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Sie sind zu einer wahren Landplage geworden: Jeden Tag nerven ausländische Callcenter mit unerwünschten Anrufen zum Thema Krankenkasse. Ich nenne sie Terminbettler: Sie wollen einen Termin abmachen, um einen «Berater» vorbeizuschicken. Dieser helfe dann beim Sparen von Prämien.
Es gibt in der Schweiz unzählige freie Krankenkassen-Vermittler. Viele von ihnen kaufen Termine bei diesen Callcentern ein und zahlen dafür 80 bis 100 Franken pro Termin. So kommen die Vermittler zu neuen Kunden, die sie zu einem Wechsel der Krankenkasse bewegen können. Und für diese Versicherungsanträge werden die Vermittler von vielen Krankenkassen provisioniert – zum Teil sehr grosszügig. Wer zum Beispiel bei der Groupe Mutuel in einem Jahr am meisten Anträge einreicht, erhält am Schluss noch ein Auto im Wert von rund 45 000 Franken.
Damit ist klar: Würden die Krankenkassen keine Anträge von Vermittlern mit Geld und Sachpreisen belohnen, würden diese Agenten keine Termine mehr kaufen – und der lästige Telefonterror wäre von einem Tag auf den andern vorbei. Anders ausgedrückt: Solange sie dies tun, sind die Versicherer ganz allein schuld an diesem hässlichen Phänomen.
Zwar distanzieren sich die Krankenkassen regelmässig von den aufsässigen ausländischen Callcentern und betonen, da gebe es keine Zusammenarbeit. Doch das ist pure Heuchelei. Denn die Krankenkassen wissen genau, wie viele Vermittler zu neuen Kundenkontakten kommen. Aber es kümmert sie nur wenig.
Immerhin: Es gibt grosse Kassen, die gar nicht mit Vermittlern zusammenarbeiten bzw. keine Vermittlungsprovisionen zahlen. Zum Beispiel KPT und EGK. Das sollte Schule machen, finde ich. Dann könnten wir künftig zu Hause wieder unbeschwert jeden Telefonanruf entgegennehmen.
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Mir zu lieb und zu nett
Sehr geehrter Herr Meierhofer, Sie wenden sich gegen ungefragte Werbeanrufe, die indirekt von Krankenkassen in Form von Abschlussprämien an Versicherungsagenten finanziert werden, die Kundentermine von Call Centern kaufen. Den Kassen geben Sie die eigentliche Schuld und Sie versuchen, das Problem des Telefonterrors in privaten Haushalten einzudämmen, indem sie diese Kassen moralisch ins Offsite stellen, ihr Image bedrohen. Ich denke, Ihre Strategie ist so gut wie aussichtslos. Wärend vor 10 oder 15 Jahren das Sternchen im Telefonbuch zwar nicht garantierte, dass man keine Werbeanrufe erhielt, schien es aber doch zu einem gewissen Grad geächtet, sich über das Sternchen hinwegzusetzen. Heute bedeutet das Sternchen gar nichts mehr. Selbst für die seriösesten Marken ist es hoffähig geworden, Privatleuten zuhause Call Center auf den Hals zu schicken. Für den K-Tipp ist mir diese freundliche, appellative Haltung angesichts der massiven Entwicklung zu lieb und zu nett. Ich wünsche mir stattdessen eine effektive Möglichkeit Telefonterror strafrechtlich und/oder zivilrechtlich zu verfolgen und ich fände es richtig, wenn der K-Tipp in dieser Sache eine ähnliche Haltung einnehmen würde. Das stelle ich mir so vor: Es muss klar verboten sein, den ausdrücklichen Kundenwunsch, keine telefonische Werbung zu erhalten, zu ignorieren – ist es heute verboten? Das Verbot muss bei allen Telefonanschlüssen in der Schweiz gelten unabhängig davon, ob der Anrufer aus dem Inland oder Ausland anruft. Angerufene müssen die Möglichkeit haben, Telefonanrufe unangekündigt aufzunehmen und das Aufnahmematerial muss rechtlcih verwertbar sein. Immer wenn ich einen Werbeanruf erhalte, nehme ich über zwei, drei Knopfdrücke am Hörer das Gespräch auf. Vom Computer aus sende ich mit wenigen Handgriffen die Aufzeichnung, die Verbindungsdaten, Datum und Uhrzeit an eine Agentur, die auf Abmahnungen und ähnliches spezialisiert ist und eine angemessene Summe Geld eintreibt. Von dem Geld muss ich nichts sehen, wichtig ist nur dass es dem Anrufer finanziell weh tut. Bliebe noch das Problem der ausländischen Call Center. Am besten wäre, es gäbe zwischenstaatliche Abkommen, die die rechtsverbindliche Gültigkeit und die effektive Durchsetzung über Landesgrenzen hinweg ermöglicht, so wie Verkehrsbussen aus vielen Ländern in der Schweiz durchgesetzt werden. Offenbar sind wir davon sehr weit weg. Es braucht also eine effektive Möglichkeit die Bussen in der Schweiz durchzusetzen. Rechtlich sollten alle juristischen oder privaten Personen in der Schweiz haftbar gemacht werden können, die mit dem ausländischen Call Center direkt oder indirekt in Geschäftsbeziehung stehen oder standen und in deren Interesse der Anruf war. Mir ist bewusst, dass für eine juristisch einwandfreie und effektive Regelung noch einige Probleme gelöst werden müssten, die Abgrenzung von spontaner, kommerzieller Werbung gegenüber anderen telefonisch vorgetragenen Anliegen wie etwa Wahlkampf-Anrufen, Spenden-Aufrufen oder Anrufen im Rahmen einer bestehenden Geschäftsbeziehung, z.B. vom Bankkundenberater. Auch mag man die telefonische Kaltaquise von Unternehmen zu Unternehmen anders bewerten. Mir geht um den Schutz am privaten Telefon.