Schnüffelaktion per E-Mail
Viele E-Mails sind verwanzt. Die Absenderfirmen erfahren so, wann der Kunde die Meldung anschaut und für welche Themen er sich speziell interessiert.
Inhalt
K-Tipp 8/2004
21.04.2004
Kurt Haupt - redaktion@ktipp.ch
Newsletters sind nützlich und auch praktisch. Man besucht die Internetseite einer Firma und gibt dort seine E-Mail-Adresse an. Regelmässig erhält man danach E-Mails mit Neuigkeiten.
Doch etliche Firmen schicken nicht nur Informationen, sondern können auch kontrollieren, ob und wann die Empfänger die E-Mails lesen und für welche Information im Schreiben sie sich besonders interessieren.
«Mailwanzen» heisst die neuste Marketingwaffe, mit der manche Firmen Kons...
Newsletters sind nützlich und auch praktisch. Man besucht die Internetseite einer Firma und gibt dort seine E-Mail-Adresse an. Regelmässig erhält man danach E-Mails mit Neuigkeiten.
Doch etliche Firmen schicken nicht nur Informationen, sondern können auch kontrollieren, ob und wann die Empfänger die E-Mails lesen und für welche Information im Schreiben sie sich besonders interessieren.
«Mailwanzen» heisst die neuste Marketingwaffe, mit der manche Firmen Konsumentinnen und Konsumenten ausspionieren und Infos sammeln können. Die digitalen Spione sind in harmlos aussehenden E-Mails beziehungsweise Newsletters versteckt.
Der K-Tipp hat über 30 Schweizer Firmen diesbezüglich analysiert. Die meisten versenden harmlose News. Das gilt nicht für Bank Coop, Hewlett Packard (HP), Kuoni, Migrosbank und Opel (General Motors Suisse SA). Mit der Technologie der Firma Mailprofiler AG werden deren Mails vor dem Versand digital verwanzt.
Die Wanze meldet beispielsweise: «Peter Muster hat um 16.23 Uhr den Newsletter von HP geöffnet» - und speichert diese Information.
Im Newsletter lauert noch eine zweite Wanzenart: Werbemails enthalten in der Regel Verknüpfungen (Links) auf verschiedene Angebote der Website des Absenders. Damit können die Empfänger zu einzelnen Themen zusätzliche Informationen anfordern. Klickt man also einen Link an, öffnet sich der Internet-Browser und zeigt beispielsweise die Website mit den Druckern von HP an.
Auch Linkwanzen speichern Infos
In den verwanzten Mails sorgen nun Linkwanzen dafür, dass diese Information ebenfalls gespeichert wird. So wird bekannt, für welche Themen, Artikel oder Produkte sich jemand besonders interessiert. Auch diese Infos werden gespeichert. Die Linkwanzen lassen sich nicht umgehen. Wer also auf einen Link im Mail klickt und so zusätzliche Infos abruft, gibt sein Interesse und damit einen Teil seiner Privatsphäre preis.
Verschiedene Firmen - eine Sammelstelle
Brisant an den verwanzten Newsletters ist, dass die Informationen verschiedener Firmen an einer zentralen Stelle zusammenkommen. Die Firma Mailprofiler AG versendet nämlich im Auftrag zahlreicher Unternehmen verwanzte E-Mails und speichert die zurückkommenden Daten zentral.
Das eröffnet ungeahnte Möglichkeiten. Denn theoretisch könnte die Mailprofiler AG die Daten eines Newsletter-Empfängers, der bei verschiedenen Firmen Kunde ist, kombinieren und so noch besser auf sein Konsumverhalten schliessen. Mailprofiler sagt dazu, das werde nicht gemacht, die Verträge und das Datenschutzgesetz würden dies verbieten.
Der K-Tipp hat die betroffenen Firmen um Stellungnahmen gebeten. Keines der Unternehmen wollte ausschliessen, dass es mit den Daten der Mailwanzen individuelle Datenprofile erstellt. Aber es handle sich nicht um «besonders schützenswerte Daten» (HP) und die «Daten würden nicht an Dritte weitergegeben» (Bank Coop). Das System diene nur dazu, «den Newsletter in Struktur und Inhalt zu optimieren» (HP, Kuoni, Mailprofiler). Man könne zwar mit den Daten ein «rudimentäres Persönlichkeitsprofil erstellen, dies wird aber nicht für Marketing-aktivitäten genutzt» (GM Suisse).
Auch Coop Onlineshop und Dell Computer verschicken verwanzte Newsletters, die Rückschlüsse auf den Empfänger ermöglichen. Beide Unternehmen versichern aber, diese Daten würden nur anonymisiert gespeichert und nur statistisch ausgewertet. Es werden damit also - im Gegensatz zum Mailprofiler-System - keine personalisierten Daten gesammelt.
Coop verzichtet ab sofort auf die Übermittlung von Daten, die Rückschlüsse auf die Identität des Newsletter-Empfängers geben.
Schutz durch Fantasie-Mailadresse
Mailwanzen sind für Laien unsichtbar. Sie lassen sich nur von Spezialisten feststellen und ohne technisches Fachwissen nicht unschädlich machen.
Den Konsumenten bleibt vorläufig nichts anderes übrig, als die persönlichen Daten durch Verschleierung zu schützen. Man kann sich beispielsweise eine zweite E-Mail-Adresse mit Fantasienamen zulegen und mit dieser zweiten Adresse den Newsletter abonnieren.
Wer Klarheit will, muss Einsicht in seine Daten verlangen. Eine Briefvorlage findet sich auf der Internetsite des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten (www.edsb.ch).