Radio- und TV-Gebühren: Irreführende Propaganda
Fast alle Computer-Besitzer müssten Radio- und Fernseh-Gebühren berappen, wenn es nach der Billag ginge. Geht es aber nicht.
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K-Tipp 2/2005
26.01.2005
Wer einen PC besitzt, müsse Empfangsgebühren zahlen, «wenn der Empfang von Radio- und/oder TV-Programmen technisch möglich und das Gerät betriebsbereit» sei. Dies verkündete die Gebühreneintreiberin Billag in einer Broschüre, die Anfang Januar in drei Millionen Haushalte flatterte.
Viele K-Tipp-Leser sind darüber beunruhigt, denn die von der Swisscom-Tochter genannten Kriterien - Breitband-Internetanschluss und Software wie Mediaplayer - gehören fast zur Standardausrüs...
Wer einen PC besitzt, müsse Empfangsgebühren zahlen, «wenn der Empfang von Radio- und/oder TV-Programmen technisch möglich und das Gerät betriebsbereit» sei. Dies verkündete die Gebühreneintreiberin Billag in einer Broschüre, die Anfang Januar in drei Millionen Haushalte flatterte.
Viele K-Tipp-Leser sind darüber beunruhigt, denn die von der Swisscom-Tochter genannten Kriterien - Breitband-Internetanschluss und Software wie Mediaplayer - gehören fast zur Standardausrüstung. Doch so klar, wie die Billag glauben macht, ist die Sache nicht.
Jetzt krebst Billag zurück
Das Radio- und Fernsehgesetz stellt nämlich auf den Willen des Computer-Besitzers ab. Konkret heisst es dort: «Wer Radio- und Fernsehprogramme empfangen will, muss dies der zuständigen Behörde vorgängig melden und hat eine Empfangsgebühr zu bezahlen.» Benützt jemand seinen Computer nur zum Arbeiten, Surfen und Spielen, fällt er also nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht unter diese Regelung.
Damit ist Billag-Sprecher Jonny Kopp gar nicht einverstanden. Er beruft sich auf die Verordnung zum Gesetz. Danach ist gebührenpflichtig, wer ein Gerät betreibt, das zum Empfang «geeignet ist».
Bloss: Eine Verordnung ist dem Gesetz immer untergeordnet. «Bei einem Widerspruch gilt das Gesetz», bestätigt Medienrechtsprofessor Christoph Beat Graber von der Uni Luzern. Für ihn ist deshalb klar: «Da die meisten Computer-Besitzer mit ihren Geräten nicht fernsehen wollen, müssen sie auch keine Gebühren zahlen.» Das gelte auch für die Handy-Besitzer.
Die Billag räumt mittlerweile ein, dass die in ihrer Broschüre erwähnte PC-Ausrüstung allein keine TV-Gebührenpflicht auslöst. Dafür bräuchte es zusätzlich ein Abo bei einem Streaming-Dienst - wie etwa Netstream. «Wir werden dies mit dem nächsten Rechnungsversand klarstellen», verspricht Mediensprecher Kopp.
Unnachgiebig gibt er sich hingegen bei den Fernseh-Gebühren für UMTS-Handys, obwohl deren Empfangsqualität teilweise miserabel ist, wie der Kassensturz kürzlich berichtete. Und: Zahlen muss man laut Kopp auch für PCs und Handys, die Radioprogramme live empfangen können - und das können die meisten.
Gebühren sind einmal pro Haushalt fällig
Hinter diese Forderung setzt Rechtsprofessor Graber ebenfalls ein Fragezeichen: «Ob hier eine Gebührenpflicht besteht, wäre zuerst in einem Pilotprozess zu klären.» Die Billag bewegt sich also auch hier mit ihrer Behauptung auf unsicherem Boden.
Wichtig: Keine Sorgen machen muss sich, wer bereits für ein Radio- oder TV-Gerät Gebühren zahlt. Er muss dann weder für den Computer noch fürs Handy in die Tasche greifen. Denn die Gebühren sind pro Haushalt geschuldet. Wer einmal bezahlt hat, darf - auch im Auto oder im Ferienhaus - beliebig viele Geräte betreiben.
(thm)