Schluss mit Ausreden
Wird ein Flug wegen technischer Probleme annulliert, darf sich die Airline in aller Regel nicht um Entschädigungen foutieren.
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K-Tipp 02/2009
25.01.2009
Letzte Aktualisierung:
27.01.2009
Gery Schwager
Die Passagiere erfuhren es erst nach dem Einchecken: Easyjet hatte Flug 1330 von Budapest nach Genf annulliert. «Wir waren ziemlich konsterniert», erinnnert sich Marc Kirchhofer, «zumal von der Airline kein Vertreter am Flughafen war.»
Kirchhofer hatte zusammen mit acht weiteren Mitarbeitenden des Tierspitals Bern an einem Kongress in der ungarischen Hauptstadt teilgenommen. Um ihre Heimkehr mussten sich die Mitglieder der Gruppe jetzt selber kümmern &n...
Die Passagiere erfuhren es erst nach dem Einchecken: Easyjet hatte Flug 1330 von Budapest nach Genf annulliert. «Wir waren ziemlich konsterniert», erinnnert sich Marc Kirchhofer, «zumal von der Airline kein Vertreter am Flughafen war.»
Kirchhofer hatte zusammen mit acht weiteren Mitarbeitenden des Tierspitals Bern an einem Kongress in der ungarischen Hauptstadt teilgenommen. Um ihre Heimkehr mussten sich die Mitglieder der Gruppe jetzt selber kümmern – es war bereits nach 21 Uhr, was die Sache nicht eben erleichterte.
Zurück in der Schweiz, verlangte die Gruppe von Easyjet nicht nur die Erstattung der Mehrkosten für die Rückreise. Sie forderte auch eine Entschädigung von 250 Euro pro Person, gestützt auf die europaweit geltende EU-Verordnung über die Rechte von Flugpassagieren.
Easyjet will nicht zahlen
Für Letzteres hatte Easyjet kein Musikgehör. Man habe den Flug trotz aller Bemühungen um eine Durchführung wegen technischer Probleme annullieren müssen, behauptete die Airline. Deshalb bestehe keine Pflicht, Entschädigungen auszurichten.
An dieser Argumentation hält Easyjet auch gegenüber dem K-Tipp fest. Die Airline beschreitet damit jenen Weg, den Fluggesellschaften bei Annullierungen sehr oft einschlagen: Technische Probleme werden als «aussergewöhnliche Umstände» interpretiert, unter denen laut EU-Verordnung die Entschädigungspflicht entfällt.
Doch dieser Praxis hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) jetzt einen Riegel geschoben. In einem Grundsatzurteil hält er fest: «Technische Probleme, die sich bei der Wartung von Flugzeugen zeigen oder infolge einer unterbliebenen Wartung auftreten, stellen als solche keine ‹aussergewöhnlichen Umstände› dar.» Als «aussergewöhnliche Umstände» akzeptiert das EuGH-Urteil drei Typen von technischen Problemen: plötzlich entdeckte Fabrikationsfehler, Sabotageschäden und Defekte durch terroristische Handlungen.
Diese drei Ausnahmen träten in der Praxis höchst selten auf, so der Frankfurter Experte für Luftverkehrsrecht, Professor Ronald Schmid. Somit «kann man – verkürzt – sagen, dass technische Probleme mit Blick auf die Entlastung eines Luftfahrtunternehmens zukünftig eigentlich keine Rolle mehr spielen dürften».
Die Gruppe um Marc Kirchhofer will deshalb weiterkämpfen. Sie hat den Easyjet-Fall bei der Aufsichtsstelle im Bundesamt für Zivilluftfahrt eingereicht (siehe auch K-Tipp 15/08, 1/08 und 11/07). Sollte das nichts nützen, bleibt immer noch die Möglichkeit einer Klage in Genf, wo sich der Schweizer Easyjet-Sitz befindet.
Dauerärger Gepäckverlust
Zu den häufigsten Ärgernissen beim Fliegen gehört verschwundenes Gepäck: Europas Airlines haben von April bis Oktober 2008 auf 1000 Passagiere knapp 14 Gepäckstücke verloren. Das geht aus der jüngsten Statistik der Vereinigung Europäischer Airlines (AEA) hervor.
Viel Fluggepäck wird auf Umsteigeflughäfen verschlampt. Immerhin: Laut AEA gelangten 85 Prozent der vermissten Koffer innert 48 Stunden doch noch zum Besitzer. Trotzdem sollte man Wertsachen ins Handgepäck nehmen.
Besonders oft warteten letzten Sommer Kunden von bmi (British Midland Airways), KLM und TAP Portugal bei der Ankunft vergeblich auf ihr Gepäck: Bei bmi kamen auf 1000 Passagiere 24,5, bei KLM 20,1 und bei TAP 19,9 Koffer abhanden. Swiss liegt mit 8,9 vermissten Gepäckstücken auf dem achtbesten Rang, während die Podestplätze von Turkish Airlines (4,4), Air Malta (4,3) und der ukrainischen Aerosvit (3,6) gehalten werden.
Bei Gepäckverlust hat man Anspruch auf bis 1900 Franken Entschädigung pro Stück. Man sollte ferner im Kreditkartenvertrag abklären, ob eine Zusatzversicherung für Gepäckverlust besteht. Wichtig: Sofort nach Ankunft am «Lost & Found»-Schalter das Verlustformular ausfüllen!