Ein Jahreslohn von 494 000 Franken ist nicht schlecht. So viel verdiente SBB-Chef Benedikt Weibel im Jahr 2001. Der aktuelle SBB-Geschäftsleiter Vincent Ducrot kassierte letztes Jahr aber fast doppelt so viel.
Als Ducrot sein Amt im März 2020 antrat, erwartete man, dass er den Job zu einem massvolleren Salär machen würde als Vorgänger Andreas Meyer. Dieser hatte in knapp 14 Amtsjahren 14,1 Millionen Franken garniert – im Jahresdurchschnitt also etwas mehr als 1 Million. Doch schon 2021 war Ducrots Jahresgehalt ähnlich hoch. Laut SBB-Geschäftsbericht betrug es fast 962 000 Franken.
In dieser Summe sind aber erstmals die Beiträge des Arbeitgebers von gut 200 000 Franken an die berufliche Vorsorge enthalten. Berücksichtigt man das, dann war Ducrots Salär um 265 000 Franken tiefer als der Durchschnittslohn des Vorgängers.
Doch das ist für gewöhnliche SBB-Angestellte ein schwacher Trost. Sie verdienen einen Bruchteil ihres Chefs. Das zeigen Lohndaten der Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV. Demnach lag der maximale Brutto-Jahreslohn 2021 für Schalterangestellte bei 94 800 Franken, für Zugbegleiter bei 87 000 und für Gleismonteure bei 73 700 Franken. SBB-Chef Ducrot erhielt also letztes Jahr ein x-Faches eines Gleisbauers.
Bei der Post wuchs das Chefsalär in den vergangenen zwanzig Jahren weniger stark, wie aus den Geschäftsberichten hervorgeht. Erstaunlich ist das nicht, denn der Post-Chef verdiente bereits 2001 sehr gut. Deshalb lag der Lohn von Post-Geschäftsführer Roberto Cirillo letztes Jahr mit 821 000 Franken «nur» 115 000 Franken höher als das Gehalt von Geschäftsführer Ulrich Gygi im Jahr 2001. Ein Briefträger allerdings wagt von einem solchen Zuschlag nicht einmal zu träumen. Er verdiente im vergangenen Jahr zwar auch einiges mehr als sein Kollege vor zwanzig Jahren. Der Unterschied lag aber nur bei knapp 16 000 Franken.
Top-Verdiener bleibt der Swisscom-Chef
Der Top-Verdiener unter den Chefs der Unternehmen, die ganz oder teilweise dem Bund gehören, ist seit Jahren der Geschäftsleiter der Swisscom: Urs Schaeppis Gehalt betrug 2021 rund 1,96 Millionen Franken. Es übertraf den 2001er-Lohn von Vor-Vorgänger Jens Alder um fast 560 000 Franken. Und es war 24 Mal so hoch wie der Jahreslohn eines Teleoperateurs.
Neben solchen Salären mutet das Bundesratsgehalt mit 484 581 Franken fast schon bescheiden an. Laut Kaderlohnreporting des Bundes lag der Chef lohn im Jahr 2020 nicht nur bei Swisscom, Post und SBB höher, sondern auch bei der Finanzmarktaufsicht Finma, der Postfinance, der Waffenschmiede Ruag International Holding und der Ruag MRO Holding, der Flugsicherung Skyguide, der SRG und der Suva.
Die Volksinitiative «Pro Service public» forderte schon im Sommer 2016 unter anderem, dass Chefs von Bundesbetrieben nicht mehr verdienen dürfen als Bundesräte. Lanciert hatte sie der K-Tipp mit den Partnerzeitschriften «Bon à Savoir» in der Romandie und «Spendere Meglio» im Tessin. Nach einer massiven Nein-Kampagne von Regierung, Parlament, Parteien und Bundesbetrieben scheiterte das Volksbegehren zwar in der Abstimmung. Es hatte aber aufgezeigt, dass der Unmut in der Bevölkerung über die fürstlichen Chefgehälter riesig war.
Parlament will keine Lohnobergrenze
Bereits im Sommer 2016 verlangte deshalb die damalige SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer mit einem parlamentarischen Vorstoss eine Beschränkung dieser Saläre – allerdings auf viel höherer Stufe als die Initiative «Pro Service public»: Die Lohnobergrenze für Geschäftsleitungsmitglieder von Bundesbetrieben und bundesnahen Unternehmen sollte bei 1 Million Franken pro Jahr liegen.
Der Vorstoss blieb erfolglos. Der Ständerat wischte ihn im März dieses Jahres definitiv vom Tisch. SP-Vertreter Paul Rechsteiner argumentierte zwar: «Wer in verantwortlicher Position ein Bundesunternehmen führt, der erfüllt auch eine öffentliche Aufgabe. Von ihm kann verlangt werden, dass er sich auf andere Ziele ausrichtet als darauf, sich die Taschen zu füllen.» Sein parteiloser Schaffhauser Amtskollege Thomas Minder kritisierte scharf, dass «der Bundesrat, welcher diese Gehälter heute festlegt, schlicht und einfach den Boden unter den Füssen und den Bezug zur Realität verloren» habe.
Der Einsatz war umsonst, der Ständerat lehnte eine Lohn-Obergrenze von 1 Million Franken mit 27 gegen 13 Stimmen ab. Die SP-Vertreter stimmten geschlossen für das Vorhaben, SVP und Grüne waren gespalten, FDP und die Mitte einstimmig dagegen.