Die Impfstoffe gegen das Coronavirus wurden von Moderna und Biontech/Pfizer in Rekordzeit entwickelt. Viele Medien feiern das vorschnell als wissenschaftliche Revolution.
Die Impfstoffe basieren auf der erstmals angewendeten mRNA-Technik. Anders als bei bisherigen Impfstoffen wird nicht der Erreger selbst in einer sehr kleinen Dosis verabreicht. Injiziert wird eine gentechnisch aufbereitete Bauanleitung für einen Teil des Erregers – einfach gesagt: eine Information, wie der Körper das neue Coronavirus bekämpfen kann.
Bestellungen für 800 Millionen
Der Verkauf der beiden in der Schweiz verabreichten mRNA-Impfstoffe ist für die US-Konzerne Moderna und Pfizer sowie das deutsche Kleinunternehmen Biontech ein Geschäft mit riesigen Gewinnen.
Der Sitz von Biontech befindet sich an der Adresse An der Goldgrube 12 in Mainz (D). Die Schweiz bestellte bei Biontech/Pfizer 6 Millionen Impfdosen, bei Moderna 13,5 Millionen. Weitere Lieferanten sind die Hersteller Astra Zeneca, Curevac und Novavax. Insgesamt wurden 34 Millionen Dosen bestellt. Laut dem Bundesamt für Gesundheit stehen dafür 800 Millionen Franken zur Verfügung.
Märchenhafte Gewinne
Die Verträge mit den staatlichen Abnehmern sind für die Pharmafirmen extrem lukrativ: Biontech schrieb im ersten Quartal 2021 einen Nettogewinn von 1,1 Milliarden Euro, im zweiten Quartal waren es 2,8 Milliarden. Zum Vergleich: Im ganzen vergangenen Jahr lag der Nettogewinn des Unternehmens bei 15,2 Millionen Euro.
Der Kurs für die Biontechaktien lag im Herbst 2020 an der Frankfurter Börse noch bei rund 50 Euro – heute sind es rund 400 Euro. Das liegt an der einzigartigen Rendite: Im ersten Quartal 2021 waren 80 Prozent der Einnahmen Reingewinn.
Moderna publizierte im ersten Quartal 2021 einen Gewinn von 1,2 Milliarden Dollar – im zweiten stieg er auf 2,8 Milliarden. Im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen noch mit einem Minus von 747 Millionen Dollar abgeschlossen. Der Wert einer Aktie verzehnfachte sich seit Anfang 2021 an der New Yorker Börse von gut 50 auf fast 500 Dollar.
Die märchenhaften Gewinne der Aktionäre werden wohl kein Strohfeuer sein. Laut dem deutschen Arzt, Epidemiologen und ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Wodarg dient den Impfstoffherstellern die Grippe- Impfung als Vorbild. «Die meisten Menschen wissen nicht, dass die Grippe-Impfung nicht gegen alle Viren schützt, sondern – wenn man Glück hat – nur gegen einige Influenzasubtypen.» Und zwar gegen solche, die von den Herstellern gefunden und analysiert worden seien. Wegen der Mutation der Grippeviren können die Pharmakonzerne Jahr für Jahr neue Impfstoffe herstellen und verkaufen.
Das wird wohl auch bei den neuen Coronaviren der Fall sein. Als Moderna seine Impfung auf den Markt brachte, sprach das Unternehmen von einem Schutz von 94,5 Prozent gegen eine Erkrankung an Covid-19, Biontech/Pfizer von 95 Prozent.
Ob diese Zahlen zutreffen, weiss noch niemand. Zweifel ergeben sich aus der Tatsache, dass in weitgehend durchgeimpften Staaten wie Israel eine dritte Impfung propagiert wird. Laut aktuellen Zahlen von Moderna soll die Schutzwirkung ihrer Impfung nach sechs Monaten noch bei 93 Prozent liegen.
Dan Staner, Europachef von Moderna, schwärmt im «Blick» vom 19. August schon von einer dritten Impfung für alle. Diese «Booster»-Impfungen würden «wahrscheinlich besser gegen neue Virenvarianten schützen, auch gegen Delta». Moderna erwarte eine Zulassung im vierten Quartal dieses Jahres. Ein Zulassungsgesuch habe man aber noch nicht eingereicht. Trotzdem sicherte sich der Bund bereits 7 Millionen Impfdosen.
