Bilder im Internet zeigten in den letzten Monaten ungewohnte Zustände am Flughafen Zürich: Warteschlangen stauen sich von der Sicherheitskontrolle bis weit in den Check-in-Bereich hinein. Viele Passagiere müssen lange anstehen, laut Betroffenen bis zu zwei Stunden. Die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich dagegen sagt, die Wartezeit betrage im Durchschnitt nur «knapp 20 Minuten» bei «deutlich höheren Spitzen».
Die Passagierstaus sind schwer verständlich. Denn die Organisatoren wissen, wie viele Reisende sie wann für welche Flüge kontrollieren müssen. Die langen Wartezeiten haben einen einfachen Grund: Die Zürcher Polizei baute am Flughafen massiv Personal ab.
Die Geschäftsberichte der für die Sicherheitskontrollen zuständigen Kantonspolizei zeigen: Ende 2019 beschäftigte diese am Flughafen 991 Sicherheitsangestellte. Ende 2022 waren es noch 783. Die Polizei sparte also 208 Stellen ein.
Weniger Lohnkosten, mehr Einnahmen
Das Sicherheitspersonal ist überwiegend im Stundenlohn angestellt. Laut Stellenausschreibung erhalten die Sicherheitskontrolleure 33 Franken pro Stunde. Hinzu kommt bei Nacht- und Wochenendarbeit ein Zuschlag von Fr. 6.50 pro Stunde. Bei über 200 abgebauten Stellen spart die Polizei so also Lohnkosten von mindestens 15 Millionen Franken pro Jahr.
Der Stellenabbau senkt die Kosten. Denn die Zürcher Kantonspolizei erhält trotz 20 Prozent weniger Personal gleich viel Geld wie zuvor. Der Flughafen entschädigt die Polizei für die Sicherheitskontrollen gemäss eigenen Angaben mit einem fixen Betrag von 5 Franken pro abfliegenden Passagier.
Die Polizisten gehen am Zürcher Flughafen auch auf Patrouille. Dafür und für andere polizeiliche Aufgaben gibt es weitere Fr. 4.10 pro Passagier. Total kassierte die Polizei im letzten Jahr gemäss dem Geschäftsbericht des Flughafens rund 97,4 Millionen Franken.
Das bedeutet: Je mehr Reisende den Zürcher Flughafen benutzen, desto höher sind die Einnahmen der Kantonspolizei. Und je weniger Personal sie einsetzt, desto mehr spart sie. Leidtragende sind die Passagiere, die lange Schlange stehen müssen.
Die Zürcher Kantonspolizei schreibt dem K-Tipp, der Grund für den Personalmangel sei «die natürliche Fluktuation bei den Angestellten». Man wolle aber wieder mehr Personal einstellen. Präzise Angaben dazu macht sie nicht.
Zum Stellenabbau sagt ein Sprecher lapidar: Man habe nicht damit rechnen können, dass die Passagierzahlen nach der Corona-Pandemie wieder so schnell zunehmen würden. Allerdings: Laut einem Insider bildete die Kantonspolizei während der Pandemie bewusst keine neuen Mitarbeiter aus, um Kosten zu senken.
Passagiere zahlen in Zürich am meisten
Passagiere zahlen am Flughafen Zürich eine Sicherheitsgebühr von insgesamt 13 Franken. Denn neben der Polizei erhalten auch private Sicherheitsfirmen einen Teil des Gelds. Und der Flughafen finanziert damit auch den Kauf und die Wartung der Kontrollgeräte.
An anderen Flughäfen ist die Sicherheitsgebühr deutlich tiefer. Der Mailänder Flughafen etwa verlangt pro abfliegenden Passagier nur Fr. 2.48, Basel 8 Franken, Wien Fr. 8.59, München Fr. 9.10 und Frankfurt 10 Franken.
Gegendarstellung
Im K-Tipp vom 7. Juni 2023 wird behauptet, die Flughafenpolizei habe mehr als 200 Stellen gestrichen und kassiere trotzdem noch immer gleich viel Geld für ihren Service. Die Flughafenpolizei habe seit 2019 208 Stellen und damit Lohnkosten von mindestens 15 Mio. Franken pro Jahr eingespart. Sie erhalte trotz 20 Prozent weniger Personal gleich viel Geld wie zuvor. Der Flughafen entschädige die Polizei mit einem fixen Betrag von 5 Franken pro abfliegendem Passagier.
Diese Aussagen sind falsch. Die Kantonspolizei, zu welcher die Flughafenpolizei gehört, wird von der Flughafen Zürich AG (FZAG) für die Sicherheitskontrolle pro effektiv geleisteter Einsatzstunde ihrer dafür eingesetzten Mitarbeitenden entschädigt, nicht pro abfliegenden Passagier. Mit diesen Beträgen wird lediglich der dafür eingesetzte Personalkörper finanziert. Wird weniger Personal eingesetzt, sind auch die Abgeltungen tiefer.
Es stimmt ferner nicht, dass derzeit 20% weniger Personal eingestellt ist. Dem Personalabbau während der Pandemie wegen des Zusammenbruchs des Flugverkehrs folgte ein stetiger Wiederaufbau des Personalbestands.
Kantonspolizei Zürich
Anmerkung der Redaktion: Laut Artikel 28g des Zivilgesetzbuches haben von Medienberichten Betroffene Anspruch auf eine Gegendarstellung. Offen bleibt, welche Tatsachendarstellung richtig ist. Die vom K-Tipp veröffentlichten Zahlen stützen sich auf schriftliche Angaben der Flughafen Zürich AG.