Rechtliches Labyrinth
Wenn das neue Auto streikt oder die Ferien ein einziger Ärger waren, bleibt Kunden oft nur der Gang zum Gericht. Dafür sollen sie auch in Zukunft zahlen, findet der Bundesrat.
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K-Tipp 12/2003
18.06.2003
Thomas Müller - tmueller@ktipp.ch
Der Auftrag in der Bundesverfassung ist klar: Die Kantone müssen für Streitigkeiten zwischen privaten Konsumenten und gewerblichen Anbietern ein «einfaches und rasches Gerichtsverfahren» vorsehen. Dieses Verfahren ist zum Beispiel anwendbar beim Streit eines Kunden mit seiner Leasinggesellschaft oder seinem Telefonanbieter. Und zwar immer dann, wenn es um höchstens 20 000 Franken geht.
Die meisten Kantone haben sich für die Konsumenten kein Bein ausgerissen. Sie behandeln Ko...
Der Auftrag in der Bundesverfassung ist klar: Die Kantone müssen für Streitigkeiten zwischen privaten Konsumenten und gewerblichen Anbietern ein «einfaches und rasches Gerichtsverfahren» vorsehen. Dieses Verfahren ist zum Beispiel anwendbar beim Streit eines Kunden mit seiner Leasinggesellschaft oder seinem Telefonanbieter. Und zwar immer dann, wenn es um höchstens 20 000 Franken geht.
Die meisten Kantone haben sich für die Konsumenten kein Bein ausgerissen. Sie behandeln Konsumentenschutzverfahren grundsätzlich gleich wie normale Zivilprozesse. Für diese gelten aber in jedem Kanton andere Regeln. So sind sie in einigen Kantonen schriftlich, in anderen mündlich. Einige Kantone kennen vorgängig ein Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichter, andere nicht.
Damit soll nun Schluss sein: Noch diesen Monat will der Bundesrat einen Vorentwurf für ein einheitliches Zivilprozessrecht in die Vernehmlassung schicken. Der Vorschlag ist zwar noch nicht öffentlich. Laut gut unterrichteten Quellen regelt er das Konsumentenschutzverfahren aber wie folgt:
Zuerst gibts ein Schlichtungsverfahren
- Konsumenten müssen zuerst ein Schlichtungsverfahren einleiten. Das entsprechende Formular können sie vom Internet herunterladen und an die zuständige Stelle - in der Regel den Friedensrichter - mailen. Für das Schlichtungsverfahren müssen sie einen Kostenvorschuss von einigen hundert Franken leisten.
- Kommt bei der Schlichtungsverhandlung keine Einigung zu Stande, erhält der Konsument die Klagebewilligung. Damit kann er innert zwei Monaten ans Gericht gelangen.
Auch dafür soll in Zukunft im Internet ein Formular zur Verfügung stehen, wie Dominik Gasser, Projektleiter beim Bundesamt für Justiz, bestätigt: «Der Rechtsweg soll niederschwellig sein. Laien sollen ihn ohne Hilfe eines Anwalts beschreiten können.»
- Das Verfahren ist in der Regel mündlich. Ob ein Einzelrichter oder ein Kollegialgericht zuständig ist, entscheidet jeder Kanton selber. Das Gericht fällt das Urteil nach Anhörung der Parteien.
- Die Kosten, die laut Projektleiter Gasser «wesentlich tiefer» sein werden als bei einem ordentlichen Prozess, trägt wie üblich der Verlierer. Neu ist der Vorschlag des Bundesrats, ähnlich wie beim Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz, einen Gebührentarif zu erlassen.
An der geplanten Regelung kritisieren Konsumentenschützer vor allem zwei Punkte: das vorgeschaltete Schlichtungsverfahren und die Kosten. «Der Schlichtungsversuch führt zu einer Verschleppung und eben gerade nicht zum raschen Verfahren, das die Bundesverfassung vorschreibt», bemängelt Hans Ruedi Schmid, Leiter der Rechtsberatung von K-Tipp und Saldo.
Ein Dorn im Auge sind Schmid aber vor allem die Kosten von einigen hundert bis einigen tausend Franken: «Sie stehen meist in keinem Verhältnis zum oftmals geringen Streitwert und werden viele Kunden davon abhalten, ein Konsumentenschutzverfahren überhaupt einzuleiten.»
Genau deshalb sind etwa Verfahren vor Arbeitsgerichten (bis zu 30 000 Franken Streitwert) und Mietschlichtungsstellen in der ganzen Schweiz kostenlos. Dies sollte auch für Konsumentenschutzverfahren gelten, so Schmid, «sonst bleibts bei einem halbherzigen Vorschlag, der unter dem Strich keine Verbesserung bringt».
Konsumentenverfahren: Fragen Sie nach den Kosten!
Falls Sie gegen einen professionellen Anbieter (Autohändler, Möbelverkäufer etc.) gerichtlich vorgehen wollen, können Sie das schon heute im Konsumentenschutzverfahren tun, das nach dem Gesetz einfacher und rascher ablaufen sollte als ein normaler Prozess. Es ist immer anwendbar, wenn es um weniger als 20 000 Franken geht.
Erkundigen Sie sich beim erstinstanzlichen Gericht (Bezirksgericht, Amtsgericht), wie dieses Verfahren in Ihrem Kanton geregelt ist, wie Sie vorgehen müssen und wer zuständig ist. Wichtig: Fragen Sie auch nach den Kosten. Denn Konsumentenschutzverfahren sind entgegen einer weit verbreiteten Ansicht nicht unentgeltlich.