Selten aus artgerechter Haltung
Kaninchenfleisch aus dem Ausland stammt oft aus tierquälerischer Käfighaltung. Anbieter in der Schweiz müssen dies nicht deklarieren.
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K-Tipp 10/2007
23.05.2007
Vera Sohmer
Knapp 3000 Tonnen Kaninchenfleisch werden jährlich in der Schweiz verzehrt - rund drei Millionen Tiere. 80 Prozent des Kaninchenfleisches stammen aus dem Ausland, hauptsächlich aus Ungarn. Dort sind Käfigbatterien Standard, sagt die Nutztier-Schutzorganisation KAG-Freiland. Die Kaninchen leben bis zum Schlachttermin in engen Drahtgitterboxen. Sie leiden an Verhaltensstörungen wie Kannibalismus, an verkrümmten Wirbelsäulen, verletzten Pfoten.
Wer importiertes Kaninchenfleisch kauft, m...
Knapp 3000 Tonnen Kaninchenfleisch werden jährlich in der Schweiz verzehrt - rund drei Millionen Tiere. 80 Prozent des Kaninchenfleisches stammen aus dem Ausland, hauptsächlich aus Ungarn. Dort sind Käfigbatterien Standard, sagt die Nutztier-Schutzorganisation KAG-Freiland. Die Kaninchen leben bis zum Schlachttermin in engen Drahtgitterboxen. Sie leiden an Verhaltensstörungen wie Kannibalismus, an verkrümmten Wirbelsäulen, verletzten Pfoten.
Wer importiertes Kaninchenfleisch kauft, muss damit rechnen, dass es aus Käfigbatterien stammt, warnt der Schweizer Tierschutz und findet es skandalös, dass für die Anbieter keine Deklarationspflicht besteht. Wer wissen will, wie die Kaninchen gehalten wurden, muss nachfragen und darauf hoffen, dass der Händler Bescheid weiss - und Auskunft gibt.
Eine K-Tipp-Stichprobe zeigt: Nicht alle Anbieter legen bei Kaninchenfleisch Wert auf den Tierschutz.
- Denner führt auch Kaninchen aus Käfighaltung.
- Carrefour bezieht sein Kaninchenfleisch von Père Dodu in Frankreich. «Das Fleisch stammt aus Käfighaltung», räumt Carrefour-Sprecher Michel Donath ein. Man denke aber über andere Bezugsquellen nach.
- Globus Delicatessa hat sich bislang beim Kaninchenfleisch nicht um Tierschutz gekümmert. Wie die Tiere gehalten wurden, weiss Sprecher Ernst Pfenninger nicht. Nur so viel: «Wir werden unser Sortiment auf artgerechte Haltung überprüfen.»
- Die Gourmet Factory im Zürcher Jelmoli verlässt sich beim Tierschutz auf die Angaben ihres Lieferanten Bell. Bell-Sprecher Davide Elia versichert, die Tiere aus Ungarn würden «artgerecht» in Gruppen und Grossboxen gehalten.
- Coop bot früher Kaninchenfleisch aus ungarischer Käfighaltung an. Heute bezieht der Grossverteiler zwar immer noch 60 Prozent des Kaninchenfleischs aus Ungarn, aber nicht aus Käfighaltung, wie Coop beteuert. Die restlichen 40 Prozent des Kaninchenfleischs stammen aus einem Schweizer BTS-Betrieb. BTS steht für «besonders tierfreundliche Stallhaltung» (siehe Box).
- Die Migros garantiert für «artgerechtes Kaninchenfleisch aus Ungarn», sagt Sprecherin Monika Weibel. Die Tiere würden in Gruppen und Grossboxen gehalten. Da die EU laut Weibel keine Tierschutzstandards kennt, habe die Migros mit dem Lieferanten Delimpex - dieser beliefert auch Coop - höhere Standards definiert.
- Auch Spar beteuert, sein Kaninchenfleisch aus Ungarn stamme nicht aus Käfighaltung. Der Betrieb arbeite «tiergerecht», aber nicht nach den Schweizer BTS-Vorschriften.
Hans-Georg Kessler von KAG-Freiland rät Konsumenten, kritisch einzukaufen und sich vor allem bei industrieller Importware nicht vom Begriff «artgerecht» blenden zu lassen. Artgerecht sei eigentlich nur Freilandhaltung. Diese sei aber sehr aufwendig und befinde sich noch in der Testphase.
Der direkte Weg zum Kaninchenfleisch vom Biobauern
- Nachfragen, wie Tiere gehalten wurden, sollte man nicht nur bei Importware, sondern auch bei Schweizer Kaninchenfleisch: Tierquälerische «Kaninchenschubladen» gibts auch bei uns noch.
- Besonders tierfreundliche Stallhaltung (BTS) ist nach Angaben der Nutztier-Schutzorganisation KAG-Freiland eine Alternative. Es sei ein vertretbarer Kompromiss, bestätigt auch die Tierschutzorganisation Vier Pfoten. Sie hat Schweizer BTS-Betriebe besichtigt. Die Kaninchen können sich frei bewegen, haben Kontakt zu Artgenossen, die Boxen haben Streu zum Scharren, die Tiere können sich zurückziehen. Die Produktion ist aufwendig: Das Kaninchenfleisch ist deshalb rund doppelt so teuer wie ausländisches «Batteriefleisch».
- Kaninchenfleisch aus artgerechter Freilandhaltung bieten bislang erst wenige Biolandwirte in kleineren Mengen ab Hof an. Adressen finden Sie im Internet unter www.kagfreiland.ch (Stichwort Tierprojekte, «Kaninchen ins Freiland»).
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