Jasmina Tanner aus Bern (Name geändert) brauchte lediglich eine Auskunft zu ihrem Handy. Die 85-Jährige besuchte daher eine Filiale der Telecomfirma Salt. Ergebnis: «Statt zu helfen, jubelte mir der Verkäufer ein teures Handyabo für 40 Franken unter», so Tanner.
Die Bernerin ist kein Einzelfall: Beim K-Tipp melden sich regelmässig Leserinnen und Leser, die sich von den Verkäufern in Telecomläden überrumpelt fühlten und zum Abschluss von Abos überredet wurden, mit denen sie unzufrieden sind.
Für eine Stichprobe besuchte der K-Tipp Ende November mit einer 79-jährigen Testperson Läden von Mobilezone, Salt, Sunrise und Swisscom in den Städten Basel, Bern, Wil SG, Zug und Zürich. Dabei ergaben sich insgesamt 20 Beratungsgespräche.
Der Testkunde fragte im Laden jeweils nach der günstigsten Möglichkeit, sein Handy zu benutzen. Er verwendet das Gerät für wenige Telefonate und benutzt unterwegs ab und zu Apps und das Internet, etwa um den SBB-Fahrplan abzufragen. Im Ausland hält er sich selten auf.
Diese Angaben interessierten die meisten Verkäufer allerdings nicht. Um einen Kunden gut beraten zu können, ist es wichtig, seine Bedürfnisse zu kennen. Doch nur jeder dritte Verkäufer fragte den Kunden im Gespräch, wie oft er telefoniert und im Internet surft.
«Ich fühlte mich stark unter Druck gesetzt»
Dreist ging ein Salt-Verkäufer in Zug vor: Ohne jegliche Abklärung verlangte er nach nicht einmal zwei Minuten nach der Identitätskarte des Kunden, um einen Vertrag für ein Abo aufzusetzen. Dem Kunden war dabei mulmig zumute: «Ich fühlte mich stark unter Druck gesetzt.»
Da der Testkunde sein Handy selten nutzt, fährt er mit Prepaid oder einem Abo samt Datenvolumen am günstigsten. Solche Abos gibts ab rund 10 Franken pro Monat. Die Stichprobe zeigt:
- Nur drei Verkäufer rieten zu Prepaid – je einmal bei Mobilezone, Sunrise und Swisscom.
- In vier von fünf Mobilezone-Filialen empfahlen die Verkäufer Salt-Abos für Fr. 16.95 beziehungsweise Fr. 19.95 pro Monat. Dabei gäbe es bei Mobilezone auch diverse Prepaid-Angebote, dazu auch Abos der Firma Talktalk für maximal Fr. 9.95 pro Monat. Diese kämen für die Testperson infrage.
- Drei Mitarbeiter von Salt empfahlen Abos für Fr. 16.95 oder Fr. 19.95. Dabei gibt es ein günstigeres Abo für Fr. 9.95, das zum Profil des Testkunden passen würde.
- Vier von fünf Sunrise-Shops empfahlen ein Abo für Fr. 29.90. Es enthält unlimitiertes Telefonieren und Surfen in der Schweiz wie im Ausland. Zum Vergleich: Ein Prepaid-Angebot von Sunrise mit Datenpaket kostet 10 bis 15 Franken pro Monat.
Zwei Swisscom-Verkäufer rieten zu einem Abo für Fr. 14.95 pro Monat. Immerhin: Ein anderer Swisscom-Mitarbeiter bot das gleiche Abo von sich aus für Fr. 4.95 pro Monat an. Das zeigt: Bei den Abos gibt es Spielraum – Verhandeln lohnt sich.
Zusatzleistungen angedreht
Verkäufer in vier Shops versuchten in der Stichprobe zudem, dem Testkunden zusätzliche Produkte zu verkaufen –
obwohl sich dieser im Laden lediglich nach Handytarifen erkundigt hatte:
- Die Sunrise-Verkäufer in Zug und Zürich boten Internet und TV für zu Hause an. Kosten: zusätzlich knapp 45 Franken pro Monat.
- Der Sunrise-Verkäufer in Bern pries ein Samsung-Handy in Aktion für rund 500 Franken an – noch bevor er sich gegenüber dem Kunden zu den Handytarifen äusserte.
- Ein Salt-Verkäufer in Basel versuchte, der Testperson ein angebliches «Gratis-Handy» unterzujubeln. Tatsächlich hätte der Kunde dafür aber zwei Jahre lang einen Zuschlag von vier Franken pro Monat auf den Abopreis zahlen müssen.
Warum bieten Handyshops den Kunden überteuerte Abos an? Die in der Stichprobe besuchten Telecomfirmen argumentieren, Abos seien bequemer, da das Aufladen von Guthaben entfalle. Sie böten zudem «Kostensicherheit», etwa wenn der Datenverbrauch steige.
Telecomfirmen räumen einige Mängel ein
Zu den zusätzlich angebotenen TV-Abos sagt Sunrise, man wolle die Kunden «umfassend über laufende Aktionen zu Produkten und Dienstleistungen informieren». Dazu gehörten nebst Mobilfunkabos auch Handys sowie Internet und TV für zu Hause. Laut Salt sind kombinierte Angebote – etwa für ein Abo samt Handy – «eine gängige Praxis, um Kunden den Zugang zu hochwertigen Geräten zu erleichtern».
Zum Fall des aufdringlichen Verkäufers in Zug sagt Salt, man bedauere dieses Vorgehen. Salt wolle «sicherstellen, dass sich unsere Mitarbeitenden genügend Zeit nehmen, um die Bedürfnisse der Kunden zu verstehen.» Sunrise räumt ein, dass diese nicht in allen Shops sauber abgeklärt wurden. Die Swisscom verspricht, man werde das Verkaufspersonal «nochmals auf die Wichtigkeit der exakten Bedarfsanalyse hinweisen».
Hier gibt es günstige Handyabos
- Die grossen Telecomfirmen verkaufen Handyabos unter verschiedenen Marken. Die Swisscom etwa bietet auch ein Produkt namens Wingo an. Das günstigste Abo mit unbeschränktem Datenvolumen in der Schweiz kostete bei Wingo Anfang Januar 25 Franken pro Monat – bei der Swisscom Fr. 69.90.
- Die Marke Yallo gehört zu Sunrise, die Marke Gomo zu Salt. Das günstigste Abo bei Yallo kostete Anfang Januar Fr. 9.90, jenes von Gomo Fr. 14.90.
- Günstige Tarife bietet auch die neue Firma Spusu. Das billigste Abo kostete dort Anfang Januar Fr. 9.90. Es enthielt 10 Gigabyte (GB) Daten – 3 GB davon kann man auch in der EU nutzen – und unlimitierte Anrufe in der Schweiz. Stichproben des K-Tipp zeigten, dass der Kundendienst von Spusu gut erreichbar ist. Stets war nach wenigen Sekunden ein Mitarbeiter am Telefon.
Tipp: Bei der Suche nach günstigen Abos hilft auch das Portal Dschungelkompass.ch.