Hier leben keine Würmer, keine Käfer, keine Bienen: In sogenannten Schottergärten bedecken Kiesel und Schotter eine auf dem Boden ausgebreitete Plastikfolie oder Textilie. Sie soll das Aufkommen von Pflanzen im Keim ersticken. Das Problem: Sie verhindert zugleich die Belüftung des Bodens, was Bodenorganismen und Pilzen schadet.
Die Fläche solcher Gärten nimmt in der Schweiz zu: 2018 bedeckten sie 9 Quadratkilometer. Ende 2021 waren es bereits 11 Quadratkilometer. Umgerechnet sind das 1540 Fussballfelder. So steht es im Bericht «Stopp der Verschotterung von Grünflächen», den der Bundesrat Ende 2022 veröffentlichte. In Gemeinden in der Agglomeration und auf dem Land gibt es laut dem Bericht mehr Schottergärten als in der Stadt. Hier seien die Gärten oft «natürlicher gestaltet».
Schottergärten werden bis zu 50 Grad heiss
Wie kommt man auf die Idee, einen Garten ohne Grün anzulegen? Für den Berliner Biologen Ulf Soltau, Autor des Buches «Gärten des Grauens», wollen die Planer «vor allem Ordnung schaffen und die Natur kontrollieren». Laut Karina Liechti von der Stiftung für Landschaftsschutz Schweiz wollen sich viele einfach Arbeit ersparen. Schottergärten haben gemäss dem Bericht des Bundesrats viele negative Folgen:
- Sie schaden der biologischen Vielfalt. Die Flächen sind als Lebensraum für Tiere und Pflanzen verloren.
- Sie verstärken im Sommer die Hitze. Die Steine heizen sich unter der Sonneneinstrahlung auf über 50 Grad auf und speichern kein Regenwasser. Pflanzen im Garten wirken dagegen kühlend, weil sich der bewachsene Boden weniger aufheizt und Büsche oder Bäume Schatten spenden.
- Schottergärten speichern kein Wasser. Bei starkem Regen kommt es eher zu Überschwemmungen.
Das Thema hat auch die Politik erreicht: Kantone wie Solothurn und Bern erliessen in ihren Baugesetzen bereits Artikel, die es den Gemeinden ermöglichen, Bauvorschriften bezüglich Schottergärten zu formulieren. So schob die Gemeindeversammlung von Langendorf SO 2020 neuen Schottergärten einstimmig einen Riegel. Urs Zaugg, Bauverwalter des 3800-Einwohner-Dorfs, sagt: «Wir wollen verhindern, dass zusätzliche Aussenflächen ohne jeden ökologischen Nutzen entstehen.»
Grenchen SO, Steffisburg BE und Arbon TG verhängten ebenfalls Verbote. Der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz reicht das nicht: Sie fordert eine Bewilligungspflicht für alle neuen Schottergärten.
So fördert man die Artenvielfalt im eigenen Garten
- Weniger gärtnern: Unkraut und Gräser im Garten einfach wachsen lassen. So entstehen Naturinseln – und neue Lebensräume für Tiere und Pflanzen.
- Magerwiese fördert die Biodiversität: Welche Blumen im Garten gut gedeihen und welche für Wildbienen und Schmetterlinge besonders wertvoll sind, erklärt die Internetplattform Floretia.ch. Hier kann man auch geeignete Samenmischungen bestellen.
- Neophyten meiden: Viele Gärten sind mit gebietsfremden Arten wie Thuja, Kirschlorbeer oder Essigbaum bepflanzt, die sich teilweise auch explosionsartig verbreiten. Sie verdrängen heimische Pflanzen und bieten einheimischen Tieren keinen geeigneten Lebensraum und wenig bis gar keine Nahrung. Daher sollte man auf einheimische Pflanzen setzen. Der Rote Hornstrauch etwa bietet Nahrung für mindestens acht Wildbienen- sowie viele Vogel- und Säugetierarten. Auf Floretia.ch kann man herausfinden, ob eine Pflanze einheimisch ist oder zu den unerwünschten Neophyten zählt.
- Nistmöglichkeiten schaffen: Bienen, anderen Insekten, Vögeln und Fledermäusen fehlt es oft an Verstecken und Nistmöglichkeiten. Abhilfe schaffen Bienenhotels, Nistkästen und Ast- oder Steinhaufen.
- Balkon begrünen: Ein mit Kornblumen oder hohem Eisenkraut geschmückter Balkon lockt Hummeln und Schmetterlinge an. Auch Kräuter eignen sich für Fensterbrett oder Balkon. Sie bieten vielen Insekten willkommene Nahrung.