Höhere Kosten für Personal, Mieten oder Energie sowie kleinere Absatzmengen im Vergleich zum Ausland: Den Herstellern fallen viele Begründungen ein, warum ihre Produkte in der Schweiz teurer sind als im Ausland. Preisunterschiede von 80 Prozent und mehr lassen sich damit allerdings nicht rechtfertigen. Der K-Tipp nennt einige Beispiele:
Kambly: Der deutsche Grosshändler Edeka verkauft Guetsli der Schweizer Firma Kambly. Die 175-Gramm-Mischung Primavera kostet dort umgerechnet Fr. 4.60. Kunden in der Schweiz zahlen bei Coop für die gleiche Packung Fr. 8.50, bei Spar Express sogar Fr. 9.20. Die Kambly-Guetsli kosten hier also 85 respektive 100 Prozent mehr als in Deutschland. Dies trotz der in Deutschland deutlich höheren Mehrwertsteuer von 7 % für Lebensmittel statt 2,5 % Prozent in der Schweiz.
Emmi: Auch die Produkte des grössten Schweizer Milchverarbeiters gibts in Deutschland viel günstiger. Für ein Griesstöpfli zahlt man beim deutschen Supermarkt Rewe umgerechnet 1 Franken – bei Coop Fr. 1.50. Ein Becher Caffè Latte Vanilla von Emmi kostet bei Rewe Fr. 1.70. Der Schweizer Kunde zahlt dafür zum Beispiel bei Coop Fr. 2.25 – fast einen Drittel mehr als in Deutschland.
Kägi: Die Toggenburger Butterbiscuits sind bei Coop mit Fr. 2.95 rund 40 Prozent teurer als in Deutschland. Für die Kägi-Fret Mini zahlen Schweizer Kunden mit Fr. 3.50 bei Coop einen Drittel mehr.
Auf Nachfrage des K-Tipp antworten Emmi und Kambly: Der Ladenpreis werde von den Einzelhändlern bestimmt. Kambly argumentiert zudem, die Preisunterschiede erschienen aufgrund des starken Frankens heute grösser. Kägi nahm nicht Stellung. Coop gibt an, der Verkaufspreis basiere auf dem Einkaufspreis der Hersteller. Hinzu kämen die in der Schweiz höheren Kosten für Löhne, Werbung und Infrastruktur. Spar äussert sich überrascht: Der Ladenpreis von Fr. 4.60 in Deutschland liege unterhalb des eigenen Einkaufspreises in der Schweiz.
Migros-Eigenmarken in Deutschland günstiger
Unter dem Namen Swiss Delice verkauft Edeka Mandelplätzchen für Fr. 2.12. Erst ein Blick auf die Rückseite der Packung zeigt: Herstellerin ist die Migros-Tochter Midor in Meilen ZH. In der Schweiz verkauft Migros die Mandelplätzli unter der Eigenmarke Créa d’Or. Allerdings zahlen Migros-Kunden dafür Fr. 3.80 und damit über 80 Prozent mehr als Edeka-Kunden.
Die Migros begründet den Preisunterschied unter anderem mit «höherwertigen Zutaten»: Die Mandelplätzli für den Schweizer Markt enthielten 20 Prozent mehr Mandeln als jene für deutsche Kunden. Laut der Inhaltsangabe enthalten die Mandelplätzli in der Schweiz 22 Prozent Mandeln. Auf den Packungen der Marke Swiss Delice ist der Mandelanteil mit 16 Prozent angegeben. Diese Angabe bestätigt eine K-Tipp-Untersuchung im Labor.
Alnatura: Auch Produkte der Migros-Partnerin Alnatura findet man in Deutschland günstiger. Beispiel Schoko-Butterkekse: Sie kosten in Schweizer Alnatura-Filialen rund 40 Prozent mehr als bei Alnatura in Deutschland. Die Produkte werden in der Schweiz hergestellt. Trotzdem begründet die Migros den Preisunterschied unter anderem mit dem Einfuhrzoll: Die Kekse würden zunächst in ein Zentrallager nach Deutschland exportiert und von dort wieder in die Schweiz eingeführt.
Mibelle: Nicht nur Lebensmittel von Migros-Töchtern sind im Ausland günstiger, sondern auch Kosmetika. Beispiel: Das Duschgel der Billigmarke Balea für den deutschen Drogeriemarkt DM wird von der Migros-Tochter Mibelle in Buchs AG produziert. Das Balea-Duschgel «Vanilla & Cocos» kostet bei DM umgerechnet 59 Rappen pro 300 Milliliter. Ein ähnliches Duschgel der Migros-Marke I am mit dem Namen «Cocos & Vanilla» kostet in der Schweiz Fr. 2.30 für 250 Milliliter. Für die gleiche Menge eines Mibelle-Duschgels bezahlt der Schweizer Kunde also fast das Fünffache. Die Begründung der Migros: In den Duschgels der Marke I am seien teure Inhaltsstoffe höher konzentriert.
Auch Coop-Produkte in Deutschland billiger
Der K-Tipp hat in deutschen Regalen auch Schokolade von Coop gefunden: Zum Beispiel verkauft Rewe für umgerechnet rund Fr. 1.60 eine Schweizer Bio-Nuss-Schokolade mit Fairtrade-Label. Hergestellt wird sie von der Coop- Tochter Chocolats Halba. In der Schweiz zahlt man für eine Bio-Nuss-Schokolade von Naturaplan
Fr. 2.20. Die Schokolade bei Rewe enthält laut Packung mehr Haselnüsse.
Coop argumentiert: Die Schokolade für den Schweizer Markt enthalte einen höheren Anteil an teuren Rohstoffen wie Vollmilchpulver und Kakaobutter. Zudem seien die Gebühren für das Max-Havelaar-Label in der Schweiz höher als für das Fairtrade-Label in Deutschland.
Subventionen fürs Ausland
Pikant: Im Rahmen des sogenannten Schoggigesetzes unterstützt der Steuerzahler mit aktuell 94,6 Millionen Franken pro Jahr den Export von Produkten wie Schokolade und Biscuits, wenn darin Schweizer Milch oder Getreide enthalten ist.
Gegenüber dem K-Tipp sagen die befragten Firmen: Aufgrund der Subventionen aus dem Schoggigesetz können sie ihre Produkte zu tieferen Preisen ins Ausland verkaufen. Die meisten Gelder aus dem Schoggigesetz im letzten Beitragsjahr 2016 empfingen die Firmen Nestlé, Mondelez, Hochdorf Swiss Nutrition sowie Lindt & Sprüngli.
Preiserhebung: Woche 7/17