Schwarzfahrer, RogF oder was?
Die SBB kennen kein Pardon. Sie behandeln ihre Kunden als Schwarzfahrer, obwohl der Billettautomat falsch programmiert ist.
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K-Tipp 10/2005
18.05.2005
Marco Diener - mdiener@ktipp.ch
Spätabends will Andreas Brunner (Name geändert) von Wettingen AG aus nach Hause fahren. Im Internet-Fahrplan sucht er die Verbindung an seinen Wohnort Boswil-Bünzen AG. Am Bahnhof Wettingen löst er am Automaten ein halbes Billett 2. Klasse. Kostenpunkt: Fr. 7.10.
Im Zug dann die Überraschung: Die Kondukteurin verlangt 80 Franken. «Wie von einem Schwarzfahrer», klagt Brunner. Sein «Delikt»: Er war in einen Zug gestiegen, der via Bremgarten fuhr, das Billett lautete aber au...
Spätabends will Andreas Brunner (Name geändert) von Wettingen AG aus nach Hause fahren. Im Internet-Fahrplan sucht er die Verbindung an seinen Wohnort Boswil-Bünzen AG. Am Bahnhof Wettingen löst er am Automaten ein halbes Billett 2. Klasse. Kostenpunkt: Fr. 7.10.
Im Zug dann die Überraschung: Die Kondukteurin verlangt 80 Franken. «Wie von einem Schwarzfahrer», klagt Brunner. Sein «Delikt»: Er war in einen Zug gestiegen, der via Bremgarten fuhr, das Billett lautete aber auf die Strecke über Lenzburg.
Was hätte Brunner auch anderes tun sollen? Der Internet-Fahrplan gab nur Verbindungen über Bremgarten an. Und der Automat gab nur Billette über Lenzburg aus (siehe auch Planskizze).
Pikant dabei: Mit dem «falschen» Billett verschaffte sich Brunner nicht einmal einen Vorteil. Denn die beiden Billette sind genau gleich teuer.
Dennoch sagt SBB-Sprecher Roland Binz: «Die Mitarbeiterin hat absolut richtig gehandelt.» Denn der Passagier müsse «ein gültiges Billett für die befahrene Strecke besitzen. Das war hier - genau betrachtet - nicht der Fall», erklärt Binz.
Ob der Passagier ein «falsches» Billett besitzt oder gar keines, spiele dabei keine Rolle - laut SBB muss er einen Zuschlag von 80 Franken bezahlen. Die SBB sprechen denn auch nicht von Schwarzfahrern, sondern von so genannten RogF. Das sind Reisende ohne gültigen Fahrausweis.
«Halbe Schwarzfahrer gibt es nicht»
Immerhin: Ganz wohl scheint es den SBB nicht zu sein. Nachdem Brunner reklamiert hatte, verlangten sie von ihm nur noch einen Zuschlag von 40 Franken. Was Brunner wenig einleuchtend fand: «Entweder bin ich Schwarzfahrer oder ich bin keiner. Halbe Schwarzfahrer gibt es nicht.» Und jetzt, nach der Intervention des K-Tipp, erlassen ihm die SBB «aus Kulanzgründen» gar den ganzen Zuschlag.
Zudem wird der Automat in Wettingen umprogrammiert. Denn der Weg über Lenzburg, für den der Automat die Billette ausgibt, ist in der Regel zeitlich sehr unvorteilhaft. Künftig wird der Automat dem Passagier Billette für verschiedene Strecken anbieten.
Übrigens: Wer den Touchscreen-Automaten «zwingen» will, ein bestimmtes Billett auszudrucken, kann das mit einem kleinen Trick tun:
- Tippen Sie in der Hauptmaske aufs Feld «Andere Billette und Abonnemente».
- Wählen Sie anschliessend «Billette ab anderem Ort».
- Geben Sie auf der Tastatur Abfahrts- und Ankunftsort ein.
- So erhalten Sie die Möglichkeit, das gewünschte «Via» einzutippen.