Auf den Internetseiten der Kantone stehen den Bewohnern verschiedene Dienstleistungen zur Verfügung. Wer diese nutzt, gibt teilweise höchstpersönliche Daten ein – zum Beispiel bei der Einwohnerkontrolle, der Polizei oder dem Betreibungsamt. Darum ist es wichtig, dass die Kantone diese sensiblen Daten gut schützen.
Doch eine Analyse der 26 Internetseiten der Kantone zeigt: 13 liefern aktiv Daten der Bürger an ausländische Unternehmen. In 12 Websites der Kantone sind sogenannte Tracker eingebaut, die das gesamte Surfverhalten der Besucher dieser Internetseiten überwachen. Die Tracker stammen von ausländischen Unternehmen, welche diese Daten sammeln und analysieren. So erfahren Google & Co. beispielsweise, ob sich jemand scheiden lassen will, wer ein Betreibungsproblem hat oder Sozialhilfe bezieht.
Der K-Tipp analysierte, an wen die Tracker der kantonalen Internetseiten Daten übermitteln. Resultat: AG, FR, GE, GR, JU, SG, TI, VD und VS liefern Daten der Bürger an Google in die USA. Der Kanton Bern liefert die Daten an den US-Softwarekonzern Adobe, Luzern an die US-Statistikfirma Webtrends, Basel-Stadt an die dänische Statistikfirma Siteimprove. Alle diese Unternehmen verkaufen die in der Schweiz erhobenen Daten an Werbefirmen weiter – dafür verlangen sie kein Geld für ihre statistischen Auswertungen der kantonalen Websites.
Amazon weiss über Bussen Bescheid
Die Kantone Graubünden, Jura und Thurgau speichern ihre Internetseiten teilweise bei Amazon. Die US-Firma weiss deshalb genau, was die Schweizer Besucher auf den Kantonsseiten suchen, welche Dienste sie beispielsweise nutzen, welche Dokumente sie herunterladen und bei welchen Behörden die Bürger sich erkundigen.
Beispiel: Der Kanton Graubünden hat auf seiner Website den Statistikdienst Google Analytics eingebaut und Teile der Website bei Amazon gespeichert. Folge: Wenn jemand bei der Bündner Kantonspolizei im Internet eine Busse bezahlen will, erfahren das auch Google und Amazon. Surft man auf die Kantonsseite und ist gleichzeitig bei Google oder Amazon eingeloggt, kennen diese Internetfirmen nicht nur die IP-Adresse des Computers, sondern auch den Namen des Benutzers. Und wissen aufgrund der Bezahlung der Busse, wer sich strafbar gemacht hat.
Es geht auch anders: 13 Kantone schützen die Daten ihrer Bürger gut: AI, AR, BL, GL, NE, NW, OW, SH, SO, SZ, UR, ZG und ZH. Deren offiziellen Internetseiten schicken keine Daten an Dritte.
Genf und Waadt wollen reagieren
Hernani Marques vom Schweizer Chaos Computer Club findet es «unhaltbar», dass Bürger die Kantons-Websites nicht ohne Tracking besuchen können. «Die US-Datensammler können so nachvollziehen, für welche Inhalte sich die Bevölkerung interessiert.» Mit solchen Profilen könnten Kampagnen zur Wahlbeeinflussung erstellt werden, wie dies etwa Cambridge Analytica praktizierte.
Aargau, Bern, Graubünden und Wallis wollen nichts ändern und schreiben, sämtliche Daten würden anonymisiert verschickt. Ganz anders Genf und Waadt: Sie versprechen Google Analytics abzuschalten. Basel-Stadt, Glarus, Luzern, Freiburg, St. Gallen, Tessin und Jura tun vorerst nichts.
Auch der K-Tipp benützt Google Analytics. Die Daten werden jedoch anonymisiert.
So schützen Sie sich
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