prozent der Kapitalerträge für sich abzuzweigen. Das ist ein garantierter Gewinn – ohne jedes Unternehmerrisiko.
Mit den verbleibenden 90 Prozent der Erträge werden das Todesfall- und das Invaliditätsrisiko abgedeckt, die Kosten der Administration inklusive Maklerprovisionen und Werbung bezahlt sowie das Alterskapital der Versicherten verzinst.
Diese Kosten machen aber noch nicht 90 Prozent der Erträge aus. Die Differenz geht in die Rückstellungen der Versicherungsunternehmen, und ein beträchtlicher Rest wandert in einen Überschussfonds.
Das ist nicht wenig: In den letzten elf Jahren kamen Überschüsse von rund 7,6 Milliarden Franken zusammen. Vom Überschussfonds müssen jährlich nur mindestens 20 Prozent an die Versicherten fliessen.
Der K-Tipp hat ein Dossier zur Pensionskassen-Abstimmung vom 22. September zusammengestellt.
Pensionskassen-Abstimmung: Arbeitgeberverband gegen Gewerkschaften
Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften müssten sich bei der Revision des Pensionskassengesetzes eigentlich einig sein – denn Arbeitgeber und Angestellte zahlen die Prämien gemeinsam. Beide müssten gleichermassen an einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis der 2. Säule interessiert sein. Doch bei der Abstimmung vom 22. September gehen die Parolen diametral auseinander: Der Arbeitgeberverband hat die Ja-Parole beschlossen. Die Reform sei wegen der steigenden Lebenserwartung und der schwierigen Situation auf den Kapitalmärkten dringend.
Die Gewerkschaften dagegen treten für eine Ablehnung der Vorlage ein. Begründung: Die Neuerung bringe höhere Lohnabzüge und tiefere Renten.
Der Versicherungsmanager Severin Moser ist Präsident des Arbeitgeberverbands. Er arbeitete bei der Axa und der Allianz-Versicherung und ist heute Verwaltungsrat der Swiss Life. Er wirbt für ein Ja zur Revision.
Einige Branchenverbände scheren aus: So gaben zum Beispiel die Verbände der Bäcker, Metzger, Coiffeure und der Gastronomen die Nein-Parole aus.
Altersrente wird lebenslänglich bezahlt
Der K-Tipp informierte in der letzten Ausgabe über die geplanten Änderungen des Pensionskassengesetzes (K-Tipp 13/2024). Das führte zu weiteren Fragen aus der Leserschaft. Hier die Antworten zu den wichtigsten Punkten.
«Bedeutet ein tieferer Umwandlungssatz auch längere Rentenzahlungen?»
Nein. Die Renten werden immer bis zum Tod bezahlt. Der Umwandlungssatz bestimmt die Höhe der Renten. Je höher der Umwandlungssatz, desto höher die Rente.
«Es wird überall von einem gesetzlichen Umwandlungssatz von 6,8 Prozent geschrieben. Das Lokpersonal der SBB erhält heute im Alter 65 Jahre einen Umwandlungssatz von 4,4 Prozent. Warum ist das zulässig?»
Das ist nur für Versicherte zulässig, die sehr viel überobligatorisches Alterskapital gespart haben. Für das auf den Lohnanteilen zwischen 25'725 und 88'200 Franken gesparte Alterskapital muss die Pensionskasse den gesetzlichen Umwandlungssatz von 6,8 Prozent auszahlen. Im Überbligatorium kann die Kasse frei entscheiden, wie viel sie zahlt. Sie darf auch nichts bezahlen – sodass das Alterskapital insgesamt nur zu einem Umwandlungssatz von 4,4 Prozent verzinst wird.
«Ist die Vorlage ein Gewinn für Leute, die zwei oder noch mehr Arbeitgeber haben und jeweils zu wenig verdienen, um sich in der Pensionskasse versichern zu können?»
Nein. Heute sind Angestellte mit einem Lohn von mindestens 22'050 Franken pro Jahr und Arbeitgeber in der
2. Säule obligatorisch versichert. Die Eintrittsschwelle würde neu auf 19'845 Franken sinken. Wer mehr verdient, muss neu Lohnabzüge zahlen und spart fürs Alter. Die daraus resultierende Rente würde aber gegenüber heute um knapp 12 Prozent sinken. Das Preis-Leistungs-Verhältnis wäre deshalb für die Neuversicherten schlecht. Zudem haben Leute mit wenig Einkommen im Alter in der Regel Anspruch auf Ergänzungsleistungen. Diese wären um die Höhe der Rente geringer.
«Betrifft die geplante Gesetzesänderung auch Leute, die bereits eine Rente beziehen?»
Nicht direkt, denn ihr Alterskapital wurde bereits in eine Rente umgerechnet. Aber die Kassen hätten bei einem Ja zur Gesetzesänderung zusätzliche Kosten, weil 15 Jahrgänge der Übergangsgeneration wegen tieferer Renten einen Zuschuss bis 200 Franken pro Monat erhielten. Das würde die Chancen für heutige Rentner, einen Teuerungsausgleich zu erhalten, reduzieren.