Auf das Sicherheitsrisiko für Beifahrer stiess der deutsche Automobilclub ADAC. Volker Sander, Leiter Fahrzeugsicherheit, erklärt: «Nach geltender Rechtslage muss die Sicherheit des Beifahrers bei Crashtests nicht geprüft werden.» Deshalb seien bisher auch keine geeigneten Schutzmechanismen entwickelt worden.
Der ADAC testete selber: Die Experten liessen einen 1,3 Tonnen schweren Testwagen mit 50 und 65 Stundenkilometer Geschwindigkeit in die Beifahrerseite zweier VW Golf und eines BMW Z4 krachen. Mit gravierenden Folgen für alle Insassen: Der Lenker und der Beifahrer können beim Aufprall seitlich aus dem Gurt rutschen. Die Airbags werden zwar ausgelöst, ohne aber Schutz zu bieten. Es drohen schwerste Verletzungen.
Bei den Euro-NCAP-Unfalltests, nach denen sich die Autohersteller richten, wird standardmässig nur auf der Fahrerseite ein Seitenaufprall verursacht. Entsprechend sind die Lenker bei solchen Crashs heute vergleichsweise gut geschützt. Bei einem Aufprall auf der anderen Seite gibts laut Sander keinen ausreichenden Schutz. Die aktuellen Sicherungssysteme wie Gurte und Airbags seien vor allem auf Zusammenstösse auf der Fahrerseite ausgerichtet.
Gurtstraffer sollen Beifahrer fixieren
Häufige Folge sind schwere Kopf-, Brust-, Hüft- und Beckenverletzungen. Sie entstehen zum Beispiel durch den Aufprall des Körpers auf die Armaturen. Bei Kleinwagen werden laut Sander selbst Türverkleidungen und Sitzteile zum Risiko. Im schlimmsten Fall könnten Beifahrer und Fahrer zusammenprallen.
Der ADAC fordert deshalb Gurtstraffer, die Beifahrer konsequent fixieren. Aber auch angepasste Sitze, die das Wegrutschen verhindern. «Eine passende Mittelkonsole war ebenfalls wirksam», sagt Sander. Und: «Ein Interaktionsairbag aus der Sitzlehne kann den Zusammenstoss von zwei vorne sitzenden Insassen vermeiden. Auch ein Airbagsystem in der Fahrzeugmitte reduziert die Verletzungsgefahr, ebenso neue Gurtsysteme.» Zentral sei, die seitliche Verschiebung der Insassen bei einem Seitenaufprall zu minimieren, fasst Sander zusammen.
BMW hält Schutz für ausreichend
Automobilhersteller BMW erachtet die aktuellen Schutzvorkehrungen in seinen Fahrzeugen für ausreichend: «Der ausgeformte Sitz, die Mittelkonsole und der Gurtstraffer sorgen für eine geringe seitliche Verlagerung, ohne dabei Brustkorb und Bauch übermässig zu belasten.» Die hohe Beschleunigung des Dummykopfs bei den ADAC-Tests sei auf die steife Beschaffenheit von Arm und Schulter der Testpuppe zurückzuführen und würde bei einem Menschen nicht in dieser Stärke auftreten. Der Volkswagenkonzern teilt mit, er arbeite «aktiv an der Weiterentwicklung von Massnahmen», «um die bislang erreichte Schutzwirkung bei seitlichen Unfällen weiter zu optimieren».
Der ADAC will mit Hilfe von Euro-NCAP die Autoindustrie stärker unter Druck setzen, um diese Sicherheitsmängel zu beseitigen.