Sicherheit von Fall zu Fall
Die Möbelhersteller achten zu wenig auf die Sicherheit bei Etagenbetten. In einer Stichprobe bei 15 Betten konnte der K-Tipp nur 5-mal das Prädikat «gut» vergeben.
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K-Tipp 4/2004
25.02.2004
Georges Müller - gmueller@ktipp.ch
Jeden Tag stürzen in der Schweiz zwei bis drei Kinder im Alter unter acht Jahren von Hoch-, Etagen- oder Kajütenbetten auf den Zimmerboden. Das haben Hochrechnungen der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) ergeben. In mehr als der Hälfte der Fälle führt dies zu Schädel-/Hirnverletzungen; hinzu kommen Knochenbrüche, Prellungen und Quetschungen.
Trotz dieser erschreckenden Zahlen hat eine Stichprobe des K-Tipp in acht grossen Möbelhäusern ergeben, dass sich die Herst...
Jeden Tag stürzen in der Schweiz zwei bis drei Kinder im Alter unter acht Jahren von Hoch-, Etagen- oder Kajütenbetten auf den Zimmerboden. Das haben Hochrechnungen der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) ergeben. In mehr als der Hälfte der Fälle führt dies zu Schädel-/Hirnverletzungen; hinzu kommen Knochenbrüche, Prellungen und Quetschungen.
Trotz dieser erschreckenden Zahlen hat eine Stichprobe des K-Tipp in acht grossen Möbelhäusern ergeben, dass sich die Hersteller und Verkäufer der praktischen Betten herzlich wenig um die Sicherheitsstandards kümmern. Von 15 überprüften Konstruktionen trug nur eine einzige die Sicherheits-Euronorm EN 747 und das GS-Zeichen (Geprüfte Sicherheit) der BfU - und genügte trotzdem bei zwei Kriterien nicht. Bei einem weiteren Bett, das die Sicherheitsnormen nicht erfüllte, war immerhin die Warnung «Nicht geeignet für Kinder unter 6 Jahren» auf der Preisetikette angebracht.
Das teuerste Bett war eines der schlechten
Insgesamt konnte der K-Tipp nur für ein Drittel der untersuchten Betten die Bewertung «gut» verleihen. Fast gleich viele, nämlich vier Betten, erfüllten drei oder mehr Sicherheitskriterien nicht und erhielten darum das Prädikat «schlecht» - darunter auch die mit 1220 Franken teuerste der untersuchten Konstruktionen.
Eines der wichtigsten Kriterien ist die Frage, ob die Umrandung um mindestens 16 cm über die Matratze hinausragt, wie dies die BfU-Sicherheitshinweise verlangen. Zwar halten zwei Drittel der überprüften Betten dieses Mass ein - oft aber nur, weil in den Verkaufsgeschäften minimal dünne Matratzen in den Bettgestellen liegen. Entscheidet sich ein Käufer für ein qualitativ besseres dickeres Produkt, ragt dieses oft über die Maximalmarke hinaus - sofern eine solche überhaupt angebracht ist.
Diese Limite nützt aber ohnehin nur wenig, wenn es um die wichtigste Unfallursache geht: Laut BfU stürzen die meisten Kinder nämlich vom Bett, wenn sie darauf spielen und herumtollen. Nur ein Geländer von 70 cm Höhe könnte solche Unfälle verhüten - solche aber gabs in keinem der Geschäfte.
BfU: Verpflichtet zu kontrollieren
Ein anderer wunder Punkt sind die Lattenroste, die nicht nur bei preisgünstigen Produkten viele und grosse Äste aufweisen. Hopsen die Kinder auf einem solchen Bett herum, brechen die Lättli leicht. In der Diga-Filiale Dübendorf ZH entdeckte der K-Tipp gar ein Ausstellungsbett mit gebrochenem und herunterhängendem Lättli.
Bei anderen Punkten haben die Hersteller die Richtlinien der BfU hingegen weitgehend eingehalten:
- Ausser einem haben alle Betten Absturzvorrichtungen an allen vier Seiten.
- Laut BfU sollte die Absturzvorrichtung eine Lücke von 30 bis 40 cm für die Leiter aufweisen. Dies hatten 10 der untersuchten 15 Betten.
- Die Sprossenabstände betragen bei allen Betten wenigstens 20 Zentimeter, was einem Kind problemlos ermöglichen soll, den Kopf wieder zurückzuziehen, falls es ihn durchgesteckt hat.
Dieser letzte Punkt ist jedoch gemäss BfU-Sprecher Robert Nyffenegger in Revision: «Es hat sich gezeigt, dass diese 20 Zentimeter etwas knapp sind, weshalb wir bei der nächsten Neuauflage der Richtlinien auf 23 Zentimeter gehen werden.»
Über die Ergebnisse der K-Tipp-Untersuchung zeigte sich Nyffenegger gleichzeitig erfreut und alarmiert: «Früher war es noch viel schlimmer», sagte er. Und er kündete Kontrollen in den Geschäften an: «Als amtliche Kontrollstelle sind wir verpflichtet, den hier aufgedeckten Missständen nachzugehen.»
Auch die Besitzer von Kajütenbetten können für Sicherheit sorgen: So hat ein K-Tipp-Leser festgestellt, dass beim Etagenbett seines Sohnes die Beine vom Boden abhoben, wenn der 12-Jährige schwungvoll in die Höhe kletterte. «Darum habe ich das Bett mit zwei Winkeleisen an die Wand geschraubt», erzählt er. Damit hat er - ohne es zu wissen - eine weitere BfU-Empfehlung eingehalten.