Exakt 55 860 Unterschriften in fünf Wochen – so viele haben die Petition der Konsumentenzeitschriften K-Tipp, «Saldo» und «Bon à Savoir» unterschrieben. Am 15. Juni wurde sie im Berner Bundeshaus den Behörden übergeben. Die Forderung der Unterzeichnenden: Swisscom, Sunrise und Orange sollen die sogenannten Roaming-­Gebühren für die Handybenutzung im Ausland massiv senken. Denn Schweizer zahlen im Vergleich zu EU-Bürgern für die gleiche Leistung bis zu fünfmal so viel.

Doch Bundesrätin Doris Leuthard – als Kommunikationsministerin zuständig für das Dossier – scheut davor zurück, konkrete Massnahmen anzuordnen oder auch nur ins Auge zu fassen. Sie verweist lediglich auf die hängigen Vorstösse im Parlament. Der Bundesrat sei daran, eine Stellungnahme vorzubereiten, schreibt Leuthard dem K-Tipp in einem Brief zur eingereichten Petition.   


Telecomfirmen bieten nur ein Zusatzabo

Immerhin: Wenige Tage nach der Übergabe der ­Petition machten die Tele­com­unternehmen erste kleine Zugeständnisse. Swisscom und Sunrise führten automatische Kostenlimiten für das Herunterladen von Daten ein. Orange hat angekündigt, eine gleiche Massnahme zu prüfen. Zudem wurden die Preise fürs Telefonieren und Surfen im Ausland teilweise gesenkt – allerdings nur für diejenigen Konsumenten, die ein kostenpflichtiges Zusatzabo lösen.
Das heisst: Die normalen Roamingtarife bleiben unverändert hoch. Tatsache bleibt auch: Die Telecomfirmen machen mit ihren überrissenen Roamingtarifen gemäss K-Tipp-Berechnungen rund 330 Millionen Franken Gewinn pro Jahr (siehe auch K-Tipp 12/11).

An der skandalösen Preispolitik von Swisscom, Sunrise und Orange stossen sich immer mehr Politiker. Neben Nationalrätin Ursula Wyss (SP/BE) fordert auch Thomas Fuchs (SVP/BE) in einer Motion die sofortige Senkung der überrissenen Roaming­gebühren – fünf weitere Nationalräte der SVP ­haben mitunterschrieben. Und Konrad Graber (CVP/LU) hat im Ständerat eine ähnlich lautende Interpellation eingereicht.

Damit fordern insgesamt 36 National- und Ständeräte die Senkung der Roaminggebühren auf EU-Niveau.


Zusätzlicher Profit dank Wechselkurs

Hinzu kommt: Seit Anfang Jahr ist der Euro gegenüber dem Schweizer Franken stark gesunken. War ein Euro im Januar noch rund Fr. 1.30 wert, so kostet er heute nur noch rund Fr. 1.10 – das sind rund 15 Prozent weniger. Daraus schlagen die Telecomunternehmen zusätzlichen Profit, ohne dass sie dafür eine Leistung erbringen. Denn wenn Schweizer Kunden im Ausland telefonieren, fallen die Kosten in Euro an. Die Rechnung erhält man aber in Schweizer Franken.

Konkret bedeutet das: Durch den tiefen Euro ­machen Telecomunternehmen beim Roaming rund 15 Prozent zusätzlichen Gewinn. Denn die tieferen Europreise werden nicht an die Telecomkunden weitergegeben.
Die Telecomfirmen bestreiten die Höhe der eingestrichenen Währungs­gewinne.    Christian Birmele