Anfang Jahr wird SBB-Chef Andreas Meyer zehn Jahre im Amt sein. Doch dieses Jubiläum ist kein Grund zum Feiern, zumindest nicht für die Kunden und die Angestellten. Eine Liste der bisherigen und vielleicht künftigen SBB-Flops.
Am 1. Januar 2007 wurde Andreas Meyer Chef der SBB. Anfang des nächsten Jahres ist er also zehn Jahre im Amt. Zehn Jahre voller Flops – kleinerer und grösserer.
Flop 1: Stellen-Ausbau
2007 waren bei den SBB 27 500 Vollzeitstellen besetzt. Heute sind es 33 200. Auch wenn man die Lehrlinge, die in der Zwischenzeit eingerechnet sind, ausklammert, ergibt das einen stolzen Zuwachs von 3400 Stellen oder 12,4 Prozent. Am liebsten schuf Meyer die Stellen in der Verwaltung. Doch nun folgt die Kehrtwende. Bis 2020 will er 1400 Stellen abschaffen.
Flop 2: Swisspass
Der Swisspass macht niemanden glücklich – nicht die Kunden und auch nicht die Kondukteure. Sogar die SBB-Verantwortlichen können sich nicht mehr über den Swisspass freuen. Denn mit ihm hätten sie gerne Daten über ihre Kunden gesammelt.
So speicherten sie anfangs Uhrzeit, Zugnummer und Swisspassnummer während 90 Tagen. Doch der Datenschützer intervenierte. Daraufhin mussten die SBB die Daten löschen und sicherheitshalber auch die Software austauschen.
Bei vielen kleinen Transportunternehmen lässt sich der Swisspass immer noch nicht lesen.
Flop 3: 1.-Klasse-Lounges
Im Sommer 2009 eröffneten die SBB in Zürich eine Lounge für Besitzer von 1.-Klasse-Generalabonnementen oder internationalen 1.-Klasse-Billetten. In der Lounge konnten die Reisenden gratis Getränke konsumieren und Zeitungen lesen. «Die Lounge läuft besser als erwartet», frohlockten die SBB zwei Jahre später. Und sie kündigten «aufgrund der guten Erfahrungen» weitere Lounges in Genf und Basel an.
Und jetzt? Ende Jahr schliessen die SBB die Lounges in Zürich und in Genf. Diejenige in Basel haben sie gar nie realisiert. Als Grund für die Schliessung geben die Verantwortlichen der SBB zu wenig Besucher an. Und: Ein jährliches Defizit von drei Millionen Franken. Wie viel Geld die SBB insgesamt in die Lounges gesteckt haben, wollten sie dem K-Tipp nicht sagen.
Flop 4: Businesspoints
In Bern und Genf konnten Bahnkunden einen Arbeitsplatz oder ein Sitzungszimmer mieten. «Der Bahnhof als zentrale Mobilitätsdrehscheibe ist der ideale Ort, um ein solches Angebot umzusetzen», schrieben die SBB noch vor der Eröffnung. Und kurz danach: «Der Businesspoint wird rege genutzt.»
Was offenbar nicht stimmte. Im Frühling schlossen die SBB nach nur zwei Jahren ihre Businesspoints. Begründung: «Trotz intensiver Vermarktungsmassnahmen können sie nicht kostendeckend betrieben werden.» Oder übersetzt: Sie sind ein Fass ohne Boden. Wie viel Geld die SBB verloren haben, behalten sie für sich.
Flop 5: Billett-Verkauf durch Dritte
Noch vor knapp zwei Jahren übertrugen die SBB den Billett-Verkauf in Bad Ragaz SG dem Avec-Laden. «Reisende profitieren von verlängerten Verkaufs- und Beratungszeiten», hiess es. Nun krebsen die SBB auch dort zurück: Sie erneuern den Vertrag mit dem Avec-Laden in Bad Ragaz ebenso wenig wie mit den restlichen rund 50 Migrolino-, Post- und Avec-Filialen sowie mit den privaten Stationshaltern.
