Botulinumtoxin – bekannt als Botox – ist eines der stärksten Gifte. Seinen Höhenflug verdankt der Stoff einer Zufallsentdeckung: Mit Botox lassen sich Falten glätten. Das Nervengift lähmt die Muskeln und lässt so Mimik-Falten für drei bis fünf Monate verschwinden. Kostenpunkt: 300 bis 1000 Franken.
Wer einmal damit angefangen hat, lässt sich die Falten meist wieder und wieder wegspritzen. Das freut die US-Firma Allergan, die auf diesem Markt führend ist: Sie macht heute mit Botox eine Milliarde Dollar Umsatz im Jahr – dreimal so viel wie noch vor fünf Jahren.
Laut Allergan wird nirgendwo auf der Welt so viel Botox eingesetzt wie in der Schweiz. Das Beratungszentrum für ästhetische Chirurgie Acredis schätzt, dass sich in der Schweiz jährlich 30 000 bis 40 000 Menschen ihre Falten wegspritzen lassen.
Die hässliche Seite des Schönheitswahns: Aufgrund der Giftigkeit von Botox muss jede Produktionseinheit getestet werden. Und zwar mit demStandard-Test LD-50, einem besonders grausamen Verfahren: «Botulinumtoxin wird – extrem stark verdünnt – verschiedenen Gruppen von Mäusen in die Bauchhöhle gespritzt. Das führt zur Lähmung der Muskeln, der Nerven, zu Sehstörungen und nach tagelangem qualvollem Kampf schliesslich zum Tod der Tiere», so Andreas Item von der Aktionsgemeinschaft der Schweizer Tierversuchsgegner. In vier Tagen muss die Hälfte der Labortiere tot sein, dann stimmt die Dosis.
Jedes Jahr 100 000 bis 300 000 tote Tiere
Laut der deutschen Organisation Ärzte gegen Tierversuche wird der LD-50-Test praktisch nur noch bei Botox durchgeführt. Alljährlich verenden so weltweit 100 000 bis 300 000 Tiere.
Eine unnötige Quälerei. Denn es gibt Alternativ-Tests. So arbeitet das toxikologische Institut der Uni Hannover an einem neuen Verfahren. Dabei sterben zwar noch immer Mäuse. Sie werden jedoch vor dem Experiment betäubt. Und: Für einen Test werden nur einige wenige Tiere getötet.
Auch Allergan hat nach eigenen Angaben 40 Millionen Dollar in die Erforschung alternativer Testmethoden investiert: «Wir unternehmen seit Jahren grosse Anstrengungen, um Tierversuche zu minimieren und trotzdem den gesetzlichen Vorschriften gerecht zu werden.» Das Problem: Die Alternativ-Methoden sind bisher weder in den USA noch in Europa zugelassen, weil sich die Hersteller zu wenig darum bemüht haben.
Kosmetika, für die keine Tiere sterben müssen
Nicht nur für Botox, auch für andere Schönheitsprodukte müssen Labortiere leiden. So finden Sie Kosmetika, die ohne Tierversuche auskommen. Für kosmetische Produkte werden seit vielen Jahren keine Tierversuche mehr durchgeführt, betonen viele Hersteller und schreiben dies zum Teil auch auf die Produkte.
Das ist aber meist nur die halbe Wahrheit: Richtig ist vielfach, dass das Endprodukt tatsächlich nicht an Tieren getestet wurde. Das gilt aber oft nicht für die Inhaltsstoffe. «Europaweit sterben jährlich gegen 30 000 Versuchstiere allein für Hauttests», so der Schweizer Tierschutz (STS).
Um Konsumentinnen und Konsumenten mit immer neuen Modetrends zu locken, forscht die Kosmetikindustrie ständig nach neuen Substanzen und lässt diese in Tierversuchen auf ihre Verträglichkeit prüfen. Dies, obwohl bereits über 8000 Inhaltsstoffe für Schönheitsprodukte bekannt sind und als sicher gelten. Und obwohl diverse Firmen beweisen, dass sich auch mit diesen Stoffen immer wieder neue Produkte kreieren lassen.
Wer Kosmetika kaufen, damit aber nicht indirekt Tierversuche unterstützen will, hat es nicht einfach. Die Lage ist laut der Aktionsgemeinschaft Schweizer Tierversuchsgegner (AGSTG) chaotisch.
«Verschiedene Schriftzüge zieren die verschiedensten kosmetischen Produkte und werben damit um Kunden, die mit ihrem Einkauf keine Tierversuche unterstützen wollen», so die AGSTG.
Die Arbeitsgemeinschaft empfiehlt, nur folgenden Labels zu trauen (siehe unten): den beiden Logos des Schweizer Verbands Tierrechts-Signet, jenem des Deutschen Tierschutzbundes sowie dem Signet des europäischen Humane Cosmetics Standard (HCS). Es gibt jedoch einige Hersteller, die zwar nicht zertifiziert, aber trotzdem gegen Tierversuche sind. Aktuelle Listen solcher Kosmetikanbieter gibts beim Schweizer Tierschutz (siehe STS-Flyer in K-Tipp 19/07) oder im Internet unter
www.tierrechts-signet.ch
www.tierschutzbund.de (Rubrik Publikationen)
www.kosmethik.at