Mit viel Tamtam hat die Migros die Preise von 500 Markenartikeln gesenkt. Dank «harter Verhandlungen» seien die Importeure endlich bereit, die Währungsgewinne weiterzugeben, so die Migros.
Ein K-Tipp-Preisvergleich zeigt nun: Bei der Migros sind nicht nur Markenartikel zu teuer, sondern auch Eigenmarken-Produkte. Diese verkauft sie in ihren deutschen Filialen teils viel günstiger als in der Schweiz. Beispiel Caramelglace Crème d’or im 1-Liter-Kübel: Hergestellt wird die Glace von der Migros-Tochter Midor in Meilen ZH. In der Schweiz kostet sie Fr. 9.20, in Deutschland war sie am Stichtag in Aktion und kostete umgerechnet Fr. 5.08. Nimmt man den Normalpreis von Fr. 6.12, ist die Glace hier volle 50 Prozent teurer.
Das Beispiel zeigt: An den überhöhten Preisen in der Schweiz sind nicht nur die Importeure von Markenprodukten schuld, sondern manchmal auch die Detailhändler selber.
«Deutsche sind sehr preissensibel»
Die Migros windet sich in ihrer Stellungnahme an den K-Tipp: Die Migros Deutschland kaufe die Eigenmarken-Produkte zu den gleichen Preisen ein wie die Migros Basel. Aber die Marge sei geringer. Die Migros Deutschland müsse so geschäften. Denn: «Die deutschen Konsumenten sind sehr preissensibel.»
Die Schweizer Konsumenten offenbar nicht. Die Vermutung liegt na- he, dass die Migros- Verantwortlichen so denken. Denn in der Schweiz verlangen sie weiterhin höhere Preise.
Doch das könnte ins Auge gehen. Bereits sinken diesseits der Grenze die Umsätze der Detailhändler, jenseits der Grenze steigen sie.
Der K-Tipp hat am 9. August die Preise von gleichen Produkten bei Aldi, Lidl und Migros verglichen. Die wichtigsten Erkenntnisse:
- Alle 24 Aldi-Produkte waren in der Schweiz teurer, 4 davon gar mehr als doppelt so teuer (siehe Tabelle). Spitzenreiter ist der Deo-Roller der Marke Ombia. Er kostet in der Schweiz 160 Prozent mehr!
- Auch die Lidl-Produkte kosteten auf der Schweizer Seite allesamt mehr. Sehr viele Produkte sind doppelt so teuer. Und die Spaghetti der Marke Combino kosten fast das Dreifache.
- Bei der Migros gibt es Artikel, die in der Schweiz günstiger sind – rund jeder zehnte. Einige sind aber auch über 50 Prozent teurer.
- Die Detailhändler unternehmen übrigens einiges, um den Konsumenten den Vergleich der Preise zu erschweren:
- Aldi verwendet für die gleichen Produkte unterschiedliche Namen: So sind die Caramel-Bonbons hier unter der Marke Well&Active erhältlich, in Deutschland unter der Marke Be light. Sie sind identisch. Nur kosten die Bonbons in der Schweiz mehr als das Doppelte.
Fast gleicher Preis, aber mehr Inhalt
Die Kinder-Pingui von Ferrero gibts bei Aldi und Lidl in der Schweiz für Fr. 2.19, in Deutschland für € 1.99. Also praktisch zum gleichen Preis – könnte man meinen. Nur: In Deutschland erhalten die Kunden zu diesem Preis acht Stück, in der Schweiz nur deren vier. Mit anderen Worten: Der Preis in der Schweiz ist mehr als doppelt so hoch.
Aldi-Sprecher Sven Bradke betont, dass die gleiche Packung noch nicht auf den gleichen Inhalt schliessen lasse. «Viele Rezepturen wurden speziell den Konsumgewohnheiten der Schweizer Kundschaft angepasst», erklärt er. Welches aber beispielsweise die Unterschiede bei den Caramel-Bonbons sind, sagt Bradke nicht.
Er begründet die Preisunterschiede zwischen Deutschland und der Schweiz mit Zöllen, höheren Bodenpreisen, Mieten, Transport- und Logistikkosten in der Schweiz. Gleich argumentiert Lidl und erwähnt noch Werbe- und Personalkosten. Und: Vor allem Landwirtschaftsprodukte könnten «kaum oder nur gegen sehr hohe Zölle importiert» werden.
So hat der K-Tipp die Preise verglichen
Der K-Tipp hat Filialen von Aldi, Lidl und Migros in Basel und in Lörrach (D) besucht. Dort steht eine der fünf deutschen Migros-Filialen. Drei weitere gibt es in Frankreich.
In den neuen Preisvergleich aufgenommen hat der K-Tipp nur identische Produkte, die auch in gleicher Packungsgrösse erhältlich waren. Der Euro ist zum am Vergleichstag gültigen Notenkurs von Fr. 1.11 umgerechnet.
Die deutsche Mehrwertsteuer ist bei Lidl und bei der Migros voll abgezogen. Bei Aldi ist die Mehrwertsteuer nur zu drei Vierteln abgezogen. Den Rest behält die Firma, die die MwSt.-Rückerstattung im Auftrag von Aldi abwickelt, für sich. Wichtig: Bei Aldi gibts die Mehrwertsteuer erst ab einem Einkauf von € 40.– zurück.
In den Tabellen sind besonders krasse Beispiele aufgelistet. Die letzte Spalte zeigt, wie viel Prozent Schweizer Konsumenten gegenüber Kunden in Deutschland fürs gleiche Produkt drauflegen.