Bei der Vermarktung von Kalb- und Rindfleisch gilt in der Schweiz der Grundsatz: Kalbfleisch stammt von fünf bis höchstens acht Monate alten, Rindfleisch von ein bis zwei Jahre alten Tieren. Das ist allerdings nur eine interne Branchenregel. Es gibt keine gesetzliche Vorschrift für eine Alterslimite bei den jeweiligen Fleischsorten im Handel. Fleisch von älteren Tieren wird normalerweise verarbeitet – etwa zu Würsten oder Hackfleisch.
Die Fleischindustrie legt aber auch Fleisch von älteren Tieren als Frischfleisch in die Regale. Sie schreibt es ebenfalls als Rindfleisch an, fügt aber zum Teil noch die Ziffer «II» hinzu. Das bedeutet: Es handelt sich um Fleisch von Tieren, die in der Regel älter sind als zwei Jahre. Die Deklaration «Rindfleisch II» ist freiwillig.
Die Branchenorganisation der Schweizer Fleischwirtschaft Proviande sagt zu den beiden unterschiedlichen Qualitäten: «In der Regel kann man davon ausgehen, dass Fleisch von Tieren, die älter sind als zwei Jahre, als ‹Rindfleisch II› auf den Markt kommt.»
In den Kühlregalen von TopCC, CC Angehrn und Aligro liegt jede Menge «Rindfleisch II». Dort kaufen auch viele Restaurantbetreiber ein. Die Preise unterscheiden sich stark. Ein Kilo Rindsfilet kostet bei TopCC beispielsweise Fr. 71.65, «Rindfleisch II» aber nur Fr. 39.90. «Rindfleisch II» wird zum grössten Teil als Entrecôte, Hohrückensteak oder Filet verkauft – also als teure Edelstücke.
«Rindfleisch II» auch bei Coop und Migros
«Rindfleisch II» wird auf den Speisekarten der Restaurants aber nicht als solches deklariert. Brigitte Meier-Schmid vom Restaurant- und Hotelverband Gastrosuisse: «Es gibt sogar Speisen und Gerichte, für deren Zubereitung sich ‹Rindfleisch II› besser eignen könnte. Es wäre also verfehlt, ganz grundsätzlich von minderer Qualität zu sprechen.»
Auch Coop und Migros verkaufen «Rindfleisch II». Und auch bei den Grossverteilern ist es massiv günstiger als das andere Rindfleisch. Beispiel: Ein Kilo Hohrückensteak kostet bei Coop am Zürcher Kreuzplatz 54 Franken, als «Rindfleisch II» hingegen nur 34 Franken.
Migros-Sprecherin Monika Weibel erklärt: «In der Romandie stehen bei speziellen Aktionen auch Entrecôte und Filet aus Kuhfleisch im Angebot. Diese Stücke werden dann mit ‹Rindfleisch II› deklariert.»
Fleischsorten: Strengere Regeln nur im Ausland
Anders als in der Schweiz ist in der Europäischen Union der Verkauf von Rindfleisch gesetzlich klar geregelt. In Deutschland und Österreich etwa gibt es zwei Kategorien: Kalbfleisch und Jungrindfleisch. Kalbfleisch stammt von Tieren, die weniger als acht Monate alt sind, Jungrindfleisch von Tieren mit Alter acht bis zwölf Monate. Laut Barbara Moitz, Sprecherin der Deutschen Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, wird Fleisch «von älteren Schlachttieren als Wurst und Hackfleisch» verarbeitet.
Die Bezeichnung Rindfleisch gilt in der EU für alles andere Fleisch der Gattung Rindvieh. Die Kategorie «Rindfleisch II» für Fleisch von älteren Tieren gibt es im Gegensatz zur Schweiz nicht.