Seit neustem prangt das Label «Tierwohl-Garantie» auf den Verpackungen von Mortadella, Salami und Parmaschinken des italienischen Unternehmens Beretta. Hergestellt werden diese Produkte im Auftrag der Migros.
Speziell daran: Die geschlachteten Schweine wachsen zwar in Italien auf. Es gelten für sie aber die Tierschutzbestimmungen der Schweiz, die teilweise strenger sind als jene der EU-Länder. Die Migros sagt dazu: «Bei diesen Importprodukten fühlen wir uns verpflichtet, analoge Tierwohlanforderungen wie in der Schweiz zu garantieren.»
Gemäss Eigenwerbung im «Migros-Magazin» wurde dazu ein Schweinemastbetrieb in Oberitalien während zweier Jahre umgestaltet: Die Tiere würden nun unter anderem über mehr Platz, längere Futtertröge und Liegebereiche ohne Spaltenböden verfügen.
Doch: Das Schweizer Tierschutzgesetz bedeutet nicht, dass es den Masttieren besonders gut geht. Laut einer Studie von 2013 im Auftrag des Bundesamts für Landwirtschaft legt das Gesetz nicht fest, was tiergerecht ist, sondern was dem Tier zugemutet werden darf. Das heisst: Die Vorschriften definieren nur die Grenze zur Tierquälerei (K-Tipp 12/2015).
Hans-Ulrich Huber, Geschäftsführer beim Schweizer Tierschutz, teilt diese Meinung. Der Tierschutz arbeitet mit der Migros zusammen, um die Tierhaltung im Ausland zu verbessern. Huber kritisiert aber scharf, wie der Grossverteiler seine Beretta-Produkte vermarktet. «Mit dem Wort ‹Tierwohl› für eine konventionelle Tierhaltung zu werben, ist irreführend.» Bei den Minimalvorschriften für Mastschweine biete das Schweizer Tierschutzgesetz den Tieren nicht viel: keine Einstreu, keinen Auslauf.
Die Migros will von Irreführung nichts wissen und hält an der «Tierwohl»-Beschriftung fest. Sprecherin Monika Weibel: «In der Wissenschaft ist nicht eindeutig definiert, was ‹Tierwohl› ist.»
Die Tiere wüssten es wohl – aber sie können nicht mitbestimmen.
«Etikettenschwindel»
Auslauf ins Freie, Stroh zum Liegen, ausreichend Platz: Das sind laut einer kleinen K-Tipp-Umfrage vor Stadtzürcher Migros-Filialen die übereinstimmenden Erwartungen von Kundinnen und Kunden an die angepriesene «Tierwohl-Garantie». Dass die so beworbenen Beretta-Produkte aber nur gerade die minimalsten Tierschutzbestimmungen erfüllen, sorgte bei der Mehrzahl der Befragten für Unmut: «Ich finde, das ist ein Etikettenschwindel. Gut, dass das aufgedeckt wird», sagte zum Beispiel Isabel Kurtz aus Uerikon ZH.