Die Übersterblichkeit sei in den letzten Jahren markant höher gewesen als in den Jahren zuvor. Diese Meldung verbreiteten diverse Medien in den vergangene Wochen: «Diese Übersterblichkeit ist wirklich aussergewöhnlich und historisch», schrieb etwa der «Tages-Anzeiger» am 11. Januar. Das Fernsehen SRF fragte am 10. Februar auf seinem Newsportal: «Weshalb kam es 2022 zu so vielen unerwarteten Todesfällen?» Und die NZZ schrieb am 4. Februar über die «Hintergründe der hohen Übersterblichkeit».
Grippe- und Hitzejahre fordern viele Leben
Was viele nicht wissen: Die Zahlen zur Übersterblichkeit basieren auf einer Prognose der Behörden zur Anzahl Todesfälle im kommenden Jahr und einem Vergleich mit den tatsächlich Verstorbenen.
Die Folge: Je tiefer die Prognose, desto höher ist die Übersterblichkeit – und umgekehrt. Die Aussagekraft dieser Zahlen ist also sehr beschränkt.
Wer wissen will, ob in der Schweiz in einem Jahr überdurchschnittlich viele Menschen gestorben sind, sollte einen Blick auf die Zahlen des Bundesamts für Statistik über die tatsächlich Verstorbenen werfen. Sie zeigt: 2020, im ersten Jahr der Coronapandemie, starben mit 8,8 Menschen pro 1000 Einwohner tatsächlich mehr Leute als im Durchschnitt der vorangegangenen 20 Jahre. Bereits 2000 war aber die Zahl der Todesfälle mit 8,7 pro 1000 Einwohner ähnlich hoch. Damals grassierte eine heftige Grippe.
Drei Jahre später lag die Zahl der Todesfälle bei 8,6 pro 1000 Einwohner: Im Jahr 2003 litt die Schweiz unter einer langen Hitzeperiode.
Wegen einer Grippewelle war die Zahl von 8,1 Verstorbenen pro 1000 Einwohner auch 2015 hoch. Zum Vergleich: Im zweiten Coronajahr 2021 starben total 8,2 Menschen pro 1000 Einwohner, 2022 waren es 8,3. In einem Jahr ohne Extremereignisse wie 2019 lag die Zahl dagegen bei 7,9 pro 1000 Einwohner.
Die Zahlen zu den tatsächlich Verstorbenen zeigen: In Jahren mit extremen Wetterbedingungen, heftigen Grippewellen oder leicht übertragbaren Infektionskrankheiten wie Covid-19 steigen die Todeszahlen an, und danach nehmen sie wieder ab.