Der Auszug aus dem Betreibungsregister der Firma Arriva Reisen AG in Oetwil an der Limmat ZH ist lang. Am 20. Januar dieses Jahres waren es 19 Posten mit einer Forderungssumme von über 40 000 Franken. Im Einzelfall geht es meist um 2000 bis 3300 Franken.
Auch Heidi Kälin aus Kloten ZH steht auf der Liste. Sie betreibt die Arriva Reisen über 3298 Franken. Kälin hat zwei Matratzen gekauft. Schon nach der ersten Nacht litt sie unter starkem Juckreiz und Atemnot. Also trat sie – juristisch korrekt – innert der siebentägigen Frist vom Vertrag zurück.
Das Bezirksgericht Dietikon ZH verpflichtete darauf die Arriva Reisen im Dezember 2010, der Käuferin die 3298 Franken zurückzuerstatten. Doch Philipp Löw – einziger Verwaltungsrat der Arriva Reisen AG – hat bis heute nicht gezahlt. Er ist nicht einmal zum Gerichtstermin erschienen.
Viele warten seit Monaten auf ihr Geld
So wie Kälin geht es vielen. Der K-Tipp weiss von rund einem Dutzend Personen, die von Löw seit vielen Monaten vergebens Geld verlangen, obwohl oft ein Gerichtsurteil vorliegt. Elsbeth Müller aus Thayngen SH zum Beispiel wartet auf 1448 Franken. «Warum zahlt Löw nicht?», fragt sie sich.
Selbst defekte Ware wird nicht vergütet
Das Problem dieser Kunden: Sie haben an einer Werbeveranstaltung Waren bestellt und auch schon bezahlt. Denn die Matratze, das Liegesystem oder die Trinkkur werden jeweils sofort am nächsten Morgen geliefert – gegen Barzahlung. Dann ist aber immer noch Zeit, um vom Vertrag zurückzutreten.
Selbst wenn die Ware defekt ist, hapert es mit der Rückzahlung. Und auch dann, wenn die gelieferte Ware nicht dem entsprach, was an der Werbefahrt präsentiert wurde. Der Zürcher Anwalt Kurt Balmer vertritt vier Käufer. «Löw reagiert nicht einmal auf Konkursandrohungen», ist seine Bilanz.
Andere Anwälte machen dieselben negativen Erfahrungen. Gemäss seinem persönlichen Betreibungsregister-auszug hat Philipp Löw auch Schulden beim Steueramt und bei seiner Krankenkasse. Löw sagt dazu, er sei nach einem Unfall lange arbeitsunfähig gewesen. Das sei der Grund für die Betreibungen.
Dennoch: Der K-Tipp weiss auch von drei Fällen, in denen Löw die Verpflichtungen seiner Arriva Reisen erfüllt hat. Zu ihnen gehört Dora Heller aus Thun BE. Sie hatte ihr Magnetfeldgerät ohne Bedienungsanleitung erhalten.
Als sie erfuhr, dass es für Leute mit Herzschrittmacher ungeeignet ist, trat sie vom Vertrag zurück. Es brauchte acht eingeschriebene Briefe, einen Gang zum Gericht sowie die Einleitung der Betreibung inklusive Konkursandrohung – dann zahlte Löw endlich die verlangten 2600 Franken.
Dora Hellers Fazit: «Das sollte die Leute aufrütteln, nicht mehr an so unseriöse Werbefahrten zu gehen.» Auch eine Frau aus dem Zürcher Unterland hatte Glück. Sie hat allerdings ihre 2590 Franken nicht von Löw erhalten, sondern von ihrer Rechtsschutz-Versicherung Axa-Arag.
Es kommt immer wieder vor, dass Rechtsschutz-Versicherungen den Schaden des Kunden – oder zumindest einen Teil – übernehmen, wenn sie annehmen müssen, dass das Einfordern der Summe mühsam oder gar aussichtslos wäre.
Solche Zahlungen sind für die Rechtsschutz-Versicherer oft günstiger als der Versuch, das Geld auf dem Gerichtsweg einzutreiben. Auch die Assista des TCS hat das im Fall Löw schon mehrfach gemacht.
Löws Verbindungen zu deutschem Betrüger
Der K-Tipp hat Philipp Löw auf seinem Handy erreicht. Er sagt, er sei in der Schweiz nur ausführendes Organ, die Entscheide über Rückerstattungen würden «von der Geschäftsleitung» getroffen. Wer diese «Geschäftsleitung» ist, wollte Löw dem K-Tipp nicht sagen.
Der K-Tipp hat allerdings schon in Ausgabe 17/2009 geschrieben, dass es sich wahrscheinlich um den Deutschen Peter Schwarze handelt, der in Deutschland wegen Betrugs verurteilt wurde und auf dem Gebiet der Werbefahrten Berufsverbot hat.
Fest steht, dass Löw Schwarze bestens kennt. Eines von vielen Indizien: Gemäss Handelsregister hat Löw von Schwarze im Januar 2011 den einzigen Verwaltungsratssitz der Vilsana Product AG übernommen.
Diese Firma vertreibt ein Gesundheitsmittelchen, dessen «kontinuierliche Einnahme den Körper ein Leben lang vor Infektionen und Erkrankungen schützt». Das Gleiche passierte bei der Firma CBA City Bau AG. Beide Firmen haben das gleiche Domizil: Flughofstrasse 50 in Glattbrugg ZH.
Philipp Löw ist auch einziger Verwaltungsrat der SMA-Swiss Media AG. Sie veranstaltet Reisen, die an seinen Werbefahrten verkauft werden. Auch über diese Firma häufen sich die Reklamationen.
Reiseombudsman Beat Dannenberger rät von Reisen, die an Werbefahrten verkauft werden, generell ab. Sie seien unter dem Strich nicht günstiger als Angebote aus normalen Reisebüros.
So lädt Löw auf seine Werbefahrten ein
Philipp Löw verschickt seine Einladungen zu Werbefahrten unter diversen Fantasiebezeichnungen.
- Suisse Tours, Olympia Touristik, Buchungszentrale, DVA Delta Vital AG oder Delta Vital AG: alle unter der Adresse Postfach 32, 8955 Oetwil a. d. Limmat.
- TVG Treuhand Verwaltungsgesellschaft, 5274 Mettau
- Zervartis AG, Postfach 620, 8853 Lachen
- Zervartis AG, Firmenauflösung Sunshine, Postfach 32, 8955 Oetwil a. d. Limmat
- Bearbeitungsbüro, Postfach 119, 5610 Wohlen 2
- Frühere Bezeichnungen: Möven Touristik, Etena Reisen, Genial Reisen, Silber Reisen, alle mit der Adresse Postfach, 5274 Mettau
Der K-Tipp rät: Gehen Sie nicht an Werbefahrten. Die angekündigten Gewinne gibt es nie, und Sie riskieren, dass man Ihnen für viel Geld minderwertige Ware verkauft. Der K-Tipp listet im Internet laufend alle neuen Einladungsschreiben für Werbefahrten auf.
Die Liste findet sich unter www.ktipp.ch.
