Die Stiftungsräte einer Pensionskasse haben mit Verwaltungsräten von Aktiengesellschaften vergleichbare Aufgaben. Sie tragen die Verantwortung für das ganze Unternehmen, müssen die Strategie festlegen und die Geschäftsführung kontrollieren.
Im Unterschied zu Verwaltungsräten sind Stiftungsräte von Pensionskassen aber aus gleich vielen Vertretern von Arbeitgebern und Angestellten zusammengesetzt.
Die Arbeitnehmervertreter werden von den Angestellten gewählt. Jeder Mitarbeiter kann sich auf die Wahlliste setzen lassen – das Amt setzt keinerlei Fachkenntnisse voraus.
Doch Unwissenheit und in der Regel null Entschädigung schützen nicht vor Verantwortung. Das zeigen mehrere kürzlich ergangene Bundesgerichtsurteile.
Arbeitnehmervertreter zur Kasse gebeten
Das oberste Gericht hatte zu entscheiden, ob die Stiftungsräte der 2003 gegründeten Sammelstiftung First Swiss Pension Fund mit Sitz in Hünenberg ZG trotz Unkenntnis für Gelder haften müssen, welche von Geschäftsführern veruntreut wurden. Die Stiftung wurde Ende 2006 vom Bundesamt für Sozialversicherungen aufgehoben, weil vom Vermögen von rund 38 Millionen Franken über 30 Millionen verschwunden waren. Für die Versicherten sprang der nationale BVG-Sicherheitsfonds ein und forderte die 30 Millionen von den Verantwortlichen der Pensionskasse zurück – auch von den Arbeitnehmervertretern im Stiftungsrat, die das Amt erst rund zehn Monate vor dem Aus ehrenamtlich übernommen hatten.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zug hiess die Klagen des Sicherheitsfonds gut. Die Beschwerden dagegen waren erfolglos. Die Bundesrichter warfen den Stiftungsräten vor, sich bei Amtsantritt zu passiv verhalten und so «eine Vergrösserung des Schadens billigend in Kauf genommen» zu haben. Pikant: Weder Revisionsstelle noch Stiftungsaufsicht hatten bis zu diesem Zeitpunkt die kriminellen Machenschaften entdeckt.
Die Bundesrichter machen in der Begründung ihres Urteils klar: Für die Haftung eines Stiftungsrates gibt es keine Karenzfrist. Sprich: Ein Stiftungsrat steht ab dem ersten Tag seines Mandats «in der vollen Pflicht».
Umfassendes Bild vor Mandatsantritt
Deshalb müsse sich ein Stiftungsrat schon ein genügend umfassendes Bild der Vorsorgeeinrichtung verschaffen, bevor er das Mandat übernehme. Auf die persönlichen Kenntnisse des Stiftungsrats kommt es nicht an.
Den Geschäftsbericht zu lesen, genügt gemäss Bundesgericht nicht. Auch auf den Deckungsgrad darf sich ein Stiftungsrat nicht verlassen. Er muss «sich auch um die Gegebenheiten hinter den Zahlen kümmern». Zudem darf er sich nicht auf Auskünfte der anderen Stiftungsräte verlassen, auch wenn diese ausgewiesene Fachexperten sind. So liessen die Bundesrichter selbst den Einwand eines Stiftungsrats nicht gelten, er sei systematisch getäuscht und mit Fehlinformationen beliefert worden.
Verschiedene Arbeitnehmervertreter im Stiftungsrat müssen nun persönlich für 3,6 bis 4,6 Millionen Franken plus Zinsen geradestehen. Die übrigen Verantwortlichen haften für noch höhere Beträge.
Tipps für Stiftungsräte
Stiftungsräte in Pensionskassen sollten Folgendes beachten:
- Haftpflichtversicherung: Die Stiftung sollte für ihre Stiftungsräte unbedingt eine Haftpflichtversicherung abschliessen. Die Deckungssumme muss im Hinblick auf das von der Pensionskasse verwaltete Vermögen festgelegt werden. Falls keine solche Absicherung besteht, sollte man zurücktreten.
- Belege verlangen: Stiftungsräte dürfen sich nicht auf mündliche Auskünfte verlassen. Schriftliche Dokumente müssen stichprobenweise kontrolliert werden (zum Beispiel Bankbelege von Guthaben).
- Dokumentieren: Kommt es an Stiftungsratssitzungen zu Meinungsdifferenzen, sollten diese genau protokolliert werden.
- Hilfe suchen: Wer in seinem Amt überfordert ist, kann sich an den Pensionskassenexperten der Stiftung oder an die kantonale Aufsichtsbehörde wenden.