Franz Diermeier (Name geändert) wohnt in einer 2½-Zimmer-Wohnung in Uster ZH. Er zahlt pro Monat einen Mietzins von 1052 Franken brutto. Während der Mietdauer sanierte der Vermieter alle Küchen und Badezimmer seiner beiden Mehrfamilienhäuser. Daraufhin verlangte er von den Mietern mehr Geld: Diermeier sollte neu 1411 Franken zahlen – 34 Prozent mehr als zuvor.
Das wollte sich Diermeier nicht gefallen lassen: Er focht die Mietzinserhöhung gerichtlich an. Der Vermieter musste offenlegen, wie hoch die Nettorendite ist, die er auf seinen Liegenschaften erzielt. Die Berechnung ergab, dass er bereits vor der Sanierung mit den Mieteinnahmen eine Rendite von 4,7 Prozent erwirtschaftet hatte (siehe unten).
Zu hohe Rendite ist missbräuchlich
Eine so hohe Rendite ist unrechtmässig: Das Bundesgericht hielt bereits mehrfach fest, dass Vermieter nicht mehr als ein halbes Prozent Nettorendite über dem aktuellen Referenzzinssatz erzielen dürfen. Der liegt zurzeit bei 1,5 Prozent. Das heisst: Eine Rendite von über 2,0 Prozent ist missbräuchlich. Der Vermieter von Diermeier verlangte demnach einen mehr als doppelt so hohen Mietzins wie erlaubt.
Das Problem: Es ist für Mieter schwierig, einem Vermieter nachzuweisen, dass er unrechtmässig hohe Mietzinse kassiert. «Es kommt selten vor, dass Vermieter ihre Nettorenditen offenlegen müssen», sagt Ruth Dönni. Sie arbeitet als Vertrauensanwältin für den Zürcher Mieterverband und vertritt Diermeier. «Lieber geben sie vorher klein bei, weil sie wissen, dass sie vor Gericht mit ihrer überrissenen Rendite unterliegen würden.» Niemand lasse sich gerne in die Bücher schauen.
Diermeier muss vorerst keine höhere Miete zahlen. Der Fall ist vor dem Mietgericht hängig.
So wehren Sie sich gegen eine Erhöhung
Wer eine Mietzinserhöhung nicht akzeptieren will, muss sie bei der Schlichtungsbehörde anfechten. Und zwar innerhalb von 30 Tagen nach Empfang des Mietzins-erhöhungsformulars. Die 30-tägige Frist beginnt an dem Tag, an dem der eingeschriebene Brief zugestellt wurde. Wenn der Mieter die Mietzinserhöhung nicht bei der Post abholt, gilt sie dennoch am letzten Tag der siebentägigen Abholfrist als zugestellt. Mieter sollten die Erhöhung immer mit einem eingeschriebenen Brief anfechten.
Fazit: Es kann sich für Mieter lohnen, sich gegen eine Mietzinserhöhung gerichtlich zu wehren. Wer das nicht tut, akzeptiert den Mietzins und kann später nicht mehr dagegen vorgehen.
Netto-Rendite von 4,7 Prozent erzielt – zulässig sind 2 Prozent
So wurde die Nettorendite der im Artikel erwähnten Liegenschaften berechnet: Der Eigentümer kaufte im Jahr 2012 zwei Mehrfamilienhäuser in Uster ZH zum Preis von 8 517 875 Franken (inklusive Notariats- und Grundbuchgebühren). 4 Millionen Franken finanzierte er mit einer Hypothek. Der Zins dafür beträgt 2,3 Prozent. 4 517 875 Franken investierte er an Eigenkapital. Wegen rückläufiger Teuerung bis 2016 beträgt das anrechenbare Eigenkapital 4 487 782 Franken.
Aufwand pro Jahr: 92 000 Franken Hypothekarzinsen, 35 500 Franken Liegenschaftsaufwand, zirka 15 000 Franken Verwaltungskosten.
Jährliche Mieteinnahmen: 352 824 Franken.
Gewinn: 210 973 Franken – das ergibt eine Rendite auf dem Eigenkapital von 4,7 Prozent – 2 Prozent wären heute zulässig.
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