K-Tipp-Leser Christian Jenzer (57, Name geändert) aus Egg ZH geht es wie allen Leuten, die ihr Vorsorgegeld für die Zeit nach der Pensionierung auf einem Freizügigkeitskonto parkiert haben: Er ärgert sich, weil es nirgends mehr eine anständige Verzinsung gibt. Das machen sich Versicherer wie die Swiss Life zunutze. Ihre Vertreter werben für Produkte wie etwa das Freizügigkeitsdepot Swiss Life BVG-Mix 25. Kunden legen ihr Geld damit unter anderem in Aktien und Obligationen an.
Jenzer besuchte Ende 2017 eine Verkaufsveranstaltung der Swiss Life. Er besass damals zwei Freizügigkeitskonten bei der Credit Suisse Rendita. Die Unterlagen seiner bisherigen Freizügigkeitslösung stellte er anschliessend einem Berater der Swiss-Life-Generalagentur Meilen ZH zu. Der Berater riet ihm zum Produkt Swiss Life BVG-Mix 25. Die Rendite sei bei der Swiss Life höher. Gebühren erwähnte er nicht.
Jenzer erhielt per Post das Faktenblatt des Swiss Life BVG-Mix 25 sowie den Vertrag. Im Faktenblatt stand klar: «Keine Ausgabe-/Rücknahmekommission.» Das heisst: Zahlt man bei Swiss Life ein oder kommt es zu einer Auszahlung, fallen keine Kosten an. Damit war dieses Produkt mit dem bisherigen Freizügigkeitskonto bei der Rendita mit Gebühren von 40 Franken pro Jahr vergleichbar. Aufgrund des Faktenblattes gab Jenzer dem Berater im Dezember 2017 das Okay, eines seiner zwei CS-Rendita-Konten zur Swiss Life zu zügeln. Er war bewusst vorsichtig: Er wollte zuerst schauen, wie sich die Swiss-Life-Lösung im Vergleich zu derjenigen von Credit Suisse Rendita entwickeln würde.
Zwei statt nur ein Konto transferiert
Schon wenig später begann der Ärger: Mitte Januar 2018 erfuhr Jenzer von der Rendita-Stiftung, dass seine beiden Konten saldiert, die Wertschriften verkauft und das gesamte Guthaben zur Swiss Life transferiert worden seien. Jenzer erschrak, denn er hatte dem Swiss-Life-Berater den Auftrag gegeben, nur ein Konto zu transferieren. Erst nach langem Hin und Her machte der Berater den Umzug des zweiten Kontos wieder rückgängig.
Als Jenzer Ende Januar 2018 erstmals den Vermögensauszug seines neuen Freizügigkeitskontos bei der Swiss Life studierte, konnte er fast nicht glauben, welche Beträge ihm die Versicherung von seinem Guthaben von ursprünglich rund 289 000 Franken abgezogen hatte: Die Swiss Life belastete ihm eine Ausgabekommission von 5196 Franken und Pauschalgebühren von 2409 Franken. Total kamen so über 7600 Franken zusammen – was das Produkt von Swiss Life fast 200 Mal teurer machte als das bei der CS Rendita. Tatsächlich ist in Jenzers Vertrag die Rede von einer Ausgabekommission von 1,8 Prozent des Investitionsbetrags und Pauschalgebühren von 0,2 Prozent des verwalteten Vermögens pro Quartal. Doch Jenzer hatte sich auf die Angaben im Faktenblatt des Produkts verlassen.
Der Zürcher war empört und suchte mehrmals das Gespräch. Im September traf er sich mit dem Swiss-Life-Berater der Generalagentur Meilen. Dieser gab zu, es sei nicht alles optimal gelaufen und man habe die Prozesse nun angepasst. Trotzdem war er zu keinen Zugeständnissen bereit.
Jenzer verlangte, dass ihm die Gebühren zurückerstattet werden. Deshalb traf er sich mehrmals mit einer Swiss-Life-Rechtsanwältin vor dem Friedensrichter. Diese stellte sich auf den Standpunkt, die Versicherung habe alles richtig gemacht, und war zu keinerlei Entgegenkommen bereit.
«Ich fühle mich hinters Licht geführt»
Inzwischen änderte die Swiss Life das umstrittene Faktenblatt so ab, dass nun im Kleingedruckten steht, dass die Kosten im Vertrag ganz anders ausgestaltet sein könnten, als sie im Faktenblatt aufgeführt sind. Ein Mediensprecher von Swiss Life bestreitet aber, dass die Versicherung im Faktenblatt bei der Ausgabekommission falsche oder irreführende Angaben gemacht habe. Es liege in der Eigenverantwortung der Kunden, sich vor Abschluss eines Vorsorgevertrages mit den massgeblichen Grundlagen auseinanderzusetzen. Sowohl die Ausgabekommission als auch die weiteren Gebühren seien «korrekt und daher rechtmässig» erhoben worden.
Christian Jenzer hat von der Swiss Life mittlerweile die Nase voll – und sucht jetzt nach einer anderen Lösung: «Ich fühle mich nicht ernst genommen, sondern hinters Licht geführt und abgezockt», sagt er. «Der Slogan der Firma – ‹Mit Swiss Life sind Sie gut beraten› – ist für mich eine reine Farce.»
Kein Mindestzinssatz beim Freizügigkeitskonto
Angestellte zahlen jeden Monat einen Teil von ihrem Lohn als Alterskapital in die 2. Säule ein – bei einer Pensionskasse. Dieses Geld wird von den Kassen zu einem vom Bundesrat festgelegten Mindestzins angelegt. Dieser liegt momentan bei mickrigen 1 Prozent. Wer seine Stelle verliert, freiwillig nicht mehr arbeitet oder sich selbständig macht, muss sein Alterskapital von der Pensionskasse auf ein Freizügigkeitskonto überweisen. Doch dort gilt nicht einmal der Mindestzinssatz – er ist momentan durchwegs schlechter als bei den Pensionskassen.