Seit Anfang Jahr gilt für den internationalen Versandhandel eine neue Regel: Wenn ein ausländischer Versandhändler mit Kleinsendungen in die Schweiz pro Jahr mehr als 100 000 Franken Umsatz macht, ist er hier mehrwertsteuerpflichtig. «Seine Lieferungen gelten als Inlandlieferungen», hält das Finanzdepartement fest.
Für die Kunden heisst das: Der ausländische Versandhändler belastet ihnen die Schweizer Mehrwertsteuer schon beim Kauf. Amazon.de beispielsweise macht das so. Die Folge: Die Post hat seit Anfang Jahr bei einem Grossteil der Lieferungen mit der Berechnung und dem Inkasso der Mehrwertsteuer nichts mehr zu tun. Trotzdem hat sie ihre Gebühren nicht gesenkt. Das heisst:
Die Post verlangt weiterhin Gebühren ab einem Warenwert von 65 Franken, wenn die Ware dem Mehrwertsteuer-Normalsatz von 7,7 Prozent unterliegt, und ab einem Warenwert von 200 Franken, wenn die Ware dem reduzierten Satz von 2,5 Prozent unterliegt. Letzteres ist etwa bei Büchern der Fall.
Diese Post-Gebühr beträgt für Lieferungen aus den Nachbarländern pauschal Fr. 11.50, für Lieferungen aus anderen Ländern pauschal 16 Franken.
Dazu kommt ein von der Post frei erfundener «Warenwertzuschlag» von 3 Prozent.
In Ausnahmefällen verlangt die Post auch noch für weitere «Zusatzdienste und Zusatzleistungen» Geld.
Der K-Tipp wollte von der Post wissen, wofür sie überhaupt noch Gebühren verlangt, wenn sie doch in den meisten Fällen mit der Berechnung und dem Inkasso der Mehrwertsteuer nichts mehr zu tun hat. Trotz mehrmaliger Aufforderung beantwortete die Post die Frage nicht.
Der Kunde kann sich kaum wehren
Der Hintergrund: Die Sache mit den Gebühren ist für die Post eine ziemlich heikle Sache. Der Staatsbetrieb konnte dem K-Tipp nämlich noch nie plausibel darlegen, aufgrund welcher rechtlichen Grundlage er den Empfängern die Gebühren abknöpft. Denn:
Eine gesetzliche Grundlage gibt es nicht. Die Eidgenössische Zollverwaltung hält dazu fest: «Die Gebühren der Post sind keine staatlichen Abgaben und haben folglich keine rechtliche Grundlage.»
Auch eine vertragliche Grundlage gibt es nicht. Denn zwischen Post und Empfänger existiert kein Vertrag.
Mit anderen Worten: Der Empfänger müsste die Gebühren an sich nicht zahlen. Aber: Die Post zwingt ihn trotzdem dazu. Denn andernfalls händigt sie ihm das Paket nicht aus.
Und: Der Kunde kann sich kaum wehren. Denn er möchte ja die Ware. Und er hat sie womöglich auch schon bezahlt. Er kann also nur die Faust im Sack machen und sich über den Staatsbetrieb ärgern, der Gelder kassiert, die ihm nicht zustehen.
Übrigens: Auch DHL und DPD verlangen die gleichen Gebühren wie bisher. Und auch sie haben dafür weder eine rechtliche noch eine vertragliche Grundlage.
Einkauf im Internet ist jetzt teurer
Die neue Mehrwertsteuer-Regelung verteuert den Interneteinkauf bei kleinem Warenwert. Denn ausländische Versandhändler, die regelmässig in der Schweiz geschäften, sind neuerdings hier mehrwertsteuerpflichtig. Sie belasten deshalb ihren Schweizer Kunden die Mehrwertsteuer auch bei Kleinsendungen. Beispiel: Ein Schweizer Kunde kauft bei einem deutschen Internethändler einen Pullover im Wert von umgerechnet 50 Franken.
Bisher belastete ihm der deutsche Händler keine Schweizer Mehrwertsteuer. Der Pullover kostete tatsächlich 50 Franken.
Neu belastet der Händler dem Kunden die Mehrwertsteuer. Er verlangt für den Pullover umgerechnet Fr. 53.85.