Mario Capol führt in Bad Ragaz SG den Zoo Leopard. Auf einem Gelände, das kleiner ist als ein Fussballfeld, hält der gelernte Metzger Dutzende von Tieren, darunter Kurvu und Jessica, zwei Sibirische Tiger. Die zwei Raubkatzen fristen ein karges Dasein in einem düsteren und engen Gehege. Möglichkeiten zur Beschäftigung gibts für die Tiere kaum. Das Planschbecken mit den Massen einer grossen Badewanne wirkt schäbig und heruntergekommen.
Tatsache ist allerdings auch: Capol verstösst mit seiner Anlage nicht gegen die Tierschutzverordnung. Ein zahnloser Tiger quasi, schreibt sie doch vor: Für zwei Tiger muss das Gehege 110 m2 – also nur gut 10 x 10 m – gross sein. Sehr wenig Raum für ein Raubtier, das in der freien Wildbahn in Revieren lebt, die so gross sind wie kleine Schweizer Kantone. Das unmissverständliche Ur-teil des St. Galler Kantonstierarztes Thomas Giger: «Herr Capol sollte auf die Tigerhaltung verzichten.»
«Nicht mal ansatz-weise artgerecht»
Um zu überprüfen, wie artgerecht die Tiere gehalten werden, hat Peter Schlup, Wildtierexperte beim Schweizer Tierschutz (STS), 15 Zoos und Tierparks unangemeldet besucht. Er achtete vor allem darauf, ob die Vierbeiner möglichst artgerecht leben können. Dazu zählen die Gestaltung der Anlage, die Grösse des Geheges und Rückzugsmöglichkeiten. Wer alle Kriterien erfüllt, erhielt ein «empfehlenswert». Übrigens entsprechen alle Gehege in den Zoos und Parks den Tierschutzvorschriften – selbst jene, die Schlup als «nicht empfehlenswert» taxiert.
Zu Letzteren gehört auch der Zoo Leopard. Für Schlup ist Mario Capols Tigerhaltung schlicht ein Skandal: «In diesem Gehege können die Tiere nicht mal ansatzweise ein artgerechtes Leben führen.»
Capol kann mit dieser Kritik nicht viel anfangen: «Für mich ist das Gehege gross genug.» Und man könne, so Capol weiter, seinen Tierpark nicht mit den Zoos in Basel und Zürich vergleichen.
Das ist in der Tat wahr: Kleinanlagen à la Bad Ragaz bieten vor allem den grossen Tieren oft keine Rückzugsgebiete, wo sie sich ungestört aufhalten können. Im grosszügigen und aufwendig gestalteten Gehege der Schneeleoparden des Zürcher Zoos zum Beispiel wird der Lebensraum dieser Raubkatze dank der Hanglage gut wiedergegeben. Und die Zuschauer werden bewusst «draussen gehalten», wie Schlup betont.
Im Urteil des Experten schneidet auch das Wolfsgehege im Tierpark Langenberg in Langnau ZH vorteilhaft ab. Auf einem 10 000 m2 grossen Waldstück leben rund 20 Tiere. Die Wölfe können ein nach Hierarchien abgestuftes, annähernd natürliches Rudelleben führen.
Zum Teil schlechte Bedingungen finden sich in der Siky Ranch in Crémines und im Frauenfelder Plättlizoo. So ist die Tigerhaltung in der Siky Ranch laut Schlup weit entfernt von einer modernen Zootierhaltung.
An Jerry Wegmann, einem ehemaligen Gipser und Dompteur, perlt die Kritik an seiner Siky Ranch ab: «Ich habe ein ruhiges Gewissen.» Gar als «Käfig» bezeichnet Schlup die Leopardengehege im Plättlizoo. Zoo-Chef Walter Mauerhofer betont, er erfülle die gesetzlichen Vorgaben, und verspricht: «Das Pumagehege will ich ausbauen und die Leopardenhaltung aufgeben, sobald die Tiere gestorben sind.»
Der Tierpark Goldau SZ gehört zu den wissenschaftlich geleiteten zoologischen Gärten – also zur «Topliga». Zur Maximalnote im STS-Rating hats trotzdem nicht gereicht: Das dem Publikum erlaubte Füttern ist für die Tiere nicht unproblematisch.
Darauf angesprochen, erklärt Tierpark-Direktor Felix Weber: «Die Leute wünschen einen direkten Kontakt zu den Tieren. Aber manche Besucher provozieren die Hirsche durch ihr Verhalten.» Um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, wurden die Geweihe von zwei Sika-Hirschen abgesägt.