Neun neue Milliardäre
Für die Hersteller geht der Goldrausch also weiter. Bis jetzt machte er mindestens neun Menschen zu Milliardären, wie die internationale Entwicklungshilfeorganisation Oxfam berechnete. Der Geschäftsführer von Biontech, Ugur Sahin, kommt inzwischen auf ein Vermögen von 4 Milliarden Dollar, der Chef von Moderna, Stephane Bancel, auf 4,3 Milliarden Dollar. Auch die drei Mitgründer des chinesischen Impfstoffunternehmens CanSino Biologics sind heute Milliardäre. Sie haben zusammen ein Nettovermögen von 19,3 Milliarden Dollar.
Weitere acht Personen mit umfangreichem Aktienbesitz in Covid-19-Impfstoffunternehmen konnten ein Vermögen von total 32,2 Milliarden Dollar anhäufen. Darunter befinden sich die deutschen Zwillinge Andreas und Thomas Strüngmann. Sie investierten 2008 bei der Gründung von Biontech den Betrag von 150 Millionen Euro. Heute sind sie mit einem Anteil von 50 Prozent grösste Einzelaktionäre.
Mit einem neuen Geschäftsmodell will Moderna sein Impfgeschäft noch mehr ankurbeln: Staaten, die sich an den Erstellungskosten für eine Fabrik im eigenen Land beteiligen, dürfen zuerst Impfdosen beziehen. Moderna einigte sich im August mit der Regierung von Kanada darauf, dass der Staat – sprich die Steuerzahler – den Aufbau einer Impfstofffabrik von Moderna mitbezahlt. Bundesrat Berset bestätigte an einer Medienkonferenz, dass diesbezüglich auch Gespräche zwischen Moderna und der Schweiz laufen.
Bundesamt als Werbebotschafter
Stärkste Werbebotschafter der Impfstoffhersteller sind die Gesundheitsbehörden vieler Staaten – in der Schweiz das Bundesamt für Gesundheit. Es betont stets, der Nutzen sei grösser als mögliche Nebenwirkungen. Doch mögliche Langzeitschäden sind noch gar nicht bekannt. Denn normalerweise dauert es gemäss der Schweizer Expertenplattform Infovac 10 bis 20 Jahre, bis ein neuer Impfstoff durchgetestet auf den Markt kommt – bei der Corona-Impfung waren es ein paar Monate. Die Zulassung erfolgte in der Schweiz in einem Schnellverfahren.
Kommt hinzu: Impfstoffhersteller wie Biontech und Moderna stellen die Daten ihrer Studien nur den Behörden der Abnehmerländer zur Verfügung, nicht aber unabhängigen Forschern. Das wäre umso wichtiger, als die Hersteller fast alle Studien über Nebenwirkungen und den Nutzen selber durchführen.
Bei der Zulassungs- und Kontrollbehörde Swissmedic gingen bis 10. August 5304 Meldungen wegen Nebenwirkungen ein, 1838 davon wurden als schwerwiegend eingestuft. 133 Patienten starben, wobei unklar ist, ob die Impfung Ursache war. Swissmedic rät, wenn nötig, zu einer Obduktion verstorbener Patienten. Sie kann diese aber nicht anordnen. Das sei Sache der Ärzte, Kantone und Hinterbliebenen.
Doch solche Obduktionen wäre zentral, sagt Peter Schirmacher, Chefpathologe der Uni Heidelberg. Neben Coronatoten müssten auch die Leichname von Menschen, die kurz nach einer Impfung sterben, häufiger untersucht werden. Er warnt vor einer hohen Dunkelziffer an Impftoten und beklagt: «Von den meisten Patienten, die nach und möglicherweise an einer Impfung sterben, bekommen die Pathologen gar nichts mit.»
Für die Hersteller sind die Folgen der Impfungen kein Problem. In den Verträgen lehnen sie jede Haftung ab. Das zeigt ein Vertragsentwurf von Pfizer/Biontech mit Albanien, den Transparency International ins Internet stellte. Die Käufer der Impfstoffe müssten sogar die Prozesskosten zahlen, falls Patienten gegen die Unternehmen klagen würden.