Der Halbjahresgeschäftsbericht der Swisscom zeigt: Die Privatkunden lassen beim Staatsbetrieb die Kasse klingeln. Der Umsatz in dieser Sparte betrug rund 2,5 Milliarden Franken. Nach Abzug von Löhnen, Mieten und allen anderen Ausgaben blieben der Swisscom rund 1,5 Milliarden. Damit steigt die Bruttomarge vor ­Abschreibungen und Netzkosten auf fast 60 Prozent. Unglaublich: Mit ­einem Schweizer Haushalt, der zum Beispiel für 300 Franken pro Monat telefoniert, TV schaut und im Internet surft, erwirtschaftet die Swisscom vor Abschreibungen fast 180 Franken.


Orange begnügt sich mit der Hälfte

Orange als direkter Konkurrent in der Schweiz kann von solchen Margen bei Privatkunden nur ­träumen. Laut Mediensprecherin Therese Wenger rechnet Orange mit rund 26 Prozent. Das ist nicht einmal die Hälfte von dem, was die Swisscom einstreicht.

Sunrise kommt fürs erste Halbjahr 2012 bei den ­Privatkunden mit einer Marge von rund 51 Prozent zwar in die Nähe der Swisscom. Doch der Marktleader verdient mit seinen Privatkunden noch immer deutlich besser als Orange – die Nummer zwei im Schweizer Telecommarkt.

Im Vergleich zu ausländischen Telecom-Unternehmen ergibt sich ein ähnliches Bild: Weder die Deutsche Telekom noch France Télécom noch der nordamerikanische Gigant AT&T schaffen es in die Nähe der Swisscom-Marge (siehe Kasten).

Im Detail: Die Swisscom erzielte mit ihren Privat- und Geschäftskunden im ersten Halbjahr 2012 eine Gewinnmarge von 45,2 Prozent. Das sind rund 14 Prozent mehr Betriebs­gewinn als die Deutsche Telekom, 11 Prozent mehr als AT&T und 9 Prozent mehr als die Franzosen in ihrem jeweiligen Heimmarkt. Nur Telecom Italia schafft es, die extrem hohe Marge von Swisscom um rund 3 Prozent zu übertreffen, wie Ute Haibach von der Bank Sarasin für den K-Tipp errechnet hat.

Nicht einmal Vertreter des mit Abstand bedeutendsten Industriezweigs Deutschlands – der Autobranche – kommen an die Profite der Swisscom her­an: Beim Edellimousinen-Hersteller Daimler (Mercedes) liegt die Marge 26 Prozent tiefer. Und zu Volkswagen – immerhin der grösste Autohersteller Europas  – beträgt die Differenz rund 24 Prozent.

Noch krasser sind die Unterschiede, wenn man die Zahlen der Swisscom mit denen anderer Branchen vergleicht. Die grössten Schweizer Detailhändler Migros und Coop sind punkto Marge kleine Fische: Mit jedem Franken Umsatz erreicht die Swisscom im Vergleich zu den beiden Grossverteilern eine rund viereinhalbmal so hohe Gewinnmarge.

Die hohen Gewinne des Staatsbetriebs stossen auch bei Politikern auf Kritik. Evi Allemann, SP-Nationalrätin und Mitglied der Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen, erklärt, Gewinn sei zwar «per se nicht nur schlecht», weil er Investionen ermögliche. Aber: «Die Swisscom darf die Interessen der ­Aktionäre nicht höher gewichten als jene der Kundinnen und Kunden.»


Unterschriftenbogen: Bestellen oder herunterladen


Mit der Volksinitiative «Pro Service public» wollen ­der K-Tipp und «Saldo» dafür sorgen, dass Bundes­betriebe wie SBB, Post und Swisscom den Bürgern einen guten und bezahlbaren Service bieten.

Unterschriftenbogen können Sie bestellen bei K-Tipp, «Pro Service public», Postfach 431, 8024 Zürich, über Tel. 044 266 17 17 oder unter www.proservice ­public.ch herunterladen. Wichtig: Auf einem ­Bogen dürfen sich nur Stimm­berechtigte der­selben politischen ­Gemeinde eintragen. Senden Sie bitte auch nicht voll ausgefüllte Listen ein!


Gegendarstellung Swisscom

Der K-Tipp hat in seiner Ausgabe vom 5. September 2012 und auf der Website mehrfach behauptet und grafisch dargestellt, Swisscom mache bei den Privatkunden auf einen Franken Einnahmen vor Abschreibungen 60 Rappen Gewinn.

Diese Aussage «60 % Gewinn» ist falsch. Swisscom hat im ersten Halbjahr 2012 einen Gewinn von 16 % erzielt. Der korrekte Wert enthält die Kosten des Netzbetriebs und der eingesetzten Informationstechnik (Netz und IT). Ohne diese Aufwendungen und Investitionen könnten die Kunden weder telefonieren noch das Internet oder das TV-Angebot nutzen. Selbst wenn man die Investitionen in die Netze und weitere Kosten weglässt, betrug der EBITDA (d.h. das Betriebsergebnis vor Abschreibungen, Zinsen und Steuern) im schweizerischen Telekom-Geschäft nicht 60 %, sondern rund 45 %.

In den Geschäftsberichten von Swisscom steht deutlich, dass der vom K-Tipp zitierte Wert von 60% lediglich einen Deckungsbeitrag im Privatkundengeschäft darstellt, den man als «Bruttomarge vor Netzkosten und Investitionen» bezeichnen könnte. Es ist aber keineswegs der Gewinn, welchen Swisscom mit ihren Privatkundinnen und -kunden erzielt.     Swisscom AG