Der japanische Autohersteller Toyota rief Anfang April weltweit 6,5 Millionen Fahrzeuge in die Werkstätten zurück. In der Schweiz sind rund 18 000 Autos betroffen. Toyota musste bereits zwischen 2009 und 2011 weltweit über 10 Millionen Autos zurückrufen. Grund: klemmende Gaspedale und rutschende Fussmatten. Diese Mängel sollen mehrere tödliche Unfälle verursacht haben.
Toyota ist keineswegs der einzige Autokonzern, der mit Qualitätsproblemen kämpft. Das zeigt die jüngste Studie von Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management im deutschen Bergisch Gladbach. Bratzel wertet seit 2005 die Rückrufaktionen der Automobilhersteller aus. Dabei stützt er sich auf den US-Markt. Dieser ist aufgrund der Zahl der verkauften Autos, der relativ scharfen Sicherheitsrichtlinien und des hohen Klagerisikos «ein besonders aussagekräftiger Indikator für die Produktqualität der Autokonzerne».
Die Studie zeigt, dass letztes Jahr so viele Autos zurückgerufen wurden wie noch nie. Allein in den USA mussten 20,5 Millionen Personen- und Lieferwagen bis 3,5 Tonnen in die Garage.
USA: Mehr Autos zurückgerufen als neue verkauft
Setzt man die Anzahl der zurückgerufenen Autos im Jahr 2013 ins Verhältnis zu den verkauften Fahrzeugen in den USA, ergibt sich eine Rückrufquote von 131 Prozent. Diese Quote liegt über 100 Prozent, da Modelle mehrerer Baujahre zurückbeordert wurden. Im Klartext: Im letzten Jahr wurden in den USA mehr Autos zurückgerufen als neue Fahrzeuge verkauft.
Negativ-Spitzenreiter in den USA im Jahr 2013 ist der koreanische Konzern Hyundai-Kia mit einer Quote von 263 Prozent. Hauptgrund für die Rückrufe waren Bremslichtmängel bei 20 Modellen beider Marken. Mit 258 Prozent weist Fiat/Chrysler die zweithöchste Rückrufquote auf. Dafür verantwortlich waren in erster Linie Jeep-Modelle älterer Baujahre. Toyota hat im letzten Jahr auf dem US-Markt 5,3 Millionen Autos zurückbeordert. Grund waren unter anderem Airbags, die sich versehentlich entfalten oder Metallteile umherschleudern könnten. Damit erreichen die Japaner eine Quote von 237 Prozent und Rang 3 in der Negativrangliste. Auf Rang 4 folgt BMW mit einer Rückrufquote von 233 Prozent.
Die tiefsten Rückrufquoten 2013 erzielten laut der Untersuchung Volkswagen/ Audi/Porsche mit 12, Jaguar/ Land Rover mit 10, Tesla mit 6 und Daimler (Mercedes-Benz) mit 0,2 Prozent.
Eine wichtige Ursache für die Qualitätsprobleme ist laut Bratzel die technische Komplexität der Wagen: je komplexer, desto anfälliger. Fast 60 Prozent der sicherheitsrelevanten Mängel entfallen auf Insassenschutzeinrichtungen wie Airbags und die Elektronik.
Die Qualität verschlechtert sich laut Bratzel aber auch, weil die Hersteller immer schneller neue Modelle auf den Markt bringen. Sie verlassen sich dabei immer häufiger auf externe Zulieferer. Und sie verwenden in möglichst vielen Modellen die gleichen Bestandteile. Das führt zu einem Klumpenrisiko. Ein Beispiel ist der erwähnte letztjährige Grossrückruf der Marken Hyundai und Kia wegen Bremslichtproblemen.
In der Schweiz erfasst das Bundesamt für Strassen seit vier Jahren die Rückrufaktionen. Im Jahr 2010 waren es 125 Rückrufe, im letzten Jahr 195. In den Jahren dazwischen lag die Zahl bei 266 und 234.
Toyota Schweiz sagt, dass alle Fahrzeuge zurückbeordert werden, bei denen die Qualität nicht stimme – unabhängig vom Absatzmarkt. Man rufe als qualitätsbewuster Hersteller Autos auch bei Problemen zurück, die nicht sicherheitsrelevant sind Rückrufaktionen sind teuer und schaden dem Image. Je nach Gesetzgebung drohen bei unterlassenen Rückrufen Strafen und Klagen in Millionenhöhe. In dieser Situation befindet sich zurzeit General Motors in den USA: Seit mehr als zehn Jahren war dem Autobauer bekannt, dass seine Zündschlösser fehleranfällig sind. Der Defekt führte wohl zu mehreren Todesfällen. Den Rückruf von 2,6 Millionen Fahrzeugen veranlasste GM jedoch erst dieses Jahr.
Infos zu Rückrufen in der Schweiz: www.auto-schweiz.ch/service/rueckrufe
Pannenstatistik: Kein Zusammenhang mit Rückrufen
Der Touring Club Schweiz veröffentlicht mit dem deutschen Automobilclub ADAC jedes Jahr eine Pannenstatistik. Es handelt sich dabei um eine repräsentative Auswertung von 500 000 technischen Pannen. Laut Helmut Klein vom ADAC lässt sich zwischen den Autorückrufen der Hersteller und der Pannenstatistik «kein unmittelbarer Bezug» herstellen. Ein Blick in die aktuellste Pannenstatistik für das Jahr 2012 bestätigt das: Am häufigsten waren Panneneinsätze wegen Batterieproblemen. 31,7 Prozent der Einsätze entfielen auf diese Kategorie. Weitere relevante Ursachen für technische Pannen waren Probleme bei Einspritzanlage (10 Prozent) und Zündanlage (9,9 Prozent). Hersteller Toyota, der seit 2009 besonders viele Autos zurückrufen musste, schneidet im Vergleich zu Fahrzeugen der gleichen Klasse jeweils im Mittelfeld ab. Die Pannenstatistik findet man online unter:
www.adac.de/infotestrat/unfall-schaeden-und-panne/pannenstatistik/default.aspx.