Fürs Auge glänzen sie. Doch wer genauer hinschaut, muss feststellen, dass an Pfannen aus China viel Dreck klebt. Die Organisationen China-Labor-Watch und Solidar Suisse haben letztes Jahr während zweier Monate in chinesischen Fabriken die Arbeitsbedingungen recherchiert. Darunter in fünf Fabriken in der Provinz Guangdong, die auch Pfannen für den Schweizer Markt herstellen. China-Labor-Watch ist eine US-Organisation, die sich mit Arbeitsbedingungen in China befasst. Solidar Suisse ist der neue Name des Schweizerischen Arbeiterhilfswerks.
Die wichtigsten Kritikpunkte der beiden Organisationen:
- Arbeitsverträge: Die Beschäftigten müssen in drei Fabriken Blanko-Arbeitsverträge unterschreiben. Das heisst: Sie wissen nicht, was die Arbeitgeber dann in die Verträge schreiben.
- Überstunden: In allen Fabriken müssen die Arbeiter und Arbeiterinnen wesentlich länger arbeiten als die vereinbarten acht Stunden pro Tag. So kommen monatlich pro Person bis zu 154 Überstunden zusammen. Laut Gesetz sind 36 Stunden erlaubt.
- Obligatorium: In einer Fabrik sind die Überstunden obligatorisch. Wer sie nicht leisten kann, zahlt eine Busse von umgerechnet fast 5 Franken pro «Vergehen».
- Zuschläge: In keiner Fabrik erhalten die Arbeiter die gesetzlich vorgeschriebenen Zuschläge. Diese betragen eigentlich 50 Prozent für Überstunden und 100 Prozent für Wochenendarbeit.
- Akkordlohn: Der Lohn richtet sich in vier Fabriken nach der produzierten Stückzahl. Der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn ist nicht garantiert.
- Sozialleistungen: Sozialleistungen zahlt keine der Fabriken anstandslos. Es bedurfte des Drucks der Regierung, damit die Fabriken schliesslich zahlten – oft erst Monate nach Stellenantritt.
- Arbeitsschutz: Obwohl bei der Pfannen-Produktion giftige Chemikalien zum Einsatz kommen, ist die Schutzausrüstung dürftig. «Oft fehlen Helme und Handschuhe», sagt Solidar-Sprecherin Simone Wasmann. «Wenn Masken überhaupt vorhanden sind, dann häufig nur Baumwollmasken, obwohl es Kunstfasermasken bräuchte.»
Die Pfannen aus den kritisierten Fabriken stehen auch in Schweizer Regalen. Es sind Produkte von Ikea, WMF und von Greenpan. Greenpan-Pfannen sind in der Schweiz bei Migros und Globus erhältlich, WMF-Pfannen etwa bei Coop.
Schweizer Händler: «Kritik ernst nehmen»
Kuhn Rikon lässt in einer der kritisierten Fabriken produzieren – verkauft aber nach eigenen Angaben solche Pfannen nicht in der Schweiz. Insgesamt stammt mehr als ein Drittel der Kuhn-Rikon-Pfannen aus China. Auch Pfannen der Coop-Eigenmarke Qualité & Prix kommen aus China – allerdings aus anderen Fabriken. Ob die Zustände dort besser sind, ist nicht bekannt.
Alle Schweizer Händler versichern, die Kritik ernst zu nehmen. Coop sagt, dass nur drei Pfannen-modelle aus diesen Fabriken stammten. Der Detailhändler will von Solidar Suisse trotzdem «detailliertere Informationen, um Verbesserungsmassnahmen ergreifen zu können». Coop lässt die Fabriken weiterhin von externen Inspektoren nach den BSCI-Standards (siehe Kasten) überprüfen, will aber die eigenen Kontrollen verstärken. Die Migros, die rund 40 Prozent ihrer Pfannen aus China bezieht, erklärt, dass sie ihrer «Sorgfaltspflicht bei der Beschaffung» bereits heute nachkomme. Gleichzeitig werde sie «passende Massnahmen definieren».
Kuhn Rikon hält sich bei der Auftragsvergabe an Fabriken, «die auch noch mindestens einen Konzern beliefern». Denn ein grosser Konzern könne die Verhältnisse in einer chinesischen Fabrik besser kontrollieren als eine relativ kleine Firma wie Kuhn Rikon.
WMF schreibt, der Bericht enthalte «zu weiten Teilen nachweislich falsche Tatsachenbehauptungen». Diesen Vorwurf präzisiert WMF allerdings nicht. Dennoch sagt der deutsche Hersteller, dass er «die Angelegenheit genau prüfen» werde.
Ikea hat unter dem Namen Iway eigene Richtlinien für Lieferanten entwickelt. Darin geht es vor allem um Arbeitsbedingungen und Umweltschutz. Sollten diese Richtlinien verletzt worden sein, werde Ikea «sofort handeln». Das könne so weit gehen, dass Ikea die Zusammenarbeit mit einer Fabrik aufkündige. Marco Diener
Arbeitsbedingungen: Richtlinien werden kaum eingehalten
Coop und die Migros gehören der Business-Social-Compliance-Initiative (BSCI) an. BSCI-Mitglieder verpflichten ihre Lieferanten dazu, angemessene Löhne zu zahlen, zumutbare Arbeitszeiten zu bieten, keine Kinder oder Zwangsarbeiter zu beschäftigen.
Doch mit der Einhaltung haperts: So wurden 2014 insgesamt 294 Betriebe, die die Migros beliefern, überprüft. Resultat: Nur gerade 15 Prozent erzielten ein gutes Resultat. 51 Prozent wiesen kleinere Mängel auf, 34 Prozent grössere. Fehlende Schutzmasken oder Handschuhe gehen als kleinere Mängel durch. Häufig bemängelt wurden zu niedrige Löhne und zu lange Arbeitszeiten. In einem Fall gab es Kinderarbeit, in drei Fällen Zwangsarbeit.