Post lässt Gebühren explodieren
1,6 Millionen Kontoinhaber haben die neuen Konditionen der Post zugestellt erhalten. Wer genau hinschaut, stellt fest: Die Post langt kräftig zu.
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K-Tipp 9/2004
05.05.2004
Marco Diener - mdiener@ktipp.ch
Die Post greift zu schönen Worten, wenn es darum geht, der Kundschaft die neuen Konditionen schmackhaft zu machen: «Kontoführung nach Kundenbedürfnissen», «transparentere Preise», «Vorteile für den Privatkunden».
Das Gegenteil ist richtig. Die Post erhöht die Gebühren. Und zwar massiv.
Nehmen wir einen Musterkunden, der sein Konto traditionell auf dem Postweg bewirtschaftet, also nicht per Internet: Er hat vor ein paar Jahren auf Anraten der Post für 20...
Die Post greift zu schönen Worten, wenn es darum geht, der Kundschaft die neuen Konditionen schmackhaft zu machen: «Kontoführung nach Kundenbedürfnissen», «transparentere Preise», «Vorteile für den Privatkunden».
Das Gegenteil ist richtig. Die Post erhöht die Gebühren. Und zwar massiv.
Nehmen wir einen Musterkunden, der sein Konto traditionell auf dem Postweg bewirtschaftet, also nicht per Internet: Er hat vor ein paar Jahren auf Anraten der Post für 2000 Franken Postsoleil-Fondsanteile gekauft. Deshalb erlässt ihm die Post seither die Grundgebühr von 36 Franken pro Jahr. Für sechs Bancomatbezüge zahlt er 20 Franken pro Jahr (siehe Tabelle, zweite Kolonne von links).
Vom 1. Juni an wird alles anders. Die gekauften Fonds sind nicht mehr gebühren-senkend. Der Musterkunde zahlt, sofern er die gleichen Dienstleistungen in Anspruch nimmt, künftig 152 Franken - ein Aufschlag um 660 Prozent.
Die Post wird dem Musterkunden wohl raten, zusätzlich zum Gelben Konto ein Gelbes Deposito-Konto zu eröffnen. Zusammen ist das ein so genanntes Private-Set. Damit betragen die Gebühren noch 104 Franken. Doch auch das ist ein Aufschlag um 420 Prozent.
Post teilt den Kunden ein spezielles Set zu
Kernpunkt des neuen Preismodells sind die «Sets».
- Private-Set: Es enthält ein Gelbes Konto und ein Gelbes Deposito-Konto. Grundgebühr: 48 Franken pro Jahr. Die Postcard, ein monatlicher Kontoauszug auf Papier und zwei schriftliche Zahlungsaufträge pro Monat (mit beliebiger Anzahl Einzahlungsscheine) sind inbegriffen.
Die Grundgebühr entfällt, falls der Saldo des Sets im Monatsdurchschnitt über 7500 Franken liegt. Zum Set-Vermögen zählen auch Festgelder, Vorsorgekonten und Fonds. Inhaber eines Gelben Kontos sowie eines Gelben Deposito-Kontos erhalten bis Ende Mai automatisch das Private-Set zugeteilt.
- Online-Set: Dieses erhalten jene Kunden automatisch, die ihr Konto via Internet bewirtschaften. Die Grundgebühr beträgt 24 Franken. Die Postcard, ein monatlicher elektronischer Kontoauszug und eine unbeschränkte Anzahl elektronischer Zahlungsaufträge sind inbegriffen. Die Grundgebühr (24 Franken) entfällt bei einem Saldo über 7500 Franken.
- Jugend-Set: Alle unter 20 Jahren erhalten das Jugend-Set (nicht in der Tabelle). Es entspricht dem Private-Set, enthält aber zusätzlich eine unbeschränkte Anzahl elek-tronischer Zahlungsaufträge. Die Grundgebühr entfällt.
- Ausbildungs-Set (nicht in der Tabelle): wie das Jugend-Set. Dazu kommt eine Gratis-Kreditkarte. Auch hier entfällt die Grundgebühr. Wer zwischen 20 und 30 Jahre alt und noch in der Ausbildung ist, bekommt dieses Set.
- Alle anderen Postkunden erhalten kein Set zugeteilt. Wer mit der Zuteilung nicht einverstanden ist, muss selber aktiv werden.
Beanspruchen Kunden weitere Dienstleistungen, müssen sie dafür zahlen:
Jeder zusätzliche Zahlungsauftrag auf Papier kostet 2 Franken, Gutschrift- und Lastschrift-Anzeigen 3 Franken pro Monat.
Unverändert sind die Gebühren für Bancomatbezüge: 3 Franken im Inland, 4 im Ausland.
Die Gebührenerhöhung wird Millionen in die Kassen der Post spülen. Zwackt sie ihren 1,6 Millionen privaten Kontoinhabern 40 Franken mehr für Gebühren ab, kommen für die Post über 60 Millionen Franken zusammen.
Dabei gehts der Abteilung Postfinance schon heute ausgezeichnet. Letztes Jahr hat sie ihren Gewinn um 33 Prozent auf 246 Millionen Franken erhöht. Damit hat sie eine grosse Summe zu den 366 Millionen Franken Post-Konzerngewinn beigesteuert.
Und so haben Sie die Gebühren im Griff:
- Nehmen Sie kein Set, falls Sie Ihre Einzahlungen sowieso am Schalter tätigen. Bedenken Sie: Falls Sie Ihre Zahlungen bar am Schalter tätigen, zahlt der Empfänger Gebühren.
- Eröffnen Sie ein Gelbes Deposito-Konto, falls Sie Ihre Zahlungsaufträge schriftlich erteilen. So erfüllen Sie die Voraussetzung fürs Private-Set. Damit sind nämlich 24 Zahlungsaufträge im Jahr gratis.
- Verzichten Sie auf die jeweiligen Gutschrift- und Lastschrift-Anzeigen auf Papier. Damit sparen Sie 36 Franken pro Jahr.
- Machen Sie Ihre Zahlungen im Internet, falls Ihnen das Eintippen der langen Referenznummern nicht zu mühsam ist. Das berechtigt Sie zum Online-Set; das halbiert die Grundgebühr.
Fondsanteile kaufen - Grundgebühr sparen
- Gar keine Grundgebühr zahlen Sie als Inhaber des Private- und des Online-Sets, falls Sie im Monatsdurchschnitt mindestens 7500 Franken bei der Post haben. Überlegen Sie sich daher, ob Sie Fondsanteile kaufen wollen, damit Sie auf den verlangten Saldo kommen. Dazu zählen die Fonds der Post genauso wie diejenigen von anderen Anbietern.
- Versuchen Sie nicht, die 7500 Franken zu erreichen, indem Sie viel Geld auf dem Gelben Konto oder dem Gelben Deposito-Konto stehen lassen. Die Zinsen sind vergleichsweise mager.
- Schliessen Sie, nur um die Grundgebühr zu sparen, keine Gelbe Lebensversicherung ab, und nehmen Sie auch keine Gelbe Hypothek auf. Denn Lebensversicherungen sind für viele Leute nicht empfehlenswert - und die Hypothekarzinsen der Post sind recht hoch.
- Für alle Postkunden gilt: Beziehen Sie kein Bargeld an inländischen Bancomaten. Jeder Bezug kostet 3 Franken.