Nach über zwei Jahren veröffentlichte das Bundesamt für Gesundheit die Verträge mit den Herstellern der Covidimpfstoffe Moderna, Pfizer, Astra Zeneca, Janssen, Novavax und Curevac. Der K-Tipp sowie Parlamentarier und Einzelpersonen hatten, gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz, Einsicht in die Dokumente verlangt. Im Sommer legte das Bundesamt für Gesundheit die Abmachungen offen – aber nur teilweise. Ein grosser Teil der Verträge ist geschwärzt.
Die wichtigsten Informationen verheimlicht das Departement von Gesundheitsminister Alain Berset nach wie vor: Wie viel Steuergeld zahlte der Bund für die Impfdosen? Welche Zusicherungen erhielt der Bund von den Herstellern zur Wirkung der Impfstoffe? Müssen die Pharmakonzerne für Gesundheitsschäden haften?
Den Impfkaufvertrag zwischen dem Bund und dem Pharmakonzern Moderna unterzeichnete die Direktorin des Bundesamts, Anne Lévy Goldblum. Im Vertrag sichert sie dem Impfstofflieferanten Vertraulichkeit zu. Und falls Medien gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz auf Transparenz pochen sollten, dürften Teile des Vertrags nur nach Rücksprache mit Moderna offengelegt werden.
Mit anderen Worten: Das Bundesamt für Gesundheit foutiert sich um das Gesetz und sichert den Impfstofflieferanten zu, dass sie über die Einsicht in die Verträge entscheiden können.
Prämienzahler haben Recht auf Transparenz
Transparenz gegenüber den Prämienzahlern verhindert das Bundesamt auch bei den Medikamentenpreisen. Beispiel: Im August 2020 verlangte der K-Tipp die Offenlegung der unter Verschluss gehaltenen Preise für elf sehr teure Medikamente.
Die Kosten für diese Medikamente sind von den Krankenkassen gedeckt. Die Begründung des K-Tipp für seinen Antrag: Die Preise werden zwischen dem Bundesamt für Gesundheit und den Pharmafirmen ausgehandelt. Die Prämienzahler haben Anspruch darauf zu wissen, wie hoch diese Preise sind. Die Kosten im Gesundheitswesen müssen transparent sein.
Ende Juli gab der Eidgenössische Öffentlichkeitsbeauftragte Adrian Lobsiger dem K-Tipp recht. Er empfahl dem Bundesamt für Gesundheit, die Verträge zu veröffentlichen.
Gegen diese Empfehlung intervenierten die Pharmafirmen beim Bundesamt für Gesundheit. Der Bund entschied Ende August im Sinne der Pharmaindustrie und verweigert weiterhin die Bekanntgabe der Preise. In seiner Verfügung schreibt das Bundesamt, die Medikamentenpreise seien Geschäftsgeheimnisse der Hersteller. Würden die Preise öffentlich gemacht, würde den betroffenen Firmen «ein Wettbewerbsvorteil genommen».
Der K-Tipp fordert die Offenlegung der Preise weiterhin. Als Nächstes wird das Bundesverwaltungsgericht darüber entscheiden.
Laut Studien der Universität Zürich führen geheime Preise nicht zu günstigeren oder rascher verfügbaren Medikamenten («Saldo» 8/2021).
Auch Krankenkassen profitieren von der Heimlichtuerei
Auch die Krankenkassen profitieren auf dem Buckel der Prämienzahler von geheimen Abmachungen. Die Kassen erhalten auf dem Umsatz bestimmter Medikamente Kickbacks – das sind Rückzahlungen von den Pharmakonzernen. Es gibt rund 65 verschiedene Berechnungsmodelle zu vertraulichen Preisen: Manche Hersteller erstatten Geld für jede verkaufte Packung, andere, wenn der Jahresumsatz mit ihrem Medikament eine bestimmte Grenze überschreitet. Die Hersteller rechnen entweder direkt mit der Kasse ab oder sie zahlen in einen Geldtopf aller Krankenkassen ein, in die «gemeinsame Einrichtung KVG». Im ersten Halbjahr 2022 kamen bereits 13 Millionen Franken an Rückerstattungen zusammen. Wofür die Kassen die Kickbacks der Pharmakonzerne verwenden, sagen sie nicht.