Als Ikone des modernen Sessels gilt der berühmte «Lounge Chair» des US-Designerpaars Charles und Ray Eames. Der vor über 50 Jahren aus Leder und Holz entworfene Möbelklassiker ist nicht nur eine Augenweide. Er ist, zusammen mit dem Hocker fürs Hochlagern der Füsse, auch äussert bequem. Doch der Lounge Chair hat wie die meisten Designmöbel einen stolzen Preis. Er kostet je nach Ausführung 8000 bis 10 500 Franken (siehe Bild oben).
Doch so ein Budget haben die wenigsten Leute. Haus & Garten wollte herausfinden, ob es für 500 Franken ebenfalls komfortable, stabile und optisch ansprechende Sessel gibt. Dazu wurden die Möbelhäuser Conforama, Fly, Ikea, Interio, Micasa, Pfister und Toptip besucht. Für den Vergleich hat Haus & Garten in jedem Möbelhaus einen Sessel ausgewählt. Er musste möglichst genau der definierten Preisvorgabe entsprechen. Es spielte keine Rolle, ob das Möbel als Einzelstück oder als separat erhältliches Teil einer Sitzgruppe angeboten wurde.
Ergebnis des Praxistests: Qualitativ überzeugende Sessel sind tatsächlich schon für etwas mehr als 500 Franken erhältlich – aber nicht überall: Die Palette der angebotenen Möglichkeiten wirklich ausschöpfen kann man mit diesem Budget am besten bei Ikea. Auch Fly, Toptip und Conforama haben eine vergleichsweise grosse Auswahl von Sesseln in dieser Preisklasse.
Allerdings: Nicht jedes Modell ist über jeden Zweifel erhaben. Das Budget von 500 Franken schränkt in manchen Fällen doch deutlich ein: Mal ist es der Komfort, der nicht zu befriedigen weiss, mal vermisst man ganz einfach die gewünschte Qualität.
Für kleine Budgets oft keine grosse Auswahl
Bei Micasa und Interio finden sich zwar vereinzelt bequeme Sessel um die 500 Franken. Aber eine wirklich gute Auswahl hat der Käufer hier erst
mit einem Budget von rund 1000 Franken. Möchte er gar einen Relax- oder Ruhesessel mit mechanischen oder elektrischen Einstellfunktionen, muss er noch tiefer in die Taschen greifen.
Ebenfalls in höheren Preiskategorien angesiedelt sind die meisten Sessel bei Pfister. Daneben versucht aber dieses Einrichtungshaus, mit speziellen Günstigangeboten den Discountern die Stirn zu bieten. Durchaus mit Erfolg, wie der Sessel «Rusni» im Praxistest beweist.
Tipps für den Sesselkauf
- Platzierung: Ein Sessel braucht Platz. Überlegen Sie sich vor dem Gang ins Geschäft, wo der Sessel stehen soll. Messen Sie den Platz aus und bedenken Sie: In der Ausstellung wirken die Möbel oft kleiner als in der Wohnung.
- Zweck: Gehen Sie beim Planen von Ihren persönlichen Bedürfnissen aus. Denn die meiste Zeit werden Sie selbst im Sessel sitzen – nicht Ihre Gäste! Überlegen Sie deshalb, welchem Zweck der Sessel dienen soll: für eine gemütliche Kaffeerunde, zum Lesen? Oder möchten Sie beim Fernsehen die Beine hochlagern?
- Design, Farbe: Ein Sessel, der als Einzelstück gekauft wird, sollte zu den übrigen Möbeln passen. Sondieren Sie, welche Stilrichtung und welche Farben in Frage kommen. Am besten orientieren Sie sich an der Formensprache der vorhandenen Polstermöbel. Wer stilsicher ist, kann mit einem neuen Sessel gezielt einen Kontrast setzen. Zu beachten ist weiter, dass der Sessel allen Hausbewohnern passen sollte: Bei Katzen im Haushalt zum Beispiel ist ein Bezug aus Leder die falsche Wahl. In Frage kommt dann ein robuster Mikrofaser-Stoff.
- Probesitzen: Nehmen Sie sich im Möbelhaus Zeit, den Sessel auszuprobieren, Bequemlichkeit und Komfort sind am wichtigsten. Checkliste:
Werden Rücken und Becken gut gestützt?
