Der Titel des Schreibens klingt harmlos: «Erhebung zur Zukunft der Postversorgung in der Schweiz». Mit dem Brief lädt das Bundesamt für Kommunikation 9000 Private und 6000 Betriebe ein, an einer Internetumfrage teilzunehmen.
Diese ist alles andere als harmlos. Sie beginnt zwar mit ganz normalen Fragen, wie etwa: «Wie oft werden Sie in fünf Jahren Briefe versenden und empfangen? Sind es im Vergleich zu heute mehr, gleich viele oder weniger?»
Doch dann geht es zur Sache: «Bitte wählen Sie dasjenige Kriterium aus, bei dem Sie am ehesten bereit wären, Abstriche zu machen.» Es folgen sechs Möglichkeiten. Wer gegen Abbaumassnahmen ist, muss sich trotzdem für eine entscheiden.
Sobald eine Variante angeklickt ist, schlägt der Fragebogen wieder sechs Massnahmen vor. Die Umfrageteilnehmer müssen insgesamt vier Mal Ja zu einer Abbaumassnahme sagen, auch wenn sie das gar nicht wollen. Die vorgeschlagenen Massnahmen bergen einigen Zündstoff:
Zustellung: Heute stellt die Post die Briefe an sechs Tagen pro Woche zu. Das Bundesamt schlägt vor, dass die Post die Briefe nur noch an drei Tagen austrägt.
A-Post: Als Extremvariante steht die komplette Abschaffung der A-Post zur Auswahl. Möglich wäre auch, die A-Post zu «verlangsamen». Dass sie also nicht mehr einen Werktag unterwegs wäre, sondern zum Beispiel drei – wie die heutige B-Post.
B-Post: Sie dürfte sogar fünf Tage brauchen.
Preise: Erhöhungen bei A- und B-Post von bis zu zehn Prozent stehen zur Diskussion.
Pünktlichkeit: Heute müssen 97 Prozent der Briefe pünktlich eintreffen. Das Bundesamt schlägt den Umfrageteilnehmern vor, den Wert auf 90 oder sogar auf 85 Prozent zu senken.
Poststellen: In Frage kommt sogar, dass die Poststellen keinerlei Zahlungsverkehr mehr anbieten.
Erreichbarkeit: 90 Prozent der Bevölkerung müssen heute eine Poststelle oder eine Postagentur innert 20 Minuten zu Fuss oder mit dem öffentlichen Verkehr erreichen können. Das Bundesamt schlägt eine Verlängerung auf 40 Minuten vor.
Im Schreiben an die Umfrageteilnehmer steht: «Ihre Antworten werden dazu beitragen, die künftige Ausgestaltung der Grundversorgung mitzubestimmen.» Doch eigentlich geht es in der Umfrage nur um eines: Abbau.
Das Bundesamt für Kommunikation widerspricht: «Die gewählte Fragestellung zwingt die Teilnehmer nicht, Abbaumassnahmen zu befürworten.» Die Teilnehmer würden gebeten, anzugeben, auf welche Grundleistungen sie am ehesten respektive auf welche sie auf keinen Fall verzichten möchten.
Ergebnisse folgen in einem halbem Jahr
Die Ergebnisse der Umfrage werden in einem guten halben Jahr veröffentlicht. Was sich jetzt schon sagen lässt: Sie werden wertlos sein. Weil die Umfrageteilnehmer ihren Vorstellungen über einen guten Post-Service gar nicht richtig Ausdruck geben können.
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