Alles fahrt Schi, alles fahrt Schi, Schi fahrt die ganzi Nation.» So sang in den 70er-Jahren das Trio Eugster. Damals traf das zu. Heute nicht mehr: Der Schweizer Seilbahnen-Verband (SBS) klagt ganz offen über «das Desinteresse der schweizerischen Klientel am Wintersport».
Die Zahlen sind dramatisch: Im letzten Winter registrierten die Schweizer Bergbahnen gerade noch 23,9 Millionen sogenannte Skifahrertage. «Die niedrigste Zahl der letzten 25 Jahre», konstatiert der SBS. Seit Beginn der 90er-Jahre ging die Zahl der Skifahrertage um 30 Prozent zurück.
Der Negativtrend trifft die Grossen wie die Kleinen: Das kleine Davos-Pischa verlor innert zehn Jahren die Hälfte der Besucher, das grosse Flims-Laax etwa einen Fünftel. Deshalb müssten die Bergbahnbetreiber eigentlich die Preise senken. Doch sie tun das Gegenteil: In Saas-Fee VS zum Beispiel stieg der Preis für einen Sechs-Tage-Skipass in den letzten 12 Jahren um 26 Prozent, in Adelboden und Lenk BE um 27 Prozent, im Saanenland BE um über 30 Prozent. Dabei belief sich die allgemeine Teuerung in diesem Zeitraum nur auf 6 Prozent.
Teure Attraktionen, die wenig bewirken
Statt also die Preise zu senken oder das Angebot zu reduzieren, rüsten die Skiorte weiter auf. «Die Transportkapazitäten werden nach wie vor ausgebaut», stellt der SBS fest. Schon fast verzweifelt stemmen sich die Bergbahnen gegen den Abwärtstrend. Sie führen einen ruinösen Verdrängungskampf. Vor allem mit Massnahmen, die viel kosten:
- Jedes Skigebiet, das etwas auf sich hält, baut einen Snowpark mit Halfpipe. Kosten: 100 000 bis 400 000 Franken.
- Manche Skigebiete schliessen sich zusammen, um attraktiver zu werden. Zum Beispiel Arosa und Lenzerheide GR.
Die Folge: Auf der Lenzerheide schlug die Tageskarte um 4 Franken, in Arosa sogar um 8 Franken auf.
- Die Skigebiete übertreffen sich gegenseitig mit der Anzahl Schneekanonen: Sie blasen Kunstschnee auf 40 Prozent der Schweizer Pistenfläche. Pro Kilometer kostet der Bau einer Beschneiungsanlage rund 1 Million Franken.
- Die Saison wird immer länger: Im Bündnerland gibt es für den Einsatz von Schneekanonen keine saisonalen Einschränkungen mehr. Auf der Diavolezza ob Pontresina GR dauert die Saison mittlerweile von Mitte Oktober bis Ende Mai. Laut SBS wirkt sich die längere Betriebszeit aber nicht positiv auf die Besucherzahlen aus.
- Auf dem Gletscher von Les Diablerets VD gibts neu eine Hängebrücke. Sie hat keine nachvollziehbare Funktion, aber fast 2 Millionen Franken gekostet.
- Der letzte Schrei: Lifte mit Sesseln, die von Porsche entworfen wurden. Zum Beispiel in Laax GR.
- Vielerorts gibts Sessellifte mit beheizbaren Sitzflächen.
Andreas Keller vom SBS bestreitet, dass Bahnen unnötig Geld ausgeben. «Je nach Positionierung eines Skiorts», sagt er, «kann es sinnvoll sein, in speziell komfortable Anlagen zu investieren.» Und: Unternehmen überlegten genau, «wo und in welchem Umfang sich eine technische Beschneiung lohnt».
Die Bergbahnbetreiber schieben die Schuld am Rückgang der Skifahrerzahlen gerne ab: auf den niedrigen Eurokurs, die späten Ostern, den wenigen Schnee, das schlechte Wetter, die «falschen» Wetterprognosen. Doch auch sie haben gemerkt, dass es mit den Preisen so nicht weitergehen kann. Deshalb starten sie Aktionen:
- Manche Orte verkaufen die Tageskarten unter der Woche günstiger. Oder in der Nebensaison billiger als in der Hochsaison.
- Auf der Klewenalp NW fahren Frauen am Montag zum halben Preis.
- Im Engadin zahlen die Gäste gewisser Hotels für den Skipass nur 35 Franken pro Tag.
Folge: Vollzahler sind inzwischen die Dummen. Keller stellt fest: «Für die Kunden wird es schwieriger, die günstigsten Tarife zu finden.»
Und dann gibts noch unsinnige Zückerchen: Wer in Gstaad ein Saisonabo kauft, kann in Andorra zum halben Preis Ski fahren. Das Gleiche gilt beim Jungfrau-Saisonabo für Lake Louise (Kanada). Mit dem Saisonabo von Adelboden-Lenk gibts sogar Gratis-Skipässe für Levi (Finnland). Doch auch das dürfte die meisten Skifahrer nicht über die hohen Preise hinwegtrösten.
K-Tipp 1/2015: Wo Sie in diesem Winter noch günstig Ski fahren können.