Flop 6: Neue Minibars
Vor gut zwei Jahren schafften die SBB neue Minibars an – «für hochwertige Kaffeegetränke mit frischer Milch wie Cappuccino und Latte Macchiato». Und nun auch hier die Kehrtwende: Minibars wird es künftig nicht mehr geben.
Flop 7: Starbucks-Wagen
Im Herbst 2013 nahmen die SBB den ersten Starbucks-Wagen in Betrieb, ein halbes Jahr später den zweiten. «Starbucks ergänzt unser Angebot perfekt», jubilierten die SBB. «Die Kunden können im Zug ihre präferierten Starbucks-Produkte bestellen.» Aus und vorbei: Auch die Starbucks-Wagen gibts nicht mehr.
Flop 8: Halbtax mit Kreditkarte
Wer 2008 ein Halbtaxabo mit integrierter Kreditkarte kaufte, erhielt nicht nur die Kreditkarte gratis, sondern auch noch einen Rabatt von 25 Franken auf dem Halbtaxabo. Inzwischen gibts das Halbtaxabo mit Kreditkarte nicht mehr. Und die Nachfolge-Kreditkarte kostet 60 Franken pro Jahr.
Flop 9: Le Shop Rail
Ware bei Le Shop im Internet bestellen und dann am Gepäckschalter in Zürich oder Lausanne abholen: Diesen Service boten die SBB und Le Shop ab Ende 2012 an. Nach weniger als zwei Jahren war schon wieder Schluss damit.
Flop 10: Wartsaal mit Kaffeebar
Im Februar 2013 eröffneten die SBB in Bern «den ersten SBB-Wartsaal mit integrierter Kaffeebar und attraktivem Sitzbereich». Seit letztem Sommer ist die Bar geschlossen. Sie dient als Abstellraum.
Doch damit nicht genug. Es ist davon auszugehen, dass die nächsten Flops schon bald folgen werden. Der K-Tipp tippt auf folgende drei:
Zukunftsflop 1: Hauptsitz zur Miete
Nach langer Bauzeit eröffneten die SBB im August 2014 ihren neuen Hauptsitz im Wankdorf in Bern. Nur viereinhalb Monate später hatten sie ihn bereits verkauft. Und seither sind sie Mieter. Für vorerst 20 Jahre – mit Option auf zwei Mal 5 weitere Jahre. «Über den Verkaufspreis wurde Stillschweigen vereinbart», sagen die SBB. Doch der K-Tipp kennt die Zahlen: Der Verkauf brachte den SBB zwar 156 Millionen Franken ein. Dafür zahlen sie nun Jahr für Jahr eine Miete von 7,44 Millionen Franken. So kann sich wenigstens der Käufer über eine fette Rendite freuen. Vorher hatten die SBB übrigens schon das Bürogebäude «Wylerpark» in Bern verkauft – und zwar an eine Firma mit Sitz auf den Jungfraueninseln.
Zukunftsflop 2: Green Class
Andreas Meyer spricht gerne über «die Mobilität der Zukunft». Wie sie aussehen soll, können nächstes Jahr 100 Kunden erfahren. Für 12 200 Franken gibts ein Jahr lang ein 1.-Klasse-GA, ein Elektroauto von BMW, einen Parkplatz am Bahnhof sowie ein Mobility- und ein Mietvelo-Abo. Ob die SBB mit diesem Angebot, das sich nur an Wohlhabende richtet, «wichtige Erkenntnisse für die kombinierte Mobilität» gewinnen werden?
Zukunftsflop 3: Bitcoin
Seit letzter Woche verkaufen die SBB an ihren Billettautomaten die Internet-Währung Bitcoin. Nur – wer will die schon? Weltweit können Bitcoins nur bei 10 000 Verkaufsstellen eingesetzt werden. Und nicht einmal die SBB nehmen sie an Zahlung.