Die Post erwirtschaftete 2021 gemäss Geschäftsbericht einen Gewinn von 515 Millionen Franken. Das ist nicht aussergewöhnlich: In den letzten zehn Jahren erzielte der Staatsbetrieb stets Gewinne in dreistelliger Millionenhöhe. Seit 2012 waren es 6,5 Milliarden Franken.
Trotz dieser jährlichen Riesengewinne baut die Post den Dienst am Kunden in der Schweiz kontinuierlich ab. 2021 schloss sie 103 Poststellen für immer, und bei vielen Filialen kürzte sie die Öffnungszeiten (K-Tipp 5/2022). In den letzten zehn Jahren gab sie über 1000 Poststellen auf, mehr als 4200 Arbeitsplätze in der Schweiz fielen weg. Die Post leert auch ihre Briefkästen immer seltener («Saldo» 13/2021).
Porto-Erhöhung trotz 465 Millionen Gewinn
Trotz der schlechteren Erreichbarkeit zahlen Postkunden für die gleichen Dienstleistungen immer mehr. Der Staatskonzern verteuerte ab diesem Jahr das Porto für Briefe und Auslandpakete. Dabei erzielte die Post mit der Briefzustellung schon ohne Preisaufschlag jährlich dreistellige Millionengewinne. Im letzten Jahr legte die Post die Brief- und die Paketsparte zusammen. Deren Jahresgewinn betrug 465 Millionen Franken.
Während der Staatsbetrieb beim Service public spart, sitzt das Geld für Firmenkäufe locker. 2021 kaufte die Post elf Firmen ganz oder erwarb eine Mehrheit an ihnen. Dazu kommen Tochtergesellschaften dieser Firmen im Ausland, etwa in Litauen oder Luxemburg. Zum Vergleich: 2020 hatte die Post «nur» drei Firmen gekauft, 2019 zwei Firmen, und 2018 waren es fünf. Total stellte der Staatsbetrieb laut eigenen Angaben 1,5 Milliarden Franken für Firmenkäufe bereit.
Das Kerngeschäft der Post ist laut Gesetz die «Beförderung von Postsendungen». Doch die gekauften Firmen haben oft kaum etwas damit zu tun. Ein Beispiel: Die Bring! Labs AG betreibt eine App, mit der die Benutzer ihre täglichen Einkäufe planen können. Ziel der Post ist es, damit Werbung zu verkaufen. Detailhändler sollen ihre Waren auf der App bewerben können. Die Post brüstet sich in einem ihrer Magazine damit, die Händler könnten so bis 3,5 Millionen Konsumenten erreichen.
Auch die Dialog Verwaltungs-Data AG, die Tresorit AG und die Livesystems AG haben nichts mit dem Versand von Paketen und Briefen zu tun: Die Firmen vermarkten eine Verwaltungssoftware für Gemeinden und Unternehmen und verkaufen digitale Werbung.
Im März 2022 meldete die Post, dass sie die Firma MW Partners gekauft hat. Die Firma transportiert medizinisches Verbrauchsmaterial wie Spritzen und Spüllösungen zu Spitälern und Arztpraxen, und sie sterilisiert Operationsbesteck. Im Oktober hatte die Post schon die Mehrheit an der Firma Steriplus übernommen, die im gleichen Geschäft tätig ist.
FDP-Nationalrat Matthias Jauslin kritisiert: «Das Geld für die Käufe kommt vom Steuerzahler.» Letztlich trage die Bevölkerung das Risiko: «Die Käufe der Post sind hochriskant.»
Post zahlt für Firmen teilweise viel zu viel
Kommt dazu: Die Post zahlt für Unternehmen, die sie unbedingt übernehmen will, teils überrissene Preise. Das geht aus dem Finanzbericht 2020 hervor. In diesem Jahr kaufte die Post etwa die Softwarefirma Klara Business AG. Noch im gleichen Jahr schrieb sie den Wert des Unternehmens in der Bilanz um 13 Millionen Franken ab. Das heisst: Die Post zahlte viel mehr für Klara Business, als die Firma wert war.
Der Bundesrat lässt der Post freie Hand. Auch der neue Post-Präsident Christian Levrat, früherer Ständerat und SP-Präsident, unterstützt den Abbaukurs. In einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» sagte Levrat Anfang März unverhohlen, die Post solle auf «digitale Dienstleistungen für Unternehmen» fokussieren und auf die «elektronische Schnittstellen» zwischen Behörden und Bürgern. Die Firmenkäufe spielte Levrat herunter. Die Post befinde sich «mitnichten auf einer Einkaufstour», behauptete er. Zu den Filialschliessungen der Post sagte Levrat kein Wort.
Auch die Freiburger Mitte-Nationalrätin Christine Bulliard-Marbach kritisiert die Onlinestrategie der Post. Gegenüber dem K-Tipp sagt sie: «Viele Leute möchten mit der Post nicht rein digital kommunizieren. Sie möchten eine Poststelle in ihrer Nähe haben.» Das müssten der Bundesrat und der Post-Präsident Christian Levrat vermehrt berücksichtigen.