Sand in die Augen gestreut
Trotz anderslautender Meldungen: In der Schweiz gebuchte Badeferien sind oft immer noch teurer als im benachbarten Ausland.
Inhalt
K-Tipp 02/2012
22.01.2012
Letzte Aktualisierung:
24.01.2012
Gery Schwager
Das liess aufhorchen: «In der Eurozone ist alles billiger als in der Schweiz? Nein: Bei Ferienreisen trifft derzeit das Gegenteil zu», schrieb der «Tages-Anzeiger» Anfang Januar. «Blick am Abend» doppelte nach: «In Schweizer Reisebüros kosten Ferien weniger als in Deutschland – Euro sei Dank.»
Die beiden Blätter stützten sich unter anderem auf Angaben des Reisekonzerns Tui Suisse. Dieser hatte aufgrund eines ...
Das liess aufhorchen: «In der Eurozone ist alles billiger als in der Schweiz? Nein: Bei Ferienreisen trifft derzeit das Gegenteil zu», schrieb der «Tages-Anzeiger» Anfang Januar. «Blick am Abend» doppelte nach: «In Schweizer Reisebüros kosten Ferien weniger als in Deutschland – Euro sei Dank.»
Die beiden Blätter stützten sich unter anderem auf Angaben des Reisekonzerns Tui Suisse. Dieser hatte aufgrund eines internen Preisvergleichs mit Tui Deutschland vermeldet, dass Ferienpreise für 2012 in der Schweiz «um bis zu 30 Prozent tiefer» seien als im Ausland.
Begründung: Tui Suisse habe den Grossteil der Flug- und Hotelleistungen zu einem Eurokurs einkaufen können, der unter dem heutigen von der Nationalbank auf mindestens Fr. 1.20 fixierten Niveau lag. Vergleichbar argumentierend hielt auch ITS Coop Travel wenig später fest, es bestehe für Schweizer Anbieter heuer «ein Vorteil gegenüber Reiseveranstaltern mit Europreisen».
Das erweckt den Eindruck, im Sommer 2012 gehe am günstigsten baden, wer bei Schweizer Veranstaltern bucht.
Ist das wirklich so? Der K-Tipp hat in einer Stichprobe die Preise für zehn zufällig ausgewählte Familienarrangements von Tui Suisse und ITS Coop Travel ausgerechnet – und abgeklärt, wie viel der jeweils günstigste deutsche Veranstalter für die gleichen Badeferien verlangt (siehe Tabelle).
Preisdifferenzen von über 1000 Franken
Resultat: Nur gerade eines der zehn Arrangements kostete bei ITS Coop Travel und Tui Suisse am Stichtag weniger als beim günstigsten deutschen Anbieter. In allen anderen Fällen wars umgekehrt. Und dies, obwohl die Umrechnung zum eher hohen Eurokurs von Fr. 1.243 erfolgte. Bei tieferem Kurs wären die deutschen Preise für Schweizer noch etwas attraktiver gewesen.
Doch auch so gab es teils grosse Preisunterschiede. So lagen die Angebote von Tui bzw. der Tui-Marke 1-2-Fly in der Schweiz für eine vierköpfige Familie beim Sotavento Beach Club (Fuerteventura) und beim Club Stella Maris Paraiso (Ibiza) um mehr als 1000 Franken über den günstigsten deutschen Offerten. ITS Coop Travel wiederum war in einigen Fällen zwar nur minim, bei den Hotels Yadis Djerba (Tunesien) und Kermia Beach (Zypern) aber über 600 Franken teurer als der günstigste deutsche Konkurrent.
ITS Coop Travel habe nicht behauptet, grundsätzlich billiger zu sein als deutsche Anbieter mit Europreisen, sagt Geschäftsführer Andi Restle dazu. Man habe «lediglich festgestellt, dass der Währungsvorteil im Gegensatz zu früher jetzt auf unserer Seite liegt». Tui-Suisse-Sprecher Roland Schmid hält fest, die Aussage betreffend günstigere Schweizer Preise beziehe sich ausschliesslich auf einen internen Preisvergleich für identische Angebote von Tui Suisse und Tui Deutschland.
Schmid und Restle verweisen zudem darauf, dass die Reisepreise gerade in Deutschland oft schnell und recht stark variieren. Das trifft zu. Die K-Tipp-Stichprobe ist denn auch nur eine Momentaufnahme. Was aber nichts an der Empfehlung ändert: Wer Reise-Schnäppchen sucht, sollte sich auch 2012 nicht nur diesseits der Schweizer Grenze umsehen.
Ähnliches Bild bei Helvetic Tours
Auch Helvetic Tours gelangte mit der Botschaft von den tiefen Reisepreisen an die Medien.
Da unter der Euro-Wechselkurs-Grenze von Fr. 1.20 eingekauft, seien Pauschalarrangements in der Schweiz zurzeit «weitgehend günstiger als bei Buchung zum Tageskurs im benachbarten Ausland», liess der zu Kuoni gehörende Reiseveranstalter Mitte Januar verlauten.
Also hat der K-Tipp auch noch fünf Helvetic-Tours-Angebote – je eines für Zypern, Rhodos, Gran Canaria, Ägypten und Tunesien – mit absolut oder nahezu identischen Badeferien deutscher Veranstalter verglichen. Das Resultat: Nur bei einem dieser 14-tägigen Familienarrangements hatte Helvetic Tours am Stichtag die Nase vorn, nämlich beim «Kresten Palace» auf Rhodos: Dieses Angebot kostete für zwei Erwachsene und ein Kind inklusive Halbpension und Flüge beim günstigsten deutschen Veranstalter knapp 300 Franken mehr. Die anderen vier Arrangements jedoch gabs in Deutschland für weniger Geld.