Ich gebe gern und oft Trinkgeld – meinem Coiffeur, der Kellnerin in meiner Lieblings­pizzeria oder dem Taxifahrer, der mich bei ­Regen nachts heimkutschiert. Langweilig ist es nie, meist führen wir anregende Gespräche. Doch seit einiger Zeit ist es mit dem Trinkgeld komplizierter. Denn wenn ich meine Bank­karte im Restaurant zücke, erscheint auf dem Display des Kartengeräts oft eine Aufforderung, Trinkgeld zu geben: 5, 10 oder 15 Prozent.

Die Aufforderung erscheint sogar im Selbstbedienungsrestaurant – zum Beispiel bei der Vegi-Restaurant-Kette Tibits. Dort fülle ich ­meinen Teller mit veganem Eiersalat oder mit Sojawurst und stehe in der Schlange zum ­Bezahlen an. Wofür um alles in der Welt soll ich Trinkgeld geben? Dafür, dass die fröhliche Kassierin auf zwei Tasten drückt und mir sagt, dass mein zurückhaltend beladener Teller Fr. 23.90 kostet?

Ich könnte zwar auch nichts geben. Auch diese Option ist auf dem Display verfügbar. Aber das Servicepersonal des Tibits schaut mich jeweils erwartungsvoll an. Zumindest bilde ich mir das ein. Wer drückt da schon gern auf die Taste «Kein Trinkgeld»?

Um es klar zu sagen: Ich fühle mich zur Trinkgeldzahlung gedrängt. Ich gebe den Zuschlag, doch der kommt nicht von Herzen. Denn wozu zahle ich Trinkgeld, wenn ich mir den Teller selber fülle und damit zur Kasse gehe? Wenn ich alle Kassierinnen gleich behandeln wollte, müsste ich im H & M oder in der Migros ebenfalls aufrunden.