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21.06.2018
Der Regionalverkehr in der Schweiz funktioniert so: Bund und Kantone bestellen die gewünschten Leistungen bei Transportunternehmungen. Bleiben Kosten ungedeckt, werden sie von Bund und Kantonen bezahlt. Sprich: von den Steuerzahlern.
Gewinne sind im Regionalverkehr nicht vorgesehen. Fallen trotzdem Überschüsse an, dürfen sie den Bestellern nicht verheimlicht werden. Überschüsse wären ein Hinweis, dass das Transportunternehmen die Kosten zu vorsichtig geschätzt hat. Als Folge würden dann weniger Subventionen fliessen. Die Verantwortlichen der Post haben diesen gesetzlich festgelegten Mechanismus über Jahre systematisch hintergangen. Das zeigen die vergangene Woche vorgestellten Untersuchungsberichte zum Postautoskandal.
Gewinn auf Kosten der Steuerzahler
Konkret: Die tatsächlichen Kosten für die Buslinien waren in der Regel wesentlich tiefer, als Postauto angab. Um das zu verstecken, wurden bei der Rechnungslegung zusätzliche fiktive Kosten gebucht, effektive Erlöse buchte man weg in die Sparte «Übriges». Von 2007 bis 2015 erzielte der Postkonzern so über 90 Millionen Franken Gewinn auf Kosten der Steuerzahler.
Die Berichte weisen akribisch nach, mit welcher Energie bei der Post vertuscht und manipuliert wurde. Eine Zusammenfassung:
Die Experten und die beigezogene Anwaltskanzlei untersuchten nur den Zeitraum von 2007 bis 2015. Sie halten aber explizit fest: «Es ist davon auszugehen, dass die Manipulationen weit vor dem Jahr 2007 angeordnet wurden.» Tatsächlich: Bereits 1999 schrieb Postauto-Chef Daniel Landolf in einer Weisung an Untergebene, es seien Umbuchungen vorzunehmen.
Intern sprachen die Verantwortlichen Klartext. In einer Aktennotiz zu einer Besprechung vom 27. März 2007 zum Thema Rechnungswesen steht, man habe «die Gewinne in Form von höheren Kosten eingerechnet», um Abgeltungskürzungen zu verhindern. An der Besprechung dabei waren unter anderem der damalige Konzernleiter Ulrich Gygi und Postautochef Landolf.
Im Juni 2012 stellte der Preisüberwacher Stefan Meierhans kritische Fragen. Die Postverantwortlichen entschieden, ihm «vorerst nicht alle gewünschten Unterlagen vorzulegen». In einem Schreiben hakte Meierhans im Dezember 2012 nach: «Seit Juni versuchen wir von Postauto Auskunft zu bekommen, wo genau die 28 Millionen Franken Gewinne von Postauto im Jahr 2011 erwirtschaftet wurden und wie es kommt, dass in der Rechnung gegenüber dem Bundesamt für Verkehr nur ein Gewinn von 2,7 Millionen Franken ausgewiesen wird.» Der Vorstoss versandete ergebnislos.
Die einzelnen Umbuchungen – insgesamt rund 200 000 – waren laut Bericht «rein fiktiv und nicht auf der Basis von effektiven Kosten vorgenommen worden». Verschiedene Mitarbeiter in den Regionen warnten vor dieser Praxis.
Skrupel an der Basis, mangelndes Rechtsempfinden in den Post-Chefetagen: Der Untersuchungsbericht kommt zum Schluss, dass die Verantwortlichen mit Vorsatz handelten. Statt die riskante Buchungspraxis zu ändern, startete die Post ein Projekt zur juristischen Anpassung der Konzernstrukturen – um auf diese Weise die Gewinne eleganter zu verstecken. Das Projekt hiess zu Beginn bezeichnenderweise «Value Save», dann «Firma», am Schluss «Impresa». Der Untersuchungsbericht hält fest: «Es ging stets darum, den Gewinn für Postauto zu sichern.»
Die Renditevorgaben macht der Bundesrat
Der Expertenbericht spricht von einem «kollektiven menschlichen Versagen». Die unrechtmässigen Buchungen seien einem «Personenkreis von beträchtlicher Grösse bekannt gewesen». Mit anderen Worten: Falschbuchungen und Tricksereien waren bei der Post an der Tagesordnung. Gewinne um jeden Preis – das ist die Devise. Verantwortlich dafür ist letztlich der Bundesrat. Er verlangt von der Post «in allen Geschäftsfeldern eine branchenübliche Rendite». So steht es in den strategischen Zielen des Bundesrats.
Apropos strategische Ziele: Der Bundesrat verlangt von der Post auch eine «transparente Kommunikationspolitik». Tatsache ist: Die Untersuchungsberichte sind in der öffentlich vorgelegten Fassung stark zensiert. Die Ausführungen der Gutachter zu Themen wie «Persönliche Bereicherung», «Kenntnis auf Konzernstufe», «Hinweise auf die Rechtswidrigkeit» erfährt die – zahlende – Öffentlichkeit nicht.
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