Passt die Höhe, sodass die Füsse bequem am Boden abgestellt werden können?
Ist die Sitztiefe in Ordnung? Die Kniekehlen dürfen nicht an die Vorderkante gepresst werden.
Sind Rückenlehne und Polsterung angenehm? Die Rückenlehne sollte der Körperform angepasst sein und der Wirbelsäule auch im Lendenbereich guten Halt bieten.
Sind die Armlehnen auf der richtigen Höhe oder werden die Arme unnatürlich nach oben gehoben? - Qualität: Gute Qualität im Laden zu erkennen, ist nicht einfach. Wenn aber der Sessel bereits beim Probesitzen knarrt, stimmt etwas nicht. Indizien für gute Qualität sind ausserdem sauber verarbeitete Nähte und eine einwandfreie Rück- und Unterseite. Ist dort der Bezug exakt umgelegt? Sitzen die Klammern ordentlich im Stoff oder Leder?
Lassen Sie sich vom Verkäufer den Aufbau des Sessels, Federung, Polsterung und den Bezug erklären! Testen Sie das Polster: Einige Minuten sitzen, danach aufstehen. Sieht man den Abdruck, ist das Material minderwertig. Durch billiges Füllmaterial lässt sich zudem das Möbelskelett ertasten.
Rusni, Fr. 599.–, Pfister
Ein Leder-Fauteuil, der mit seinem Gestell aus poliertem Edelstahl leichtfüssig und elegant wirkt. Auch punkto Komfort hält er, was er optisch verspricht: Die Rückenlehne liegt beim Sitzen exakt im richtigen Winkel zur Wirbelsäule. Die Polsterung lädt zum Entspannen ein. Die mit Ledermanschetten eingefassten Armlehnen sind zwar hart, aber trotzdem bequem.
Kurzum: Ein richtiges Wohlfühlmöbel, in dem man am liebsten eindösen möchte. Schön wäre es, wenn man dabei auch noch die Beine hochlegen könnte. Das ist aber leider nicht möglich.
Fazit: Ein Sessel mit überraschend viel Sitzleder – sprich Komfort! Auch das Preis-Leistungs-Verhältnis überzeugt.
Söderhamn, Fr. 549.–, Ikea
Eigentlich ist eine Sitzbreite von 93 cm fast zu viel des Guten für eine Person. Dieser Sessel dürfte jedenfalls auch nach Stunden komfortabel und bequem bleiben. Einfach, weil das weich gepolsterte Möbel dem Körper genug Spielraum bietet. Zwei lose Kissen sorgen für Halt und stützen in jeder Position. Trotz der imposanten Dimensionen wirkt der Sessel auf seinen vier runden Chromstahlfüssen nicht zu wuchtig. Er ist je nach Bezug auch 100 bis 200 Franken günstiger als in der hier gewählten Variante «Replösa» erhältlich. Der Name steht für ein besonders strapazierfähiges Mischgewebe aus Baumwolle und Polyester, das es in Beige oder Schwarz gibt.
Fazit: Ein Sessel, der fast so viel bietet wie ein Sofa. Mit dem Vorteil, dass es in diesem rundum gepolsterten und klar abgegrenzten Territorium nicht zu Revierkämpfen kommt.
Foxi, Fr. 699.–, Toptip
Formal erinnert Foxi irgendwie an die 50er-Jahre. Der Kontrast zwischen der dicken Polsterung und dem filigranen Gestell wirkt auf den ersten Blick reizvoll. Und der Bezug aus rotem Leder und die dünnen Seitenlehnen und Beine aus massiver Buche sorgen gar für eine gewisse Eleganz. Die Sitztiefe von 96 cm lädt zum Entspannen ein. Allerdings ist der Sessel ziemlich hart gepolstert. Die Rückenlehne ist so niedrig und schräg, dass man im Nacken schnell ermüdet. Zudem sind die Seitenlehnen zu kantig, zu schmal und zu tief, um die Arme wirklich bequem abzustützen.
Fazit: Foxi strahlt zwar einen sympathischen nostalgischen Touch aus. Das lässt aber auf mehr Gemütlichkeit und Bequemlichkeit hoffen, als der Sessel tatsächlich zu bieten vermag.
