Sicherheits-Leck bei der Postcard
Die Sicherheit der Postcard ist nicht voll gewährleistet: An Tankstellen können Kartendiebe die geltenden Bezugslimiten locker überwinden.
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K-Tipp 20/2004
01.12.2004
Ernst Meierhofer - emeierhofer@ktipp.ch
Autofahrer wissen es genau: Tankstellen haben mehr zu bieten als nur Benzin. Viele sind gut bestückte Läden mit Lebensmitteln, Zigaretten und weiteren Waren. Auch Handy-Benutzer, deren Gesprächsguthaben aufgebraucht sind, können Tankstellen ansteuern, Prepaid-Karten kaufen - und weitertelefonieren.
Das wusste auch der Freund von Jennifer R. Er klaute seiner Freundin die Postcard und den Geheimcode (Pin) und begab sich auf Shopping-Tour. An einer Agrola-Tankstelle zum Beispiel ...
Autofahrer wissen es genau: Tankstellen haben mehr zu bieten als nur Benzin. Viele sind gut bestückte Läden mit Lebensmitteln, Zigaretten und weiteren Waren. Auch Handy-Benutzer, deren Gesprächsguthaben aufgebraucht sind, können Tankstellen ansteuern, Prepaid-Karten kaufen - und weitertelefonieren.
Das wusste auch der Freund von Jennifer R. Er klaute seiner Freundin die Postcard und den Geheimcode (Pin) und begab sich auf Shopping-Tour. An einer Agrola-Tankstelle zum Beispiel zahlte der Dieb 400 Franken für 4 Sunrise-Pronto-Karten. Dazu leistete er sich ein Powerade-Getränk für Fr. 2.50. Innerhalb von 14 Tagen kaufte er an 13 verschiedenen Tankstellen für insgesamt 6425 Franken ein - meistens Prepaid-Karten.
Die Karten-Sperrung blieb unwirksam
Die Bezüge waren in dieser Höhe nur möglich, weil die Post die von ihr selber aufgestellten Bezugslimiten für die Postcard (Kontokarte zum Postkonto) an den Tankstellen nicht durchsetzen kann:
- Mit der Postcard sind gemäss Postfinance im Monat Einkäufe («Warenbezug im Handel») für maximal 3000 Franken möglich. Der Dieb konnte für mehr als das Doppelte einkaufen.
- An Tankstellen gilt gemäss Post zusätzlich eine Limite von 500 Franken pro Tag. Diese Limite konnte der Dieb mehr als einmal überwinden, am 27. des betreffenden Monats kam er bei seinem Raubzug an sechs Tankstellen gar auf Postcard-Käufe für 1605 Franken.
Doch das Sicherheitsleck der Postcard ist noch grösser: Obwohl die Post die Karte am 20. des Monats sperrte, blieb diese Sperrung an den Tankstellen zunächst unwirksam. Der Dieb konnte sich bis zum 29. bedienen.
Als Grund für diese Sicherheitslecks führt die Post an, sie sei erst später zum Abrechnungssystem der Tankstellen dazugestossen. Aus diesem Grund sei es technisch derzeit nicht möglich, an den Tankstellen die eigenen Postcard-Bezugslimiten zu gewährleisten.
Und für das Sperren einer einzelnen Karte an Tankstellen sei der technische Aufwand derzeit zu gross, das werde nur in gewissen Abständen gemacht, wenn eine grosse Menge von Karten zur Sperre anfalle.
«Sicherheitskonzept» hat versagt
Vorfälle wie der geschilderte seien aber «absolute Einzelfälle», hält die Post fest. Und die Verantwortlichen versprechen: Sollte jemand wegen der nicht funktionierenden Limiten und Sperrmöglichkeiten zu Schaden kommen, stehe die Post selber dafür gerade. Das gehöre ebenfalls zum Sicherheitskonzept.
Peinlich nur: Im Fall Jennifer R. hat dieses «Sicherheitskonzept» versagt. Die Post forderte die 22-Jährige auf, den Minussaldo auf ihrem Konto auszugleichen, schickte ihr eine Schuldanerkennung zum Unterschreiben und vereinbarte mit ihr monatliche Zahlungen von 300 Franken. Damit wäre die Schuld erst nach knapp zwei Jahren getilgt gewesen.
Die Post besann sich erst eines Besseren, als sich der K-Tipp nach dem Vorgang erkundigte. Nun übernimmt Postfinance den ganzen Schaden. Bei der Behandlung des Falles sei ein Fehler passiert.
Übrigens: Bei Maestro-Karten, also bei denjenigen Kontokarten der Banken, mit denen man ebenfalls bargeldlos einkaufen kann, sind die vereinbarten Limiten auch an den Tankstellen wirksam. Das sagen sowohl die Banken selber als auch die Telekurs Group, die für die Banken die technische Abwicklung der Einkäufe und Bargeldbezüge besorgt.
Ob die Post die Sicherheitslücke an den Tankstellen schliessen wird, haben die Verantwortlichen im Gespräch mit dem K-Tipp offen gelassen. «Sollte der Missbrauch zunehmen, können wir durchaus Massnahmen treffen. Das würde aber den Service für alle Postcard-Besitzer beeinträchtigen.»
Und: «Unser Sicherheitskonzept ist auf 2 Millionen ehrliche Kunden ausgerichtet und hat sich gut bewährt.»
Plastikkarten wie Bargeld hüten
- Kontrollieren Sie regelmässig, ob Sie Ihre Konto- bzw. Maestro-Karte (Post oder Bank) noch haben.
- Lassen Sie die Karte sofort sperren, wenn Sie sie vermissen.
- Behalten Sie die Geheimnummer (Pin) nur im Kopf. Nirgends notieren!
- Tippen Sie Ihren Pin beim Einkaufen oder Bargeldbeziehen so ein, dass Ihnen dabei niemand über die Schulter gucken kann.
- Lassen Sie sich beim Bargeldbeziehen mit der Kontokarte auf keinen Fall ablenken.