Josef Bachmann war bis Mai 2017 Geschäftsführer der Pensionskasse von Pricewaterhouse-Coopers (PwC). Diese Kasse beschloss 2014, ihr Modell der sogenannten flexiblen Altersrenten auch auf laufende Renten anzuwenden. Damit sollten die garantierten Renten der bereits Pensionierten je nach Kapitalrendite erhöht oder gesenkt werden können. Der Plan ging nicht auf. Das Bundesgericht hielt im November 2017 höchstinstanzlich fest: Die Anfangsrente aus Obligatorium und Überobligatorium geniesst «betragsmässig absoluten Schutz». Pensionskassen fehlt nach geltendem Recht die Kompetenz, laufende Altersrenten zu kürzen.
«Kapitalrenditen nicht planbar»
Für Josef Bachmann, inzwischen pensioniert, war das kein Grund, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Seit dem Entscheid des Bundesgerichts wirbt er mit Vorträgen und Publikationen sowie als Betreiber der Internetplattform «Vorsorge – aber fair» intensiv für die Idee der variablen Altersrenten. Zentrales Argument: Für die Pensionskassen seien weder die Kapitalrenditen noch die Lebenserwartung der Rentenbezüger planbar. Deshalb müssten die Renten auch gekürzt werden können.
Experte: Vorschlag finanziell unbegründet
Jürg Jost, unabhängiger Pensionsversicherungs-Experte, hat kein Verständnis für die Forderung, den Schutz der laufenden Pensionskassenrenten aufzuweichen. Würden Kürzungen künftig erlaubt, verstiesse dies «klar gegen Treu und Glauben», kritisiert er. Die Rentnerinnen und Rentner würden darauf vertrauen, dass die Renten, die sie bei der Pensionierung erhalten, nicht gekürzt würden. Alles andere sei «eine krasse Verletzung der Vertrauensbasis».
Eine Gesetzesänderung auf dem Buckel der Rentner ist laut Jost auch finanziell unbegründet: «Die laufenden Renten sowie die Vorsorgekapitalien der Aktiven sind bei allen Pensionskassen mit Deckungsgrad von mehr als 100 Prozent ausreichend gesichert.» Und die Reserven der 2. Säule steigen jedes Jahr. Ende 2017 betrugen sie rund 134 Milliarden Franken («Saldo» 9/2018).
Trotzdem ist das Modell der kürzbaren Renten bereits im Parlament ein Thema. Der grünliberale Zürcher Nationalrat Thomas Weibel verlangt in einem Vorstoss: «Die gesetzlichen Grundlagen sind so auszugestalten, dass im überobligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge die laufenden Renten je nach Finanzlage der Kasse in angemessenem Umfang erhöht und gesenkt werden können.»
Intensives Lobbying im Nationalrat
Weibel reichte seinen Vorstoss nach dem besagten Urteil des Bundesgerichts ein. Er gibt an, damals keinen Kontakt zur PwC-Pensionskasse gehabt zu haben. Das Modell der flexiblen Renten unterstütze er, «weil es auch im Interesse der Rentner wäre, die jetzt mit sehr tiefen Umwandlungssätzen in Rente gehen. Sie könnten von einem Wirtschaftsaufschwung mit höheren Renten profitieren.» Zu ergänzen wäre: Schon nach heutigem Recht können die Pensionskassen die Renten jederzeit erhöhen. Aber neu müssten die Rentner auch mit Kürzungen rechnen.
Ende November kommt Weibels Vorstoss in die vorberatende Kommission des Nationalrats. Josef Bachmann warb bereits bei sämtlichen Parlamentsmitgliedern für eine Gesetzesänderung. Reagiert hätten fast nur Parlamentarier von Mitte-rechts – und dies eher zurückhaltend.
In der Pensionskassenbranche ist die Zustimmung deutlicher. Das zeigt die repräsentative Umfrage 2018 des Herausgebers der Zeitschrift «Schweizer Personalvorsorge» unter Stiftungsräten von Pensionskassen. Demnach vertraten fast zwei Drittel der Befragten die Meinung, das Gesetz sollte so geändert werden, dass auch laufende Renten gekürzt werden können.
«Rentner wollen Gewissheit»
Sollen laufende Altersrenten künftig je nach Finanzlage der Pensionskasse gekürzt werden können?
Der K-Tipp fragte bei Verbänden nach.
Der Dachverband der Angestellten Travailsuisse ist skeptisch. Für Matthias Kuert, Leiter Sozialpolitik, ist klar: Rentner wollten bei der Pensionierung verlässlich wissen, mit welchen Mitteln sie rechnen können.
Der Schweizerische Versicherungsverband ist dagegen, das Modell auf bereits laufende Renten anzuwenden. Im Hinblick auf künftig beginnende Renten sei eine Flexibilisierung aber «offen zu diskutieren». Gewerbeverbandsdirektor und FDP-Nationalrat Hans-Ulrich Bigler erachtet das Modell «grundsätzlich als interessant». Es müsste jedoch auf Versicherte mit höheren Einkommen und dritter Säule begrenzt werden, «die in der Lage sein sollten, Rentenschwankungen aufzufangen». Er äussere sich da persönlich, sagt Bigler, der Verband habe die Sache intern noch nie diskutiert.
Auch der Arbeitgeberverband hat noch keine Position bezogen. Der Gewerkschaftsbund und der Pensionskassenverband Asip reagierten auf die Anfrage des K-Tipp nicht.
Hier gibts das Pensionierungspaket
Das Pensionierungspaket des K-Tipp enthält eine 10-seitige Anleitung zum Bezug von AHV-Renten, Pensionskasse, Freizügigkeitsgeld und Guthaben der 3. Säule sowie von Ergänzungsleistungen. Der Anhang enthält Formulare zum Ausfüllen. Damit können die Leistungen beantragt werden. Preis des Pakets: 15 Franken, inklusive Mehrwertsteuer und Versandkosten.
So bestellen Sie das Paket: mit dem Talon auf Seite 26, per Telefon 044 253 90 70, per Fax 044 253 90 71 oder per Mail: ratgeber@ktipp.ch.