Link, Fr. 599.–, Fly
Diesen Sessel kann sich der Kunde selber zusammenstellen. Der Preis von 599 Franken bezieht sich auf die günstigste Variante: schmale Armlehnen, Typ M1, mit «Shiva»-Füssen sowie Mikrofaserbezug. Wer breitere Armlehnen und Metallfüsse bevorzugt, muss deutlich mehr investieren. Die Mehrausgabe bringt jedoch keinen spürbaren Komfortgewinn. In der hier gewählten Variante sitzt es sich weich, und die Arme lassen sich bequem aufstützen. Einziger Nachteil: Die Sitztiefe von 92 cm ist zum entspannten Sitzen zu lang, zum Liegen aber zu kurz.
Fazit: Link ist ein Sessel, der sich mit vielen anderen Möbeln problemlos kombinieren lässt. Er passt auch als Einzelstück in fast jede moderne Wohnlandschaft.
Jago, Fr. 599.–, Interio
Ein gemütlicher Sessel – ideal zum Lesen, Plaudern und Philosophieren. Für all das ist dieses eher zierliche Möbel genau richtig proportioniert. Beim längeren Ausspannen bleibt es jedoch nur unter dem Gesäss bequem. Für den Rücken ist die Polsterung aus Federn auf die Dauer zu weich. Zudem sind die Armlehnen zu niedrig. Ergonomisch ist dieser Sessel also nicht perfekt. Dafür besticht er optisch: Die klassische Kombination von einem Gestell aus Eichenholz und einem Bezug aus Büffelleder wirkt gleichzeitig rustikal und modern.
Fazit: Kein Blender, aber ein Sessel, der überall hinpasst: sowohl in die neue Wohnung als auch zu älteren Möbeln.
Filou, Fr. 579.–, Micasa
Beim Filou stehen in der Lederausführung neun Farben zur Wahl. Den Sessel gibt es auch in ebenso vielen Farben mit Stoffbezug. Dann kostet er 399 Franken. Aufgrund seiner Dimensionen (66 cm x 68 cm x 67 cm) und dank seinen kurzen Chromstahlfüssen wirkt das Möbel zurückhaltend und zierlich. Es lässt sich problemlos kombinieren. Wer sich in den Filou setzt, wird zuerst von der geringen Sitzhöhe (37 cm) angenehm überrascht. Doch auf die Dauer schwindet die Bequemlichkeit. Die Rückenlehne dürfte höher sein, die Armlehnen wünscht man sich niedriger. Und statt einer weichen Polsterung spürt man unterm Gesäss bald schon hartes Sitzleder.
Fazit: Beim ersten Eindruck vermag der Filou zu begeistern. Doch im Dauertest wird es in diesem Sessel allmählich etwas unbequem.
Zara, Fr. 395.–, Conforama
Eigentlich kosten Ruhe- und Relaxsessel, die sich mittels Fernbedienung elektrisch verstellen lassen, meistens über tausend Franken. Umso grösser ist vielleicht die Verlockung, wenn ein solches «Wundermöbel» plötzlich für weniger als die Hälfte angeboten wird. Man setzt sich also, klickt auf die Bedienungstaste und gleitet stufenlos von der Sitz- in die Liegeposition. Störend an diesem Verwandlungskünstler ist das sich spröde anfühlende Kunstleder. Zudem wirkt der Sessel nicht wirklich gepolstert, sondern wie mit Luft aufgeblasen.
Fazit: Wer sich mit Hilfe von Strom wirklich entspannen möchte, erwartet Vertrauen erweckende Qualität. Und nicht einfach einen verstellbaren Stuhl mit Zahnklinik-Charme.
So wurden die Sessel bewertet
Drei Testpersonen beurteilten die Sessel nach folgenden Kriterien:
- Platzangebot: Note 6 gab es für einen Sessel mit einer mindestens 65 cm breiten Sitzfläche, Armlehnen und der Möglichkeit, die Beine hochzulagern. Jedes nichterfüllte Kriterium führte zu einer Note Abzug.
- Sitzkomfort: Hier zählten u. a. das Stützen von Rücken und Becken, die Sitztiefe und die bequeme Polsterung.
- Verarbeitung/Material: Hier wurde von Auge geprüft, ob die Nähte sauber verarbeitet und ob die Bezüge fehlerlos (sprich ohne Falten) aufgezogen sind. Dazu gehörte auch ein genauer Blick auf Unter- und Rückseite der Stühle.