Die SBB-Doppelstockzüge für den Fernverkehr schwanken und rütteln während der Fahrt stellenweise so stark, dass Kaffeebecher umfallen, Handys vom Tisch fliegen und Pendler sich über Übelkeit beklagen.
Nun sollen die als Schüttelzüge bekannten Fernverkehrszüge für 250 Millionen Franken umgebaut werden. Das erfuhr der K-Tipp von SBB-nahen Quellen. Mit neuen Drehgestellen soll das Reisen künftig angenehmer sein.
Die SBB bestätigen: Die Umsetzung wird im Rahmen des Unterhalts erfolgen. Zu den genauen Kosten will die Bahn aber auch auf Nachfrage keine Angaben machen.
Für die Behebung der Mängel kommen also die SBB auf, nicht der Zugbauer Alstom (früher Bombardier), der die fehlerhaften Züge lieferte. Wie es zu diesem Entscheid kam, begründen die SBB nicht.
Teuerster Zug wird noch teuerer
Die 250 Millionen Franken sind auch für die SBB kein Pappenstiel: Im vergangenen Jahr erhöhte die Bahn die Billettpreise. Seit Dezember 2023 zahlten die SBB-Passagiere rund 150 Millionen Franken mehr für Zugbillette und Abos.
Das bedeutet: Die Reparatur der neuen Schüttelzüge kostet wesentlich mehr, als die SBB mit den höheren Billettpreisen in einem Jahr zusätzlich einnehmen. Die Passagiere werden zur Kasse gebeten, gegenüber Alstom zeigen sich die SBB grosszügig. Die Bahn sagt, dass sich der Umbau der Züge nicht auf die Billettpreise auswirken wird.
Für die Anschaffung der 62 Doppelstockzüge zahlten die SBB 1,9 Milliarden Franken. Zur Zeit der Beschaffung war es die grösste Bestellung in der Geschichte des Unternehmens. Den Antrag für den Kauf stellte 2010 der damalige Leiter des Bereichs Fernverkehr und heutige SBB-Chef Vincent Ducrot.
Gesamtkosten massiv grösser als geplant
Laut Ruedi Beutler, ehemaliger Leiter Flottenbeschaffung der SBB, kalkulieren die SBB beim Kauf von neuen Zügen «üblicherweise mit dem Ein- bis Eineinhalbfachen der Investitionskosten über den gesamten Lebenszyklus hinweg». Er sagt dem K-Tipp: «Wenn jetzt umfangreiche Umbauten an den Drehgestellen notwendig werden, sind wir weit darüber hinaus.»
Das Bundesamt für Verkehr sagt zur Fehlinvestition: «Der Fernverkehr, die Rollmaterialbeschaffung und die damit verbundenen Risiken liegen in der unternehmerischen Verantwortung der SBB.»
Die neuen Doppelstockzüge, welche die SBB im Fernverkehr vor allem zwischen St. Gallen und Zürich und zwischen Bern und Genf einsetzen, machten von Anfang an Probleme.
Zuerst lieferte Bombardier mit einer Verzögerung von fünf Jahren, dann kam es wegen fehlerhafter Software zu häufigen technischen Pannen und Ausfällen. Das Betriebssystem stürzte ab, und Heizungen sowie Klimaanlagen funktionierten nicht richtig.