Es klingt wunderbar: «Die Natur sagt Danke» heisst es in einer aktuellen Werbekampagne der SBB. Videos auf der Website zeigen Projekte entlang den Zugstrecken. Zu sehen sind renaturierte Bachlandschaften, Wohlfühloasen für Amphibien und bunte Blumenlandschaften. Dazu erklären SBB-Mitarbeiter, wie sie sich täglich für den Naturschutz einsetzen.
Doch die Videos zeigen nicht die ganze Wahrheit. Zu diesem Schluss kommt die Umweltorganisation Pro Natura: «Die SBB lassen viele Böschungen entlang von Bahnlinien verkümmern», sagt Projektleiterin Simona Kobel. Bilder, die dem K-Tipp vorliegen, zeigen, dass von «Wohlfühloase» keine Rede sein kann.
Die SBB unterhalten insgesamt 50 Quadratkilometer Grünflächen. Sie sind damit der grösste Bewirtschafter von Grünflächen in der Schweiz. Viele Bahnböschungen der SBB liegen laut Pro Natura in Biotopen von nationaler Bedeutung – das sind Trockenwiesen und -weiden, Auen, Amphibienlaichgebiete und Moore. Viele Böschungen sind Teil von Naturschutzgebieten.
Grundsätzlich sind die SBB verpflichtet, schützenswerte Grünflächen naturgerecht zu pflegen. Laut dem Natur-und Heimatschutzgesetz müssen «der Bund, seine Anstalten und Betriebe dafür sorgen, dass Naturdenkmäler geschont beziehungsweise ungeschmälert erhalten bleiben».
Die SBB setzen den gesetzlichen Auftrag laut Pro Natura jedoch nur halbherzig um. Über 500 national geschützte Flächen liegen am Schienennetz der SBB, aber nur 30 Standorte würden von den Bundesbahnen naturgerecht unterhalten.
Steuergelder für die Grünpflege der SBB
Die SBB erklären die schlechte Böschungspflege mit mangelnden Finanzen: «Mit den uns zur Verfügung stehenden Geldern können die SBB heute noch knapp den Regelunterhalt garantieren. Dabei steht ein sicherer Bahnbetrieb klar im Vordergrund», sagt Mediensprecher Christian Ginsig. Fakt ist: Die Konzernleitung wies im vergangenen Jahr einen satten Gewinn von 399 Millionen Franken aus. Zudem erhalten die SBB für die Grünpflege Bundesgelder von jährlich rund 35 Millionen Franken. 2016 gaben sie für den Grünunterhalt 23 Millionen aus, im vergangenen Jahr insgesamt 26,5 Millionen Franken.