Lebensmittel sind in der Schweiz weit teurer als im benachbarten Ausland – durchschnittlich um rund 70 Prozent. Preisüberwacher Stefan Meierhans macht «einen der Schuldigen» dafür aus: die hohen Zölle auf Importgütern. Denn: Dank den Zollhürden für Importe könnten Schweizer Produzenten «ihre Erzeugnisse im Inland zu höheren Preisen verkaufen als in einer Marktordnung ohne Zölle».
Konsumenten zahlen zwei Mal drauf
Für die Konsumentinnen und Konsumenten heisst das: Sie zahlen zwei Mal drauf. Zum einen werden die Importprodukte selber teurer: Laut einer Studie des Preisüberwachers verteuern die Zölle die Importgüter zulasten der Konsumenten um rund 600 Millionen Franken jährlich. Zölle sind nichts anderes als Steuern, die beim Import anfallen. Der Staat macht damit unter dem Strich zweimal Kasse: Die Händler schlagen die Zollgebühren auf den Warenpreis. Das erhöht dann auch die Mehrwertsteuer.
Zum anderen verteuern sich aufgrund der Zölle nicht nur die importierten Lebensmittel, sondern auch die in der Schweiz hergestellten Waren. Das kostet die Konsumenten laut dem Team des Preisüberwachers 2,6 Milliarden Franken. Nicht erforscht hat der Preisüberwacher, in welche Taschen dieses Geld tatsächlich fliesst. Daran verdienen nicht nur die Landwirte, sondern auch der Handel.
Vor allem Fleisch und Milchprodukte werden in der Schweiz weit teurer verkauft als produziert (siehe Grafik). Bei diesen Lebensmitteln sei der Schutz durch den Zoll besonders stark, sagt Meierhans. Bereits die Produktion kostet wegen des Zolls mehr. Denn auch die Preise für Tierfutter sind in der Schweiz deutlich höher als im Ausland.
Dazu kommen etwa beim Käse die vergleichsweise hohen Kosten für die Verarbeitung. Die Konsumenten dürften bei den Milchprodukten insgesamt «Mehrkosten in der Grössenordnung von 1 Milliarde Franken tragen», heisst es in der Studie des Preisüberwachers.
In gleicher Höhe bewegt sich der Aufschlag, den Schweizer Konsumenten für Fleisch bezahlen müssen. Beim Kalbfleisch sind dies rund 220 Millionen Franken, beim Schweinefleisch knapp 350 Millionen und beim Rindfleisch sogar 430 Millionen Franken. Fazit: Die Preise für Schweizer Lebensmittel sind laut Preisüberwacher zollbedingt insgesamt um 2 Milliarden Franken zu hoch.
Preisüberwacher: «Zölle abschaffen»
Landwirte und Grosshändler profitieren dabei von der Bereitschaft der Konsumenten, für Produkte aus der Schweiz höhere Preise zu zahlen als für Lebensmittel aus dem Ausland. Meierhans fordert deshalb gegenüber dem K-Tipp, die Zölle abzuschaffen.
«Unsere Studie schafft Transparenz. Sie zeigt die direkten und indirekten Kosten des Zollschutzes für landwirtschaftliche Produkte auf», sagt der Preisüberwacher. «Ich komme zum Schluss, dass es aus gesamtwirtschaftlicher Sicht effektiver und effizienter wäre, die Bauern mit Direktzahlungen zu unterstützen.»
Direktzahlungen kämen nur den Landwirten zugute – und nicht dem Gross- oder Detailhandel. «Zudem heizen Direktzahlungen im Gegensatz zu den Schutzzöllen nicht den Einkaufstourismus ins Ausland an», sagt der Preisüberwacher.
Bauernverband: «Zoll bringt Mehrwert»
Der Bauernverband kritisiert die Studie: «Die Zölle auf Nahrungsmitteln bringen der Landwirtschaft einen Mehrwert von 2 Milliarden Franken respektive dem Fiskus rund 600 Millionen Franken ein. Mit der vorgeschlagenen Grenzöffnung würden diese Einnahmen wegfallen. Der Bundesrat wäre gezwungen, entweder die Steuern zu erhöhen oder zu sparen – auch bei der Landwirtschaft.»
Das will Meierhans so nicht stehen lassen: «Sowohl als Preisüberwacher als auch als Privatperson interessieren mich letztlich die Gesamtausgaben für die Landwirtschaft. Ob ich diese via Steuern oder via überteuerte Preise trage, ist an sich zweitrangig. Beides finanzieren wir mit unserem Einkommen. Die Steuern aber fallen im Verhältnis zum Einkommen an – die Preise hingegen treffen Arm und Reich gleichermassen.»