Rutschpartie inklusive
Ein neuartiger Pneu mit Spikes-ähnlichen Eigenschaften und die Anfahrhilfe «Snowsock» sind jetzt auf dem Markt.<br />
Experten raten jedoch davon ab.
Inhalt
K-Tipp 20/2003
26.11.2003
Georges Müller - gmueller@ktipp.ch
Schneeketten sind für ungeübte Leute immer wieder ein Ärgernis. Deshalb werden laufend neue Produkte angeboten, die eine Alternative zu den schwierig zu montierenden Ketten sein sollen. Zwei aktuelle Beispiele:
- Aufgummierte «Spikes»-Pneus: «Green Diamond» heisst ein Reifen, den das Aufgummierungswerk Rupp SA in Vevey lanciert hat. Er nimmt die Grundidee des weitgehend aus der Mode gekommenen Spikes-Reifens auf: In die Lauffläche sind kleine Körnchen aus Aluminiumoxid und Kiesel...
Schneeketten sind für ungeübte Leute immer wieder ein Ärgernis. Deshalb werden laufend neue Produkte angeboten, die eine Alternative zu den schwierig zu montierenden Ketten sein sollen. Zwei aktuelle Beispiele:
- Aufgummierte «Spikes»-Pneus: «Green Diamond» heisst ein Reifen, den das Aufgummierungswerk Rupp SA in Vevey lanciert hat. Er nimmt die Grundidee des weitgehend aus der Mode gekommenen Spikes-Reifens auf: In die Lauffläche sind kleine Körnchen aus Aluminiumoxid und Kieselkarbid eingearbeitet. Das ergebe «eine bessere Haftung als ein klassischer Winterreifen», preist ein Prospekt das Produkt an.
Die Rupp SA stützt ihre Aussage auf einen schwedischen Testbericht ab, wonach «das harte Granulat die Brems- und Lenkreibung auf Eis erhöhte».
Hingegen konnte der Touring Club (TCS) laut André Staudenmann, Leiter Technik und Wirtschaft, «keine Erhöhung der Zugkraft auf Eis und Schnee gegenüber einem guten Winterreifen» feststellen. Einen Vergleich mit herkömmlichen Stahlstift-Spikes-Reifen machte der TCS nicht.
- Polyester-Überzug: «Snowsock» oder «Auto-Socke» heisst ein in Norwegen entwickelter Polyester-Überzug für die Antriebsräder, der das Durchdrehen der Pneus auf Schnee und Eis verhindern soll. Auch in diesem Fall loben Hersteller und Verkäufer des «Sockens» die angeblich kinderleichte Montage und verbesserte Haftung. Und die Fachzeitschrift «Auto Motor Sport» diagnostizierte «deutlich bessere Brems- und Beschleunigungswerte».
Anfahrhilfen nur für kürzeste Strecken
Doch der TCS fällt abermals ein negatives Urteil. Die Socke habe eine um 30 Prozent tiefere Zugkraft als ein guter Winterreifen erzielt, schreibt Staudenmann. Zudem sei das Montieren mühsam und sie lasse sich nach Gebrauch nur mit grossem Aufwand wieder entfernen.
Also doch wieder herkömmliche Spikes-Pneus kaufen? «Diese haben keinen grossen Stellenwert mehr», winkt Walter Wiedemann von der Pneu Egger AG ab. Zum weitgehenden Verschwinden der Spikes-Reifen beigetragen haben verschiedene Vorschriften, die das Verwenden solcher Reifen stark einschränken:
Sie sind nur zwischen 1. November und 30. April erlaubt und es gelten Höchstgeschwindigkeit 80 km/h sowie ein Autobahnverbot. Für den «Green Diamond» hingegen gibt es keine Einschränkungen.
Und was ist mit Schneeketten? Im erwähnten TCS-Test haben sie im Vergleich zu Winterreifen eine Zugkraftsteigerung um 50 Prozent erzielt. «Laut Gesetz dürfen nur typengeprüfte Vollmetallketten als Schneeketten bezeichnet und auf Strassen mit Ketten-Obligatorium benützt werden», sagt Urs Künzi vom Bundesamt für Strassen (Astra). Alles andere gilt als Anfahrhilfe.
Anfahrhilfen wie der «Snowsock» können für kürzeste Strecken durchaus nützlich sein, beispielsweise um von einem zugeschneiten Parkplatz auf die geräumte Strasse zu gelangen. Derartige Produkte sind unter Namen wie «Snow Grip», «Fix & go» und «Ottinger Spike» im Handel.
Dennoch gilt: Um für alle Verhältnisse (Schnee, Eis, Nässe, Kälte sowie trockene Fahrbahnen) gewappnet zu sein, sind Winterreifen (M+S) mit guten Testergebnissen und einer Profiltiefe von wenigstens 1,6 Millimeter noch immer am besten.
Und für Notfälle lohnt es sich, im Auto typengeprüfte Schneeketten mitzuführen.
Deren Montage sollte man wenigstens einmal geübt haben - und das mit Vorteil in der warmen und trockenen Garage.