Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) werden in der Industrie unter anderem bei der Produktion von Textilien, Teflonpfannen und Kosmetika eingesetzt. Das Problem: Die Stoffe bauen sich in der Umwelt kaum ab und sind oft giftig.
1547 Leserinnen und Leser aus allen 26 Schweizer Kantonen liessen ihr Hahnenwasser in einer Aktion von K-Tipp auf PFAS untersuchen (K-Tipp 12/2023). Resultat: 774 Proben waren verseucht. In 400 Trinkwasserproben wies das Labor Perfluoroctansäure (PFOA) und in 470 Proben Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) nach.
Einige Wasserproben waren also mit beiden Substanzen belastet. Diese stehen gemäss dem deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung im Verdacht, Krebs zu verursachen und Kinder im Mutterleib zu schädigen.
36 Mal überschritt das Hahnenwasser den von der US-Umweltbehörde EPA geforderten Grenzwert von 4 Nanogramm pro Liter Wasser. Bei PFOS war es sogar 109 Mal der Fall. Die betroffenen Gemeinden oder deren Wasserversorger reagieren ratlos. So argumentiert etwa die Wasserversorgung Bülach ZH, sie habe «kaum Handlungsmöglichkeiten». Deutlicher wird Gemeinderat Beat Gomes aus Mellingen AG gegenüber dem «Reussboten», der die K-Tipp-Stichprobe aufgriff: «Wir sind hilflos.» In dieser Frage seien die Gemeinden auf die Unterstützung von Kanton und Bund angewiesen.
Andere Gemeinden wie Münchenstein BL verharmlosen die Messwerte. So verwies die Gemeindeverwaltung gegenüber dem amtlichen Anzeiger «Wochenblatt» auf die einge- haltenen Schweizer Grenzwerte. Nur: Gemäss Gesetz darf ein Liter Trinkwasser 300 Nanogramm PFOS enthalten. Das ist sehr viel – rund 75 Mal mehr als der empfohlene Wert der US-Umweltbehörde. Bei PFOA ist der Schweizer Höchstwert mit 500 Nanogramm sogar 125 Mal höher.
Bund überarbeitet Grenzwerte für Wasser
Immerhin: Laut dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen werden die Schweizer Grenzwerte für das Trinkwasser überarbeitet. Ausserdem verspricht das Amt, Höchstwerte für Lebensmittel zu prüfen. Doch bis neue Gesetze Wirkung zeigen, können Jahre vergehen. Die Europäische Chemikalienagentur prüft zurzeit auf Antrag von mehreren EU-Ländern ein weitgehendes Verbot von allen PFAS. Die Substanzen dürften nur noch eingesetzt werden, wenn sie für die Industrie «unerlässlich» sind.
Schon heute besser geschützt sind viele US-Bürger: Einige Staaten haben eine strengere Regulierung von PFAS beschlossen. Am weitesten geht Minnesota: Erste Stoffe sind dort ab 2025 gänzlich verboten. Und ab 2032 sollen PFAS nur noch ausnahmsweise eingesetzt werden dürfen – etwa bei der Arbeitsschutzkleidung für die Feuerwehr.
«Strengere Gesetze sind nötig, um eine weitere Verbreitung der PFAS zu verhindern», schreibt der Schweizerische Verein des Gas- und Wasserfaches SVGW. PFAS sollten möglichst schnell «aus dem Wirtschaftskreislauf entfernt werden».